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„Das bisher spannendste Projekt meines Berufslebens“
Mit dem LNG-Terminal setzt Brunsbüttel-Ports-Geschäftsführer Frank Schnabel ein Mega-Projekt in Rekordzeit um. Im Interview spricht er darüber, was das seinem Unternehmen abverlangt.
Frank Schnabel ist seit 2007 angestellter Geschäftsführer von Brunsbüttel Ports/Schramm Group und seit vielen Jahren Sprecher der Werkleiterrunde des ChemCoastParks Brunsbüttel. Zudem engagiert er sich als Vorsitzender des Gesamtverbandes Schleswig-Holstein für die Hafenwirtschaft.
© Brunsbüttel Ports
Vor fast einem Jahr begann das Projekt LNG-Terminal. Ende März wurde die erste Flüssigerdgas-Lieferung über das schwimmende Terminal in die Brunsbütteler Pipeline eingespeist. Wie läuft es bisher?
Wir haben aus damaliger Sicht fast Unmögliches möglich gemacht und hatten viel Unterstützung vom Bund, Land und den beteiligten Behörden. Der zeitliche Druck, das Ziel der Gaseinspeisung im Winter 2022/23 zu erreichen, wurde im Laufe der Monate aber immer größer. Gleichzeitig mussten wir uns den üblichen genehmigungsrechtlichen Prozeduren stellen, nur unter deutlich erhöhtem Zeitdruck. Das war schon oft grenzwertig.
Statt in drei bis vier Jahren haben Sie das schwimmende Terminal in einem Viertel der Zeit eingerichtet.
Üblicherweise hätte man sich für so ein Projekt mit dieser großen Bedeutung für Deutschland mehrere Jahre Zeit genommen. Diese hatten wir aber nicht. Wir mussten ständig improvisieren und die Genehmigungsunterlagen quasi über Nacht erbringen, inklusive vieler Studien und Untersuchungen. Gleichzeitig waren wir uns immer bewusst, als einer von nur zwei Standorten zur deutschen Gasversorgung beizutragen. Das hat noch zusätzlich moralischen Druck erzeugt. Trotzdem war und ist es das bisher spannendste Projekt meines Berufslebens. So etwas Großes an entscheidender Stelle mitgestalten zu dürfen, das ist schon etwas Besonderes.
Von links: Robert Habeck, Daniel Günther, Tobias Goldschmidt und Frank Schnabel empfingen das schwimmende LNG-Terminal „Höegh Gannet“ imJanuar in Brunsbüttel.
© Brunsbüttel Ports
Können Sie uns noch einmal einen Überblick geben, was konkret passiert?
Als Eigentümer und Betreiber der Häfen in Brunsbüttel stellen wir primär die Hafeninfrastruktur und hafennahen Flächen sowie die logistische Unterstützung diverser Terminalprojekte am Standort bereit. Derzeit unterstützen wir, neben dem schwimmenden LNG-Terminal, auch die Vorbereitungen für das landbasierte LNG-Terminal, die Errichtung eines grünen Ammoniak- Terminals und den Bau eines Ethylen-Terminals. Schon verrückt: Wir haben jahrelang darauf hingearbeitet, zumindest eines dieser Projekte am Standort zu realisieren, und nun sind es mehrere gleichzeitig.
Wie gehen Sie mit dieser Belastung um?
Seit etwa einem Jahr stehen meine Mitarbeiter und ich unter einer hohen Anspannung, schon aufgrund der kurzen zeitlichen Dimension. Das hat viel Dauerstress für uns bedeutet, der teilweise über der Belastungsgrenze lag. Ich musste und muss ständig abwägen, was ich meinem Team unter diesen Bedingungen zumuten kann. Bis heute haben alle herausragend mitgezogen und ich bin sehr stolz auf meine Kollegen. Wir waren uns ständig der Bedeutung des Projekts für die Energieversorgungssicherheit Deutschlands bewusst. Glücklicherweise habe ich eine gute Resilienz und konnte die Dinge so handhaben, dass wir alle gesund geblieben sind.
