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Mit Herzblut für Gemeinschaft
Als Inhaberin eines kleinen Handmade-Labels ist unternehmerisches Engagement für Mandy Semkow selbstverständlich. Neben eigenen Projekten, die sie gestartet hat, ist sie vielseitig engagiert. Auch Netzwerke, von denen alle Mitglieder wirklich profitieren, sind für sie eine Form von Engagement. Das hat einen langfristigen Effekt für die Wirtschaft und das eigene Glück.
Als kreativ, ehrgeizig und „unendlich effizienzgetrieben“ beschreibt sich Mandy Semkow als Inhaberin ihres Modelabels für Kinderkleidung und Mützen. Was sie dagegen für andere sein will, ist „motivierend, inspirierend und ideenreich“. Ein Bekenntnis, das passend scheint: Sie gründete während der Pandemie ein Unternehmen, mit einer achtmonatigen Tochter und dem zweiten Kind schwanger. Vorher hatte sie noch nie eine Naht genäht. „Meine Mutter war Kürschnerin und hätte mir das Nähen theoretisch beibringen können. Aber ich hatte nie den Plan, ein Modelabel zu gründen“, sagt sie lachend.
Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre schloss Mandy Semkow einen Doppel-Master an einer deutschen und einer italienischen Universität ab. Danach hatte sie lange das Gefühl, keinen „normalen Job“ annehmen zu können. Sie habe sich eingeredet, promovieren zu müssen, gesteht sie. „Die Promotion schien der logische Weg zu sein. Daher zog ich 2015 nach Kiel und habe am Fachbereich Agrarökonomie zweieinhalb Jahre vor mich hingearbeitet und erfolgreich abgebrochen.“ Geblieben sei die Begeisterung für Projektmanagement und Eigenverantwortung – und ein Businessplan für eine Weinbar. „Mit diesem Plan habe ich mich bei der Investitionsbank für Fördermittel vorgestellt. Mein Konzept kam gut an, aber die Idee war letztendlich nicht zielführend.“ Diese Erfahrung führte sie als Gründungsberaterin in eine Anstellung in Kiel. „Ich habe Teams für das Gründungsstipendium betreut und das Baltic Business Angels S.-H. Netzwerk aufgebaut“, erzählt Mandy Semkow. Dann der Rückschlag: Während ihrer Zeit im Mutterschutz lief Ihre Projektstelle aus und wurde anderweitig nachbesetzt. „Anders als vermutet kam die Phase nach der Elternzeit dann wie ein Geschenk und mein Label Kikerikiel blühte auf“, bekräftig sie.
© Adina Merkel
Als Autodidaktin eignete sie sich durch YouTube-Videos das Wissen an, um die heute kultigen Mützen und Strampler mit gelben Overlocknähten und dem Küken-Label zu einer bekannten Marke zu machen. „Mein Mann war mein größter Unterstützer. Ich arbeitete zwischen acht Uhr abends und Mitternacht, bis zum Ende der Elternzeit.“ Dann wurde es ernst: War Kikerikiel ein Unternehmen, das die Jungunternehmerin in der ihr zur Verfügung stehenden Zeit weiter betreiben konnte? Warf die Produktion ausreichend Gewinn ab? „Mir war klar, dass ich kein skalierbares Unternehmen aufbaue – meine Arbeitszeit limitiert das, was ich tue. Aber Kikerikiel war ein Äquivalent zu einer Teilzeitstelle, die ich sonst machen würde. Mein Unternehmen zu haben, war im Vergleich der Inbegriff von Erfüllung. Die vermeintliche Sicherheit eines festen Gehalts ist es nicht wert, das aufzugeben, was das eigene Unternehmen bringen kann. Und heute stehe ich immer noch hier.“ Die meiste Freude gewinnt Mandy Semkow dadurch, die Marke Kikerikiel mit Leben zu füllen. Zum Beispiel hat sie das Küken-Logo entwickelt und plakativ auf ihren Produkten platziert. „Andere Unternehmerinnen haben mir abgeraten, das Label so in den Fokus zu stellen. Aber ich habe gelernt, dass Kunden nicht irgendeine Mütze kaufen wollen, sondern Kikerikiel. Das verdanke ich einer guten Markenstrategie“, sagt sie.
