E-Government und das OZG

Ab 31. Dezember 2022 müssen öffentliche Verwaltungen ihre Leistungen für Unternehmen und Bürger auch elektronisch anbieten. Dies verlangt das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen – kurz Onlinezugangsgesetz (OZG). Angesichts der Zahl von 575 Fachverfahren mit über 6000 Einzelprozessen, die dazu digitalisiert werden müssen, ist zu ahnen, dass da noch viel Arbeit auf Bund, Länder und Kommunen zukommt.
Unternehmen und Bürger sollen in Zukunft deutlich schneller, effizienter und nutzerfreundlicher mit der Verwaltung interagieren können. Das Zauberwort dafür heißt Digitalisierung und betrifft nicht nur Deutschland, sondern alle EU-Länder.
Dabei gilt der Grundsatz, dass grenzüberschreitende Nutzer innerhalb der EU immer dann in der Lage sein müssen, ein Verwaltungsverfahren online aufzurufen und abzuwickeln, wenn dies auch für nationale Staatsbürger möglich ist.
Bis Ende des Jahres 2022 soll dies umgesetzt sein. In Schleswig-Holstein arbeiten daran vorrangig für das Land das MELUND und für die Kommunen der ITVSH sowie zahlreiche IT-Dienstleister.

Doch warum ist es so wichtig, dass sich der Gesetzgeber sowohl national als auch auf europäischer Ebene verpflichtet, alle wesentlichen Prozesse zwischen Verwaltung und Unternehmen sowie Bürgern zu digitalisieren?

Im Wettbewerb der Standorte sind schnelle und hochwertige, das heißt verlässliche Verwaltungsleistungen, ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Darüber hinaus haben die zurückliegenden, durch die Auswirkungen der Corona-Krise geprägten, Monate gezeigt, dass eine “Doppelstruktur” – analog und digital – für die Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit wichtig, für manche Unternehmen sogar überlebenswichtig sein kann. Das gilt für Unternehmen wie auch für Verwaltungen. Nutzer haben die Chance auf schnellere und transparente Prozesse.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der zentrale Zugang zu allen Leistungen – deutschlandweit über die Grenzen von Kommunen und Ländern hinweg. Wenn die Digitalisierung nach Maßgabe des OZG abgeschlossen sein wird, können idealerweise sämtliche Leistungen von jedem Ort aus gleich gut und gleich schnell beantragt werden. Es spielt dann keine Rolle mehr, in welcher Kommune oder in welchem Bundesland sich der jeweilige Standort eines Unternehmens beziehungsweise seiner Filialen befindet. Ein weiteres Ziel ist das einheitliche Unternehmenskonto, in das nur einmal alle notwendigen Unternehmensdaten eingetragen werden. Das ist derzeit allerdings noch Zukunftsmusik.
“Ein analoger Prozess wird nicht dadurch automatisch besser, indem man ihn digitalisiert.” Wie weit der Weg dorthin noch ist, zeigt ein Blick auf die aktuelle Situation: Selbst bei bundesweit einheitlichen Verwaltungsleistungen werden mitunter eine Vielzahl von Nutzerkonten und unterschiedliche Zugänge benötigt. So müsste beispielsweise ein Unternehmen, das die 44 am häufigsten genutzten Leistungen digital in Anspruch nehmen möchte, sich dafür 15 verschiedene Nutzerkonten anlegen. Das ist in etwa so, als wenn ein Kunde in verschiedenen Abteilungen eines Kaufhauses einkaufen gehen möchte – aber bei jedem Wechsel der Abteilung zuvor das Haus verlassen und jedes Mal aufs Neue wieder hereinkommen müsste. Noch umständlicher wird es, wenn eine Firma Betriebsstätten in verschiedenen Bundesländern hat.
Insgesamt gibt es 575 Leistungen, die nach dem Onlinezugangsgesetz digitalisiert werden müssen. Bei dieser Fülle und dem relativ überschaubaren Zeitraum zur Umsetzung des Gesetzes bis zum Jahresende 2022 ist es verständlich, dass nicht alles gleichzeitig digitalisiert werden kann. Deshalb hat die IHK-Organisation bereits 2017 die Studie des Bundeswirtschaftsministeriums “TOP 100 für die Wirtschaft” unterstützt. Sie wollte herausfinden, welche der Bundes-, Landes- und kommunalen Leistungen besonders häufig genutzt werden, einen hohen Erfüllungsaufwand verursachen und ein hohes Digitalisierungspotenzial haben. Diese sollten daher aus Sicht der Wirtschaft Priorität bei der Digitalisierung haben. Auf Basis dieser Studie hat die IHK SH bereits im Mai 2020 eine Liste mit abgestuften Prioritäten dem Land und den Kommunen übergeben um die Vielzahl der Verwaltungsleistungen im Sinne der Wirtschaft zu ordnen und eine vorrangige Umsetzung ausgewählter Leistungen anzustoßen. Die sogenannten Geschäftslagen “Steuern und Abgaben” sowie “Unternehmensführung” stehen naturgemäß ganz weit oben auf der Priorität. Dazu kommet direkt dahinter “Logistik und Transport” (Mobilität) sowie speziell für Schleswig-Holstein die Geschäftslage “Tourismus”.

Wie ist der aktuelle Stand bei der Umsetzung des OZG in Schleswig- Holstein?

Im Zuge der OZG-Umsetzung müssen in SH rund 6 000 Verwaltungsleistungen digitalisiert werden. Sie werden in 575 Leistungsbündeln zusammengefasst und durch Bund und Länder in 14 Themenfeldern bearbeitet. Dabei gilt das Prinzip „Einer für Alle“ beziehungsweise „Einer für Viele“. Bereits Ende 2021 befinden sich die ersten digitalen Verwaltungsleistungen im Roll-Out und einige sind auch bereits benutzbar. Welche Verwaltungsleistungen z.B. vom Land oder den jeweiligen Kommunen angeboten werden hängt auch von der jeweiligen regionalen Umsetzung ab. Daher kann es passieren, dass ein digitaler Prozess in einer Kommune bereits existiert, in einer anderen Nachbarkommune jedoch noch analog auf Papier gearbeitet wird.
Einen sehr guten Überblick und Einstieg in die digitalen Verwaltungsprozesse bieten diese beiden Links: