Planungsbeschleunigung

Geht es auch ein bisschen schneller?

Für wegeweisende Innovationen und wirtschaftliches Wachstum werden passende Rahmenbedingungen gebraucht. Wichtige Voraussetzungen sind beispielsweise Schienen, Energietrassen, Wohngebäude und Gewerbegebiet, die in ihrer Planung allerdings oft viele Jahre oder sogar Jahrzehnte brauchen. Die IHKs setzen sich daher intensiv für die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren ein.
Die Liste der Forderungen ist dabei sehr lang: Einführung der Stichtagsregelung, Umsetzung vereinfachter Verfahren, Minimierung von Gerichtsschritten und Bearbeitungszeiten bei Gericht, Feststellung des Rechtsstandes bei Eingang der vollständigen Unterlagen, Minimierung der Anzahl von erforderlichen Gutachten, Vereinfachte Verfahren bei der Änderung von Nebenbestimmungen und der weitgehende Verzicht von Erörterungsverfahren. Auch die Einführung rein digitaler Genehmigungsverfahren, die Einführung einer Gutachtendatenbank sowie die Einführung eines Umweltkatasters fordern wir seit vielen Jahren. Einige Forderungen wurden bereits vom Gesetzgeber umgesetzt, so zum Beispiel die Minimierung von Gerichtsschritten bei großen Infrastrukturvorhaben. Die Abschnitte der A 20 werden bei Klagen ausschließlich vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig behandelt. Ebenso ist es bei Verfahren zum Nord-Ostsee-Kanal oder wäre es beim geplanten Ausbau der Schienenstrecke Pinneberg-Elmshorn. Viele der IHK-Forderungen sind jedoch noch nicht umgesetzt.
Große Hoffnung kam daher im November letzten Jahres auf. Am 06. November 2023 schlossen Bund und Länder einen „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“. Ziel des Paktes sei die Erleichterung von Genehmigungen von Bau- und Verkehrsprojekten, von industriellen und gewerblichen Anlagen, von erneuerbaren Energien und von Breitbandausbau. Im Pakt wurden zentrale Forderungen der IHKs aufgegriffen: zum Abbau von Bürokratie, Einführung von digitalen Verfahren und den Aufbau von Personal in Verwaltungen. Insgesamt sind über 100 Maßnahmen aufgeführt, die der Beschleunigung dienen sollen. Mehr als die Hälfte davon muss in bestehende Gesetze eingearbeitet werden. Der Pakt allein wird somit die Herausforderungen nicht lösen. Für die Umsetzung müssen die aufgeführten Punkte in Gesetzgebungsverfahren überführt und anschließend feste Bestandteile im Verwaltungshandeln werden.
Die DIHK hat begonnen, den Fortschritt der Umsetzung des Paktes zu dokumentieren. Änderungen sind an vielen Stellen notwendig, so beispielsweise beim Bundes-Immissionsschutzgesetz, dem Telekommunikationsgesetz sowie den Bauordnungen von Bund und Ländern. Mitte März war die notwendige Änderung von 53 Gesetzen nur in elf Fällen begonnen worden. Große Kritik kommt von der DIHK, da sich bereits jetzt abzeichnet, dass die bereits vorliegenden Gesetzentwürfe in den Bemühungen der Beschleunigung nicht so weit gehen, wie noch im Pakt vereinbart. Zwei Beispiele werden konkret benannt: Die Änderung der Landesbauordnung in Schleswig-Holstein beschränkt die im Pakt vereinbarte Genehmigungsfiktion auf den Wohnungsbau. Das Bürokratieentlastungsgesetz IV enthält eine Ermächtigung für einheitliche Artenschutzstandards, allerdings nur bei Projekten der Schieneninfrastruktur. Mit diesem Klein-Klein und vielen Ausschlusskriterien wird es in Deutschland keine nennenswerte Beschleunigung von Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsverfahren geben.