Als Unternehmerin habe sie auch das Privileg – und die Fähigkeit – ihre Erfahrungen vom Scheitern, von Ängsten und vom Wiederaufstehen weiterzugeben. Daher sollten sich Unternehmerinnen und Unternehmer Zeit nehmen, andere zu befähigen. „Wir können Menschen voranbringen, wenn wir unser Wissen bereitwillig teilen. Das ist sicher nicht verpflichtend, bringt aber einen Mehrwert für mich und andere – Altruismus ist immer auch eine Form des Egoismus“, meint sie. Großen ehrenamtlichen Einsatz zeigt die Unternehmerin auf dem Waterkant Festival in Kiel. 2022 moderierte sie ein Panel, stand auf einer großen Bühne. Das Jahr danach brachte eine eigene Session zur Fördermittelgewinnung – dieses Jahr darf es die ganz große Show sein: „Gemeinsam mit Initiator Alexander Ohrt eröffne ich das Festival, biete zusammen mit Norma Jensen aus dem Vorstand der Baltic Business Angels S.-H. meine Fördermittelsession an und bringe in einer Session mit Fabian Haushahn von der IHK zu Kiel nahe, wie der ideale Businessplan aussehen kann“, freut sie sich.
Als Unternehmerin habe sie auch das Privileg – und die Fähigkeit – ihre Erfahrungen vom Scheitern, von Ängsten und vom Wiederaufstehen weiterzugeben. Daher sollten sich Unternehmerinnen und Unternehmer Zeit nehmen, andere zu befähigen. „Wir können Menschen voranbringen, wenn wir unser Wissen bereitwillig teilen. Das ist sicher nicht verpflichtend, bringt aber einen Mehrwert für mich und andere – Altruismus ist immer auch eine Form des Egoismus“, meint sie. Großen ehrenamtlichen Einsatz zeigt die Unternehmerin auf dem Waterkant Festival in Kiel. 2022 moderierte sie ein Panel, stand auf einer großen Bühne. Das Jahr danach brachte eine eigene Session zur Fördermittelgewinnung – dieses Jahr darf es die ganz große Show sein: „Gemeinsam mit Initiator Alexander Ohrt eröffne ich das Festival, biete zusammen mit Norma Jensen aus dem Vorstand der Baltic Business Angels S.-H. meine Fördermittelsession an und bringe in einer Session mit Fabian Haushahn von der IHK zu Kiel nahe, wie der ideale Businessplan aussehen kann“, freut sie sich.
© Adina Merkel
Unternehmerisches Engagement und Gemeinschaft sind für Mandy Semkow keine Frage des „Warum“ sondern des „Wie“. Ein Beispiel ist die Kieler Kiste, entstanden 2021 als Pop-up Hütte auf dem Kieler Weihnachtsmarkt. Sie bietet Kreativschaffenden der Region die Möglichkeit, ihre Produkte während der Adventszeit anzubieten. Dafür müssen sie keinen eigenen Stand mieten. „Für viele kleine Unternehmen oder Selbstständige ist es nicht allein stemmbar, einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt einen Monat lang für bis zu zehn Stunden täglich zu betreuen“, erklärt sie ihre Intention. „Mit der Kieler Kiste sind wir mittlerweile in den CITTI-Park gewandert und wechseln uns mit verschiedenen Mieterinnen und Mietern in einem Netzwerk ab." Was Abwechslung für die Kunden und Entlastung für die Kreativunternehmen bedeutet, ist gleichzeitig ein Bestreben, gemeinsam für mehr Miteinander zu sorgen, so die Unternehmerin weiter. Deswegen ist sie auch im Netzwerk „Pommes & Periode“ aktiv. Gegründet von Sylvie Rham, der Projektmanagerin des Waterkant Festivals, und Linda Plath ist das Netzwerk rasant gewachsen. Heute sind neben Mandy Semkow mehr als 200 Frauen aktiv, die sich zum Business- und Privataustausch online verbinden und monatlich ohne Agenda zum Essen zusammenkommen. „Viele Netzwerke sind inhaltlich überfrachtet. Bei P&P geht es darum, Impulse ohne Vorgabe zu finden und barrierearm zu sein“, sagt sie.
