Gesetze in Norwegen

Wirtschafts-, Handels- und Steuerrecht

Einleitung

Norwegen ist nicht Mitglied der EU, aber als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) an das europäische Recht angebunden. Europäische Richtlinien werden demnach auch in Norwegen in nationales Recht umgesetzt.
In vielen Bereichen entspricht das norwegische Recht daher dem deutschen Recht. Dies gilt beispielsweise für das Handelsvertreterrecht als auch für eine Vielzahl von Verbraucherschutzbestimmungen.
Ein wesentlicher Unterschied zum deutschen Zivilrecht besteht hingegen darin, dass es in Norwegen kein dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) entsprechendes allgemeines Gesetzbuch für das Zivilrecht gibt. Vielmehr ist das norwegische Zivilrecht in eine Vielzahl von Einzelgesetzen aufgespaltet. Während das BGB allgemeine Grundsätze wie unter anderem das Zustandekommen von Verträgen, den Schadensersatz, die Verjährung und den Verzug regelt und darüber hinaus Bestimmungen zu den einzelnen Vertragstypen wie Kaufvertrag, Darlehensvertrag und Mietvertrag enthält, ist all dies im norwegischen Recht in einzelnen Gesetzen festgeschrieben. Zu manchen Fragen wie etwa zum Werkvertragsrecht enthält das norwegische Recht überhaupt keine gesetzlichen Bestimmungen. Insoweit behilft sich die Praxis mit Musterverträgen, die durch verschiedene Branchenorganisationen ausgearbeitet und ständig aktualisiert werden.

Zugangsschranken für ausländische Unternehmen

Aufgrund der Mitgliedschaft Norwegens im EWR bestehen für Unternehmen aus Deutschland grundsätzlich keine rechtlichen Zugangsschranken zum norwegischen Markt. Dies gilt sowohl für den Export von Waren und Dienstleistungen nach Norwegen als auch für die Gründung einer Zweigniederlassung und einer Tochtergesellschaft in Norwegen. Auch dem Erwerb von norwegischen Gesellschaften durch deutsche Unternehmen stehen keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Bei der Bestellung der Mitglieder der Geschäftsführungsorgane ist jedoch darauf zu achten, dass mindestens die Hälfte aus Bürgern des EWR mit Wohnsitz innerhalb des EWR bestehen muss. Allerdings ist der Bereich der Steuern und übrigen Abgaben im EWR bislang nicht harmonisiert worden. Daher bestehen zwischen der EU – und damit Deutschland – einerseits und Norwegen andererseits nach wie vor Zollschranken. Dies bedeutet, dass beim Export nach Norwegen Zölle und andere Abgaben anfallen können. Außerdem muss ein jedes ausländisches Unternehmen, das in Norwegen keine Betriebsstätte (beispielsweise eine Zweigniederlassung), aber einen jährlichen umsatzsteuerpflichtigen Umsatz von mehr als NOK 50.000 hat, einen Fiskalvertreter benennen, der gegenüber den norwegischen Steuerbehörden für die Umsatzsteuerschuld des ausländischen Unternehmens haftet. Als Fiskalvertreter steht unter anderem die AHK Norwegen zur Verfügung.

Rechtliches Umfeld für Handel und Wirtschaft

Vieles entspricht in Norwegen dem, was man aus Deutschland kennt. Dies liegt zum einen an der Harmonierung des Rechts durch die Einwirkung Europas. Zum anderen sind die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Norwegen traditionell eng, so dass man sich kennt. Daneben bestehen aber in rechtlicher wie auch in kultureller Hinsicht einige Unterschiede. Verträge sind grundsätzlich weniger detailliert als deutsche Verträge. Einzelfragen bleiben einer späteren praktischen Lösung überlassen. Wenn es dann zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien kommt, die einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden, neigen die norwegischen Gerichte stark dazu, den Streit im Wege eines Vergleichs zu schlichten. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ansprüche im Streitfall – wie in Deutschland – rechtlich fundiert begründet und bewiesen werden müssen. Insoweit mag es Sinn machen, jedenfalls die wichtigen Punkte eines Vertrags im Einzelnen ausführlich zu regeln. Verträge werden durch norwegische Geschäftspartner in aller Regel gemäß den getroffenen Vereinbarungen eingehalten. Insbesondere ist die Zahlungsmoral in Norwegen sehr hoch. Gleichwohl sollte man auch in Norwegen nicht auf gewisse Sicherheiten verzichten. Dabei ist darauf zu achten, dass das norwegische Recht den in Deutschland üblichen Eigentumsvorbehalt nicht kennt. Ein Eigentumsvorbehalt an Waren, die nach Norwegen exportiert werden, verliert daher mit Grenzübertritt seine Wirkung. Insoweit bedarf es bei dem Verkauf von Waren nach oder in Norwegen anderer Sicherheiten, die auch in Norwegen bekannt und durchsetzbar sind.

