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Glauben Sie an Ihre Vision!
Die Einführung des Wahlrechts 1919, die Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 oder auch die Abschaffung der sogenannten Hausfrauenehe 1977 - das sind Schlüsselmomente der deutschen Geschichte, die ein gemeinsames Ziel verfolgten: die Gleichstellung von Frau und Mann. Und heute? Drei Unternehmerinnen erzählen, wie es im Jahr 2019 in schleswig-holsteinischen Unternehmen aussieht.
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Die Studie zeigt regionale Unterschiede. So bilden die kreisfreien Städte Flensburg (25 Prozent), Neumünster (27 Prozent) und Lübeck (27 Prozent) die Schlusslichter. Den Spitzenplatz nimmt der Kreis Plön ein. Hier wird jeder dritte Betrieb von einer Chefin geleitet. Es folgen Rendsburg-Eckernförde und Ostholstein mit jeweils knapp 32 Prozent. Der Kreis Pinneberg verfehlt das Treppchen nur knapp. Dort betreibt Claudia Busse-Uhrig ihr Unternehmen.
An sich selbst glauben
In Schenefeld gründete Busse-Uhrig 2014 die Viva Maris GmbH, die Lebensmittel aus Algen
produziert - und das mit Erfolg. In diesem Jahr wurde sie für den IB.SH-Unternehmerinnenpreis nominiert. Um Job und Familie unter einen Hut zu bringen, erhält sie Unterstützung von ihrem Mann. "Er kümmert sich nachmittags um die Kinder." Ein System, das gut funktioniere, doch eines störe sie. "Viele sagen: 'Das ist ja toll, dass dein Mann zu Hause bleibt. Das ist so modern.' Nein, das ist nicht modern. Das nennt sich Gleichberechtigung."
Claudia Busse-Uhrig, Geschäftsführerin der Viva Maris GmbH
© Claudia Busse-Uhrig
Hier müsse ein Umdenken stattfinden. "Es soll deutlich werden, dass die Männer nichts verlieren und nicht abgewertet werden, wenn sie zu Hause bleiben und nicht diesem Jäger-und-Sammler-Bild entsprechen." Aber auch bei den Frauen sieht Busse-Uhrig Nachholbedarf: "Sie müssen lernen, auch die Ellenbogen auszufahren. Sie müssen einfach ihre Frau stehen."
Um das zu erreichen, ist die Schenefelderin seit 2018 Mitglied im Netzwerk "Frauen unternehmen". Mit Vorträgen in Schulen und Universitäten will sie junge Frauen zum Gründen und zum Unternehmerinnentum ermutigen. "Ich will den Frauen zeigen, dass sie alles schaffen können, was sie wollen. " Natürlich gebe es auch Rückschläge. "Das Wichtigste ist, dass sie an sich und ihre Vision glauben", so die Unternehmerin. Sie selbst habe sich immer an ihr Motto gehalten: Erfolg ist das, was folgt, wenn man sich selbst folgt.
Wollen, können, dürfen
Auch Dr. Tanja Reimer von der Europa-Universität Flensburg ist sich sicher: Es muss umgedacht werden. Reimer ist Forscherin am Dr. Werner Jackstädt-Zentrum für Unternehmertum und Mittelstand. Einer ihrer Schwerpunkte ist "Gender and Leadership". "Die Gründe für die geringe Anzahl von Frauen in Führungspositionen sind vielfältig", erklärt Reimer. Diese könnten grob in die Kategorien "nicht wollen", "nicht können" und "nicht dürfen" eingeteilt werden. "So wird Frauen generell eine geringere Führungsmotivat
ion zugeschrieben."
Dr. Tanja Reimer, Europa-Universität Flensburg
© Dr. Tanja Reimer
Eine aktuelle Umfrage unter Management-Studierenden der zwei Flensburger Hochschulen zeige jedoch: Auch junge Studentinnen trauten sich zu, eine Führungsposition einzunehmen. "Wir haben keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern festgestellt", so Reimer. "Nicht können" beziehe sich auf die Qualifikation: Hier komme das sogenannte Pipeline-Argument ins Spiel. "Unternehmen behaupten oft, dass es nicht genügend qualifizierte Frauen gebe, die eine Top-Führungsposition einnehmen könnten."
Beim näheren Hinsehen stehe aber meist ein "nicht dürfen" dahinter. "Frauen wird in vielen Unternehmen nicht die Chance gegeben, sich zu beweisen." Man spreche auch von einer gläsernen Decke, die den Weg nach ganz oben versperre.
Wie kann sie durchbrochen werden? "Aus meiner Sicht ist die Einführung von selbst gewählten Zielquoten im ersten Schritt sinnvoll", sagt Reimer. Diese brächten das Thema Gender Diversity in Führungspositionen auf die Agenda von Aufsichtsrats- und Vorstandssitzungen. "Hier müssen die Unternehmen ganz konkret - nämlich zahlenmäßig - Position beziehen und können sich nicht mehr hinter rein symbolischen Diversity-Statements verstecken."
Netzwerken
Die Diplom-Biochemikerin Dagmar Schneider gründete 2013 das Unternehmen nandatec in Lübeck. Zehn Mitarbeiter stellen hier biokompatible Nanopartikel und -materialien für die chemische und pharmazeutische Industrie her. Momentan arbeitet das Unternehmen gemeinsam mit der Fachhochschule Kiel und der Firma Wöhlk an einem von EU, Bund und Land geförderten Projekt zur Entwicklung eines Tierversuchsersatzmodells für neue Kontaktlinsenbeschichtungen. "Das Verhältnis zwischen Mann und Frau ist in unserer Branche sehr unausgeglichen. Bei Business-Meetings bin ich oft eine von zwei Frauen. Die andere bringt die Getränke", sagt Schneider.
Dagmar Schneider, Geschäftsführerin der nandatec GmbH
© Jörg Müller/Fotografie für Menschen & Unternehmen
Wie hat sie es geschafft, in dieser hart umkämpften Branche Fuß zu fassen? "Ein gutes Netzwerk ist das A und O - besonders für Frauen. Ich arbeite gerne mit anderen Unternehmerinnen zusammen." Ob Frauen gegenüber Männern einen Nachteil beim Gründen haben, bezweifelt Schneider. "Ich hatte nicht das Gefühl, dass mir jemand Steine in den Weg legen wollte."
Als Gutachterin für das Gründerstipendium Schleswig-Holstein sehe sie allerdings Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Existenzgründern: "Männliche Bewerber gehen häufig lockerer an die Sache ran, während weibliche Bewerberinnen oft vorsichtiger kalkulieren und mehr Risiken berücksichtigen. Die Mischung aus beiden Herangehensweisen wäre ideal."
Für die Zukunft wünscht sich Dagmar Schneider als Mitglied des erweiterten Vorstands von Life Science Nord e. V. mehr Frauen in Führungspositionen. "Eine gute Durchmischung wäre von Vorteil. Dadurch entstehen neue, frische Ideen, und die sind wichtig. Denn gemeinsam erwirtschaften wir mehr."
Julia Rojahn
Veröffentlicht am 4. Juli 2019
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