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Innovativ in die Zukunft
Die Mobilitätsbranche in Schleswig-Holstein nimmt Fahrt auf. Besonders in den vergangenen Jahren waren Unternehmen dabei, ihre Konzepte auf Basis erneuerbarer Energien aufzubauen. Drei Betriebe gehören zu den Vorreitern im Land.
Sie stecken in Fahrradlampen, dem Blitzer an der Autobahn und dem Windrad: Überall dort, wo schnell viel Energie benötigt wird, kommen Kondensatoren zum Einsatz. Ein Kondensator speichert elektrische Energie in geringer Menge und kann sie in kurzer Zeit und mit hohen Stromstärken sammeln und wieder abgeben. 163 Spezialisten produzieren in Husum bei der FTCAP GmbH wöchentlich zehntausende von Kondensatoren - auch für Kleinstgeräte, die sonst nur aus asiatischen Massenproduktionen stammen. “Wir produzieren schon bei ein oder zwei Stück“, erklärt Produktionsleiter Olaf Schley. “Die Standardmenge liegt bei 100 und 1.000 Stück. Aber bei sehr großen Kondensatoren braucht es manchmal nur einen. Dafür würde kein Unternehmen in Asien eine Produktionsstätte einschalten.“ Spezialisiert ist FTCAP auf individuelle Anfragen, egal ob Automobilbranche, Schweißtechnologie, Bahnanwendungen, Medizintechnik oder erneuerbare Energien: Weltweit kommen die Produkte aus Deutschland zum Einsatz.
FTCAP-Geschäftsführer Stefan Hartge (rechts) mit Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz bei einem Betriebsrundgang
© FTCAP
Mit Zwischenkreiskondensatoren für Autos will FTCAP jetzt den E-Mobility-Markt erobern. “Wir sehen, dass sich die europäischen Automobilhersteller wieder stark auf ihre Heimatindustrie besinnen und Lieferketten zurück zur EU führen. Das ist für uns in Husum eine riesige Chance, hier eine wichtige Rolle einzunehmen“, sagt Geschäftsführer Stefan Hartge. Die Husumer beteiligen sich an Forschungsprojekten an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Automobilindustrie, um die Anforderungen an Zwischenkreiskondensatoren für E-Mobility-Vorhaben abzubilden. Erste Tests brachten vielversprechende Ergebnisse, nun arbeite man an einer serientauglichen, flexibel skalierbaren Lösung.
Bei UniverCell entsteht eine Lithium-Ionen-Technologie für non-automative Märkte
© Holger Martens
Zu den Vorreitern im Bereich innovativer Energiespeicher gehört die UniverCell GmbH in Flintbek im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Das Unternehmen produziert Elektroden und Zellen auf Basis von Lithium-Ionen und verwandter Technologie und ist Europas größte Elektroden- und Zellfertigung in Bezug auf alle nicht automotiven Märkte. UniverCell nimmt daher vor allem Märkte wie erneuerbare Energien, Baustellenausrüstung, medizinische und maritime Anwendungen in den Fokus - und bedient damit den Bedarf der Branchen, die aufgrund der geringen Stückzahlen und des Fokus der großen Player auf den Automobilmarkt unterversorgt sind. “Unsere Elektroden und Zellen ermöglichen eine längere Lebensdauer, erweiterte Temperaturbereiche und höhere Leistungsdaten als Standard-Lithium-Ionen-Batterien“, sagt CEO Dr. Stefan Premien. Gemeinsam mit Marius Strack führt er das Unternehmen. “Neben unserer Fokussetzung haben wir den Vorteil, dass wir schon seit eineinhalb Jahren produzieren und Elektrodenfolien und Zellen ausliefern, während viele Marktbegleiter ihre Produktionsbauten ankündigen“, sagt Strack. Eine Pole-Position in der rasant ansteigen den Entwicklung des Lithium-Ionen-Markts. Schnell genug weitere Produktionskapazitäten aufzubauen sei da herausfordernd, so Premien, denn ansonsten müssten Kunden längere Lieferzeiten in Kauf nehmen. “Das gilt aber nicht nur für uns als Elektroden- und Zellfertiger, sondern betrifft die gesamte Lieferkette. Aktuell sehen wir aber auch hier einen klaren Trend zu langfristigen Verpflichtungen zur Abnahme von Elektroden und Zellen, was die Planbarkeit auf allen Seiten erhöht.“ Trotz dieses Aufwärtstrends fordern die Unternehmer bessere Unterstützung aus der Politik: “Als Start-up im Lithium-Ionen-Markt sind höhere Förderungsbeträge vonnöten, da die Maschinen einen hohen Kostenfaktor darstellen“, sagt Strack. „Für diese sehr hohen Investitionen wünschen wir uns geeignetere Förderprogramme, die besser auf kostenintensive Unternehmen zugeschnitten sind.“
Die IBG-Geschäftsführer Matthias und Matthias Fabian Goeke (links) an einem Technologiedemonstrator für die Produktion der Zukunft aus dem FuE-Projekt "3DProCar"
© Foto © 54°/Felix Koenig
Die IBG Technology Hansestadt Lübeck GmbH ist Entwicklungspartner für Technologien im Bereich der Automation von Produktionssystemen und der fahrerlosen Transportsysteme. Die Mitarbeitenden konstruieren, programmieren und montieren für die Bereiche Automotive, Pharmazie und Elektronik. Das Unternehmen gehört zu den Impulsgebern für die produzierende Industrie. “Für einen Hamburger Kunden haben wir ein System entwickelt, um die Produktion einer Luftfederung für Automobile zu automatisieren“, sagt Geschäftsführer Matthias Goeke. “Mit dem deutschen Tesla-Standort sind wir in Gesprächen zur Optimierung der Produktion, da wir bereits in Kalifornien sehr gut zusammenarbeiten.“
Die Entwicklungen auf dem E-Mobility-Markt bieten viele Anknüpfpunkte für IBG. “Wir befinden uns in einem Jahrhundertprozess, der immense Chancen bietet“, so Geschäftsführer Matthias Fabian Goeke. “In Zukunft werden sich neue Formen der Arbeit und neue Player am Markt - vor allem im Bereich nachhaltige Energie- und Mobilitätslösungen – etablieren. Parallel betrachten wir die Einsatzmöglichkeiten von modernen, nachhaltigen Materialien unter Beachtung moderner Verbindungstechnologien.“ Aufgrund der schnellen Entwicklungen auf dem E-Mobility-Markt heißt es, Prozesse zu hinterfragen und neue Erfahrungswerte zu sammeln. “Wir werden in sehr frühen Planungsphasen hinzugezogen. Häufig werden das Produkt oder seine Bestandteile im laufenden Prozess modifiziert oder optimiert, sodass Änderungen an unseren maßgeschneiderten Lösungen notwendig werden“, so Goeke. “Laufende Anpassungen sind für uns nichts Ungewöhnliches.“
Autorin: Julia Romanowski
Veröffentlicht: April 2022
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