Steuern in Norwegen

Norwegen unterscheidet grundsätzlich weder zwischen verschiedenen Einkunftsarten noch zwischen einer Einkommen- und Körperschaftsteuer. Vielmehr beträgt der allgemeine Steuersatz für alle Einkünfte 28 Prozent. Darüber hinaus fallen bei Einkünften aus – in der deutschen Terminologie – nichtselbständiger Arbeit noch Sozialabgaben, die in Form einer zusätzlichen Steuer von derzeit 7,8 Prozent erhoben werden, und bei der Überschreitung bestimmter Grenzbeträge eine zusätzliche Steuer von 9 Prozent beziehungsweise – im Spitzensteuersatz – von 12 Prozent an. Die maximale Steuerbelastung liegt damit für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei 47,8 Prozent. Das Einkommen von Gesellschaften wird auf Gesellschaftsebene mit dem allgemeinen Steuersatz von 28 Prozent besteuert. Ausschüttungen an die Gesellschafter werden ebenfalls mit dem allgemeinen Steuersatz von 28 Prozent besteuert. Dies führt zu einer Gesamtsteuerbelastung von 48,16 Prozent. Personengesellschaften sind allerdings steuerlich transparent, das heißt das Einkommen der Personengesellschaften wird ausschließlich auf der Ebene ihrer Gesellschafter besteuert. Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen werden in Norwegen als eigenständiges Steuersubjekt behandelt. Norwegen kennt keine Gewerbesteuer, erhebt aber nach wie vor eine Vermögensteuer in Höhe von 1,1 Prozent des steuerlichen Vermögenswerts. Produktionsgegenstände unterliegen daher ebenso wie Bankeinlagen und Forderungen gegen Kunden der Vermögensteuer. Immobilien unterliegen ebenfalls der Vermögensteuer, wobei der steuerliche Wert erheblich unter dem Marktwert liegt. Außerdem können die Gemeinden auf Immobilien zusätzlich eine Grundsteuer erheben. Für Arbeitnehmer ist durch die Arbeitgeber eine Arbeitgeberabgabe zu entrichten. Diese beträgt grundsätzlich 14,1 Prozent des Arbeitsentgelts und wird in den nördlichen Regionen Norwegens bis auf 0 Prozent reduziert. Außerdem ist durch die Arbeitgeber ein Pensionsbeitrag in Höhe von mindestens 2 Prozent des Arbeitsentgelts zu zahlen.

Vertriebswege

Ausländische Unternehmen können ihre Waren und Dienstleistungen in Norwegen grundsätzlich direkt oder über eine Zweigniederlassung oder eine Tochtergesellschaft vertreiben. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den Vertriebsweg über Handelsvertreter oder Vertragshändler zu organisieren. Handelsvertreter unterliegen dem norwegischen Handelsvertretergesetz. Das Handelsvertretergesetz entspricht aufgrund der zugrundeliegenden europäischen Handelsvertreterrichtlinie in vielerlei Hinsicht den handelsvertreterrechtlichen Bestimmungen des deutschen Handelsgesetzbuchs (HGB). Insbesondere kennt auch das norwegische Recht den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bei Beendigung des Handelsvertretervertrags. Hieran entzünden sich regelmäßig Streitigkeiten über die Höhe. Insoweit mag es aus Unternehmenssicht Sinn machen, derartige Streitigkeiten schnell, freundschaftlich und außergerichtlich zu lösen. Zum einen lohnt sich ein gerichtliches Verfahren nämlich oftmals wegen der damit verbundenen Kosten nicht. Zum anderen ist der Markt in Norwegen sehr übersichtlich, so dass sich eine als unfair empfundene Behandlung des Handelsvertreters schnell herumspricht und zu Schwierigkeiten führen kann, einen neuen – guten – Handelsvertreter zu finden. Das Vertragshändlerrecht ist in Norwegen nicht gesetzlich geregelt. In der Rechtsprechung wird – wie auch hinsichtlich des Handelsvertreterrechts – oft auf die deutsche Rechtsprechung Bezug genommen, die der Ausgestaltung des Vertragshändlervertrags insoweit Grenzen setzt.