Dabei hat Deutschland in den letzten Jahren gezeigt, dass es beschleunigen kann. Das sogenannte Deutschland-Tempo konnte bei den Genehmigungsverfahren für die LNG-Infrastruktur, beispielsweise im Hafen Brunsbüttel, beobachtet werden. Auch die Rader Hochbrücke liegt im vor über sieben Jahren aufgestellten Zeitplan (inklusive Planfeststellungsverfahren), mit einer Fertigstellung des ersten Brückenbauwerkes in 2026. In beiden Fällen lag die Beschleunigung allerdings daran, dass der gesamtgesellschaftliche Druck so groß war, dass „business-as-usual“ keine Option war.
Die in Brunsbüttel stationierte FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) speist Erdgas, das mit LNG-Tankschiffen angeliefert wird, ins Pipeline-Netz ein und hilft damit, die Energieversorgung stabil zu halten. Brunsbüttel Ports hatte in über zehn Jahren Vorarbeiten geleistet, die als Grundlage für das Projekt FSRU genutzt werden konnten. Durch ein eng vernetztes Arbeiten und das zielstrebige Agieren aller Behörden, Unternehmen und der Politik konnte in sehr kurzer Zeit sehr viel bewegt werden und die FSRU ihre Arbeit vollziehen.
Die Rader Hochbrücke führt die A 7 über den Nord-Ostsee-Kanal und stellt gegenwärtig die einzige feste Schnellstraßenverbindung nach Dänemark dar. Aber auch die nördlichen Landesteile von Schleswig-Holstein wären ohne die A 7 nur sehr schwer zu erreichen. Die Sperrung der Brücke für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen 2013 hatte gezeigt, welche weitreichenden Auswirkungen es für die ganze Region hat, wenn diese wichtige Brücke nicht mehr vollumfänglich genutzt werden kann. Auch bei diesem Projekt zeigt sich: wenn Planer, in diesem Fall die DEGES, Verwaltung, Politik und Unternehmen zielgerichtet arbeiten, können auch sehr enge Zeitpläne gehalten werden. Ein Besuch auf der Baustelle Ende 2023 hat gezeigt, wie die Planungen für ein Brückenprojekt mit größeren Herausforderungen fristgerecht umgesetzt werden können.
Wünschenswert wäre, dass Druck nicht der alleinige Beschleuniger von Planungs- und Genehmigungsverfahren wäre. Die Veränderungen, die notwendig sind, um ein klimaneutrales Industrieland zu werden, Innovationen zu ermöglichen und voranzutreiben sowie wirtschaftliches Wachstum zu ermöglichen, sollten Grund genug sein, Verfahren insgesamt zu beschleunigen. Die IHKs werden das Thema weiter intensiv begleiten und die DIHK beim Monitoring unterstützen.
Sollten Sie Fragen zu Planungs- und Genehmigungsverfahren oder konkreten Projekten haben, melden Sie sich sehr gern bei uns. Das Monitoring der DIHK finden Sie hier.

Beispiele für geforderte Gesetzesanpassungen in einzelnen Planungsfeldern

Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG)
  • Regelungen, die für Windenergieanlagen gelten, für alle BImSchG-Anlagen übernehmen:
    • Genehmigungsfrist
    • Stichtag
    • Fakultativen Erörterungstermin
  • Vorzeitigen Baubeginn erleichtern
Allgemeines Verfahrensrecht
  • Verschiedene Verfahrensstufen parallel durchführen
  • Genehmigungsfiktion (z. B. beim Mobilfunkausbau)
  • Fristverkürzungen bei Fachplanungen
  • Anzeigeverfahren und vereinfachte Genehmigungsverfahren einführen
Baurecht
  • Erleichterung für Wohnungen, PV- und Geothermie-Anlagen
    • Vereinfachung vorhabenbezogener Bebauungsplan
    • Experimentierklauseln in TA Lärm und TA Luft
    • Sonderregelungen Wohnungsbau
    • Erleichterte Nutzungsänderungen
    • Typengenehmigung für modulares Bauen und Freiflächen-PV
    • Privilegierung Geothermie
  • Bauordnungen der Länder einheitlich vereinfachen