Schon verrückt: Wir haben jahrelang darauf hingearbeitet, zumindest eines dieser Projekte am Standort zu realisieren, und nun sind es mehrere gleichzeitig.
Seit zehn Jahren werben Sie für ein LNG-Terminal. Wieso sind Sie so lange am Ball geblieben?
Diese Frage habe ich mir im Laufe der Jahre auch immer wieder gestellt. Ich war mir immer sicher, dass diese Energiethemen – insbesondere LNG – herausragend zum Industrie- und Hafenstandort Brunsbüttel passen. Daher habe ich trotz teils fehlender Unterstützung aus Berlin, wo man 2015 und auch danach auf die Versorgungssicherheit durch russisches Pipelinegas verwies, dennoch an dem Thema festgehalten. Bitter ist nur, dass es eines Krieges bedurfte, um das LNG-Terminalprojekt endlich zu realisieren.
Der LNG-Tanker „ISH“ lag im Februar neben der Floating Storage and Regasification Unit (FSRU) „Höegh Gannet“ im Brunsbütteler Elbehafen.
© Brunsbüttel Ports
Sie sind seit 2007 Geschäftsführer von Brunsbüttel Ports/Schramm group. Welche Meilensteine haben Sie neben dem LNG-Terminal erreicht?
Damals waren wir etwa 120 Mitarbeiter. Inzwischen sind wir mit allen Bereichen der Gruppe bald bei 600 Menschen an 17 Standorten. Ein großer Schritt war die Expansion nach Schweden, wo wir an sechs Hafen- und Logistikstandorten aktiv sind. Als inhabergeführte Firmengruppe haben wir immer die langfristige Perspektive im Blick und denken in Generationen. Unser Ziel ist weiterhin ein gesundes Wachstum und eine stabile Grundlage für die nächste Generation.
Als Sprecher der Werkleiterrunde des ChemCoast Parks Brunsbüttel steht schon das nächste Jubiläum an: Das Industriegebiet feiert 50-jähriges Bestehen. Wie steht es um den Standort?
Wir erleben hier einen nie gesehenen Boom. Fast alle verfügbaren Gewerbeflächen im Industriepark sind reserviert für mögliche, teils sehr konkrete Ansiedlungsprojekte. Zudem müssen wir uns um die Fachkräftesicherung und -gewinnung kümmern. Um Brunsbüttel für potenzielle Mitarbeiter attraktiver zu machen, muss der Ort auch per Schiene erreichbar sein. Auch für den Güterverkehr ist eine bessere Anbindung per Schiene und Straße unerlässlich. Dazu sind wir im engen Austausch mit der IHK und der Landesregierung. Bisher haben wir zumindest erreicht, dass die Elektrifizierung der Bahnanbindung im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen wurde. Ich denke schon, dass wir alle auch ein wenig stolz darauf sein dürfen, was wir bereits für die Westküste erreicht haben. Am Ziel sind wir aber noch lange nicht.
#EHRENAMTWIRKT
Frank Schnabel ist einer von zahlreichen Unternehmerinnen und Unternehmern, die sich ehrenamtlich bei der IHK Flensburg engagieren. Ob als Prüfer oder in Vollversammlung, Ausschuss, Arbeitskreis oder Präsidium – ihr Engagement ist ein zentraler Pfeiler der IHK-Arbeit. In der aktuellen Social-Media-Kampagne #ehrenamtwirkt bringen sie auf den Punkt, warum das ehrenamtliche Engagement für sie so wichtig ist.
Frank Schnabel ist einer von zahlreichen Unternehmerinnen und Unternehmern, die sich ehrenamtlich bei der IHK Flensburg engagieren. Ob als Prüfer oder in Vollversammlung, Ausschuss, Arbeitskreis oder Präsidium – ihr Engagement ist ein zentraler Pfeiler der IHK-Arbeit. In der aktuellen Social-Media-Kampagne #ehrenamtwirkt bringen sie auf den Punkt, warum das ehrenamtliche Engagement für sie so wichtig ist.
Veröffentlicht Juni 2023
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Aenne Boye