Arbeitsrecht

Das norwegische Arbeitsrecht lässt sich als Arbeitnehmerschutzrecht beschreiben. Es enthält beispielsweise detaillierte Bestimmungen zur Arbeitszeit, die bei einer Fünftagewoche täglich nicht 8 Stunden überschreiten darf, und zur Zulässigkeit von Überstunden. Im Gegensatz zum deutschen Recht, das eine Vergütung von Überstunden grundsätzlich nur im Falle einer entsprechenden Vereinbarung in Tarifverträgen oder individuellen Arbeitsverträgen vorsieht, sind Überstunden in Norwegen stets mit einem Zuschlag von 40 Prozent vergütungspflichtig. Arbeitnehmer können – ähnlich dem deutschen Recht – nur aus Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers oder in betrieblichen Erfordernissen liegen, gekündigt werden. Der Kündigung sollen Gespräche mit dem Arbeitnehmer und den Arbeitnehmervertretern vorausgehen. Die gesetzliche Kündigungsfrist liegt zwischen 1 und 6 Monaten. Kündigungen können durch Arbeitnehmer im Wege eine Kündigungsschutzklage gerichtlich voll überprüft werden. Norwegische Arbeitnehmer haben einen gesetzlichen Urlaubsanspruch auf 25 Tage (einschließlich Samstag), also auf 4 Wochen und 1 Tag. In der Praxis wird jedoch regelmäßig ein Urlaub von 5 Wochen vereinbart. Im Gegensatz zu Deutschland kennt das norwegische Recht allerdings nicht den bezahlten Urlaub. Vielmehr wird während des Urlaubs anstelle des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber ein Urlaubsgeld gezahlt. Das Urlaubsgeld entspricht beim gesetzlichen Urlaub 10,2 Prozent und bei einem vertraglich vereinbarten Urlaub von 5 Wochen 12 Prozent des Jahresarbeitsentgelts aus dem Vorjahr. Dies führt mit sich, dass ein Arbeitnehmer in seinem ersten Arbeitsjahr zwar Anspruch auf Urlaub, aber noch keinen Anspruch auf Urlaubsgeld hat. Er hat also gegen seinen Arbeitgeber insoweit nur Anspruch auf unbezahlten Urlaub. Soweit er aber im Vorjahr bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt war, kann er von seinem ehemaligen Arbeitgeber noch Bezahlung des dort im Vorjahr verdienten Urlaubsgelds verlangen. Das norwegische Gesellschaftsrecht unterscheidet hinsichtlich der Geschäftsführung zwischen 2 Organen, nämlich dem Vorstand und dem Geschäftsleiter. Der Geschäftsleiter kann – mit gewissen Einschränkungen – mit dem deutschen Geschäftsführer verglichen werden. Im Gegensatz zum Geschäftsführer ist der norwegische Geschäftsleiter jedoch Arbeitnehmer. Der Geschäftsleiter genießt daher grundsätzlich den vollen Arbeitnehmerschutz wie alle anderen Arbeitnehmer auch. Allerdings finden die Arbeitszeitbestimmungen auf den Geschäftsleiter keine Anwendung. Außerdem können die Kündigungsschutzbestimmungen unter bestimmten Voraussetzungen abbedungen werden, soweit dies im Arbeitsvertrag mit dem Geschäftsleiter ausdrücklich geregelt ist.