Neu ist ihr Ehrenamt als Mitglied der Vollversammlung der IHK zu Kiel. Warum sich die Kreativunternehmerin hier auch noch einbringt? „Ich habe den Eindruck, dass die Themen der großen Wirtschaftslenker in solchen Gremien vorherrschen. Sie können sich leichter aus dem operativen Geschäft herausnehmen“, sagt sie. „Dabei machen kleine und mittelgroße Unternehmen einen Großteil der Wirtschaft in der Region aus. Ich möchte die Stimme für diejenigen sein, die unterrepräsentiert sind, obwohl sie die Mehrheit bilden.“
Neben all diesen Verpflichtungen, ob betrieblich oder gesellschaftlich, soll ihr Label Kikerikiel bleiben, was es ist. „Aber ich will noch woanders hin. Ich möchte weitergeben, was ich während der Gründungsphase und als junge Mutter lernen durfte. Deswegen geht viel Kraft in mein neues Business-Projekt: Coaching für Unternehmerinnen, Unternehmer und Privatpersonen auf, die sich mehr strukturieren und Prozesse optimieren wollen. Wenn ich es schaffe, andere zu ermutigen, zum Beispiel ein kleines Unternehmen aufzubauen, schaffe ich ja eine neue Wirtschaftsleistung. Das Ganze hätte ich auch ehrenamtlich gemacht, aber als Mama muss ich Geld verdienen. Ich bin privilegiert genug, an anderer Stelle ohne monetäre Gegenleistung aktiv sein zu können.“
Sie wünsche sich generell eine Erhöhung der Ehrenamtspauschale, um Engagement noch mehr zu belohnen, „weil viele Ehrenämtler diejenigen sind, die eigentlich von zusätzlichem Einkommen profitieren würden“. „Eine andere Möglichkeit könnte eine Art von Stipendium sein, wenn man ehrenamtlich für längere Zeiträume etwas tun will.“
Sorgen, ob ihr neues Vorhaben gelingen wird, mache sie sich nicht. „Ich probiere aus und lasse weg, was nicht funktioniert. Schließlich ist jeder, der sich traut, ein Vorbild für andere. Das will ich sein: motivierend und inspirierend.“
Sorgen, ob ihr neues Vorhaben gelingen wird, mache sie sich nicht. „Ich probiere aus und lasse weg, was nicht funktioniert. Schließlich ist jeder, der sich traut, ein Vorbild für andere. Das will ich sein: motivierend und inspirierend.“
*Anm. d. Red.: Für das Ehrenamt in der IHK - Vollversammlung und Arbeitskreise - wird keine Ehrenamtspauschale gezahlt.
Ein Arbeitsjahr zwischen Unternehmen und Ehrenamt für Mandy Semkow:
Kikerikiel bietet Mandy Semkow über ihren Etsy-Shop und im s’Fachl in Kiel an. Außerdem verkauft sie auf Märkten. In einer klassischen Woche arbeitet Semkow zwischen 9 Uhr (wenn die Kinder in der Betreuung sind) und 15 Uhr (um ihre Kinder anschließend zu betreuen). Montags arbeitet sie die Bestellungen der vergangenen Woche und vom Wochenende ab, um diese am Dienstag zu verschicken. Anschließend folgen entweder Tage für Zuschnitte, Vorbereitungen, Kordelapplikationen oder reine Näh-Tage. In dieser Zeit ist sie auch für ihr gesamtes Marketing und die Social Media Kanäle allein zuständig. Die Abende und Wochenenden versucht sie nach Möglichkeit freizuhalten. Der erste große Markt des Jahres ist die FeinArt im CITTI-Park, dann der Ostermarkt im CITTI-Park, dann folgen der Herbstmarkt im Freilichtmuseum Molfsee und der Weihnachtsmarkt mit der Kieler Kiste. Für all diese Märkte produziert sie ausreichend Ware wie Mützen, Strampler und Pullover, angepasst an die Jahreszeiten, in denen die Märkte stattfinden. Zwischen dem Ostermarkt und Anfang Juni (wenn die Produktion für den Herbstmarkt beginnt) kann sie sich ihren Ehrenämtern und Netzwerken widmen.
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Julia Romanowski