Forderungssicherung

Das norwegische Recht kennt den in Deutschland üblichen Eigentumsvorbehalt nicht. Anstelle des Eigentumsvorbehalts lässt sich in Norwegen beim Verkauf von Waren ein Verkäuferpfandrecht vereinbaren. Während der Eigentumsvorbehalt auf die Rückgabe der Ware gerichtet ist, zielt das Verkäuferpfandrecht in erster Linie darauf ab, die Ware zwangsversteigern und sich den Versteigerungserlös auskehren zu lassen. Außerdem können Waren durch den Käufer nicht ohne Zustimmung des Pfandrechtsinhabers (Verkäufers) an Dritte weiterveräußert werden. Weiterhin ist das Verkäuferpfandrecht grundsätzlich insolvenzfest, das heißt es kann auch im Falle der Insolvenz des Käufers durchgesetzt werden. Insoweit bietet das Verkäuferpfandrecht dem Verkäufer einen gewissen Schutz. Andererseits können Dritte die mit dem Pfandrecht belasteten Waren aber gutgläubig und damit lastenfrei vom Käufer erwerben. Darüber hinaus kann an Waren, die für den Weiterverkauf bestimmt sind, kein Verkäuferpfandrecht vereinbart werden. Innerhalb dieser Grenzen mag das Verkäuferpfandrecht also der Sicherung von Forderungen dienen, auch wenn die praktische Umsetzung im Wege der Zwangsversteigerung umständlich werden kann. In der Praxis werden dem Export von Waren nach Norwegen aber oftmals die deutschen allgemeinen Geschäftsbedingungen mit dem klassischen – deutschen – Eigentumsvorbehalt zugrunde gelegt. Mit Grenzübertritt nach Norwegen verliert der Eigentumsvorbehalt jedoch seine Wirkung. Die daraus resultierende Frage, ob der deutsche Eigentumsvorbehalt in ein norwegisches Verkäuferpfandrecht umgedeutet werden kann, wurde in der norwegischen Rechtsprechung bislang noch nicht beantwortet. Insoweit mag es sich empfehlen, dem Export nach Norwegen von vornherein norwegische allgemeine Vertragsbedingungen oder einen Vertrag nach norwegischem Recht – einschließlich des Verkäuferpfandrechts – zugrunde zu legen.

Einzug von Forderungen

Die Zahlungsmoral ist in Norwegen höher als man dies von anderen Ländern gewohnt ist. Man erwartet pünktliche Lieferung und ist seinerseits bereit, Rechnungen bei Fälligkeit fristgerecht zu zahlen. Wenn es dennoch zu einem Zahlungsverzug kommt und Mahnungen nicht weiterhelfen, kann der Gläubiger den Schuldner nochmals unter Fristsetzung und Androhung der Zwangsvollstreckung zur Zahlung auffordern. Eine solche – formelle – Zahlungsaufforderung lässt sich mit dem deutschen Mahnbescheid vergleichen. Wenn der Schuldner nämlich der Zahlungsaufforderung nicht widerspricht, kann daraus die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners betrieben werden. Wenn der Schuldner widerspricht, oder wenn der Gläubiger den Weg über die Zahlungsaufforderung nicht gehen will, verbleibt dem Gläubiger nur noch die Möglichkeit, den Schuldner auf Zahlung zu verklagen. Vor Einreichung der Klage sollte dies dem Schuldner jedoch angedroht werden. Die Androhung ist zwar keine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Klage, doch kann ein Unterlassen der Androhung dazu führen, dass der Gläubiger im Falle des Obsiegens vom Schuldner nicht den Ersatz seiner Kosten verlangen kann. Außerdem ist zu beachten, dass der Gläubiger den Schuldner nicht direkt vor den ordentlichen Gerichten verklagen kann, wenn der Schuldner nicht anwaltlich vertreten ist. In diesem Fall muss er den Schuldner vor dem örtlich zuständigen Vergleichsgericht verklagen. Dabei handelt es sich um ein Gremium, dass mit Laienrichtern besetzt ist. In der Praxis werden Verfahren in wirtschaftsrechtlichen Angelegenheiten durch die Vergleichsgerichte aufgrund der damit verbundenen Rechtsfragen oftmals eingestellt, woraufhin der Gang zu den ordentlichen Gerichten offen steht.