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Geschichte hautnah erleben
Sanft an altem Mauerwerk vorbei gleitet er nach unten, schon zwei Schritte hinter dem sich leise schließendem Fahrstuhl beginnt eine interaktive Reise durch 800 Jahre Hansegeschichte entlang historischer Exponate und leuchtenden Multimediatafeln. So wie im Europäischen Hansemuseum in Lübeck bieten viele Museen im HanseBelt ihren Besuchern vielfältige Konzepte zwischen lebendiger Vermittlung und digitalen Innovationen.
Das Europäische Hansemuseum in Lübeck mit Innenhof
© Europäisches Hansemuseum/Olaf Malzahn
Die kleine Eintrittskarte weckt Neugierde. Die Besucher vor dem Kassenbereich begutachten sie genau, drehen sie ein paar Mal um, bevor sie sich dem Monitor nächsten Am Bildschirm personalisieren die Gäste mit dem interaktiven Ticket ihren Besuch, wählen aus 50 Städten und vier Interessensgebieten. Ein Chip speichert die Auswahl und wirft während des Rundgangs immer wieder individuelle Infos auf die großen Screens. Das 2015 eröffnete Hansemuseum, im mittelalterlichen Burgkloster und einem Neubau untergebracht, vermittelt ein umfangreiches Bild der Hanse mit Kabinetten mit historischen Exponaten wie Münzen oder Urkunden und mit multimedialen Rauminstallationen.
"Ein Highlight sind die Inszenierungen historischer Situationen, die den Besuchern ein emotionales Erleben von Geschichte ermöglichen. Sie wurden nach wissenschaftlichen Erkenntnissen vom Filmstudio Babelsberg angefertigt", sagt Direktorin Dr. Felicia Sternfeld. Durch die Trennung zwischen den inszenierten Räumen und der klassischen Präsentation von Originalobjekten sei den jahrhundertealten Fundstücken - zu denen auch Leihgaben aus Nowgorod, Brügge, Bergen und London gehören - genügend Raum gegeben, ihre Aura zu entfalten. "Museum bedeutet heute mehr, als nur ein Ausstellungsort zu sein. Es ist ein Ort, der unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht werden muss. Ein sozialer Raum, der kulturelle Bildung, aber auch Freizeitvergnügen bieten und ökonomische Anforderungen erfüllen muss", so Sternfeld.
Shopleiterin Birgit Röder im Hansemuseum
© IHK/Tietjen
Emotional ansprechen
Daher seien auch der Museumsshop und das Restaurant Nord essenzielle Teile des Museums, die viele Gäste noch vor der Ausstellung besuchten. Das Besondere am Restaurant: Die Menüauswahl orientiert sich an der Ausstellung. Die Rezepte spiegeln traditionelle Gerichte aus den Hansekontoren wider - etwa Boeuf Stroganoff, wie man es in Nowgorod isst. Auch wirtschaftlich spiele der Shop eine wichtige Rolle. Bücher und Kataloge nehmen etwa den gleichen Anteil am Umsatz ein wie Non-Book-Artikel. "Allgemein geht der Trend zu lokalen, handgemachten und fair gehandelten Produkten. Die Besucher des Shops erwarten bei uns ein besonderes Warenangebot, das sich vom Einzelhandel abhebt", sagt Shopleiterin Birgit Röder.
"Der moderne Museumsshop ist eine Serviceleistung des Museums mit Produkten, die den Kunden nicht nur intellektuell, sondern auch emotional ansprechen: Produkte, die ihren Platz im täglichen Leben finden und eine schöne Erinnerung an den Museumsbesuch sind", sagt auch Nicole Werner, die die Shops der Lübecker Museen leitet. Museen müssten heutzutage ihr Angebot vermarkten, wenn sie wahrgenommen werden wollen. "Viele Shops haben sich zu gut sortierten Boutiquen entwickelt, die den individuellen Einzelhandel einer Stadt bereichern können", so Werner.
Ehrenamtliche Darsteller
"Mittelalter hautnah erleben" lautet das Konzept des Wallmuseums in Oldenburg in Holstein. Zwei Ausstellungen über die Slawen im Mittelalter und ein riesiges Freilichtgelände gehören dazu. Aufbauend auf den Ausgrabungen der 70er-Jahre ist das 1988 gegründete Museum laut Geschäftsführer Stephan Meinhardt immer weiter organisch gewachsen. Essenziell seien die rund 60 Veranstaltungen im Jahr wie Kräuterworkshops oder die Slawentage, bei denen in Showkämpfen Wikinger und Slawen aufeinandertreffen. Die ehrenamtlichen Darsteller kämen aus ganz Deutschland. "Viele verbringen ihren Jahresurlaub bei uns, leben auf dem Gelände und führen den Besuchern ihre Handwerke vor. Für 20 Slawenhütten gibt es Patenschaften", sagt Meinhardt.
Showkampf während der Slawentage im Oldenburger Wallmuseum
© Nadine Scholz
Der Shop mache etwa 25 Prozent der Einnahmen aus und sei ein wichtiges Standbein. Gut liefen selbstgefertigte Produkte wie Bastelsets, welche die Mitmachaktionen im Museum aufgreifen, oder Milchpflegeprodukte der Skudden - eine alte Schafsrasse, die auf dem Gelände weidet. Touristen, 80 Prozent aller Besucher, sind laut Meinhardt für die ganze Stadt wichtig. "Wir sind indirekte Nutznießer vom Ostseetourismus. Daher ist das Museum durch die Stadt stark gefördert, um Touristen anzuziehen und auch mittelständische Betriebe profitieren zu lassen."
Vom Ostseetourismus profitiert auch Eduard Beneken. 2002 kam er auf die Idee, ein U-Boot nach Fehmarn zu holen. Und er hatte Glück: Just zu der Zeit musterte die Bundesmarine das U-11 aus. Für einen günstigen Preis konnte der Ferienhofbesitzer das U-Boot kaufen und von Wilhelmshaven nach Fehmarn schleppen - 2005 eröffnete das Boot als Museum, 2010 ein Anbau mit zahlreichen historischen Exponaten. Ein Kraftakt, da Beneken nicht wie andere Museen vom Staat bezuschusst worden sei.
Das U-11 im Hafen von Burgstaaken auf Fehmarn
© Tourismus-Service Fehmarn
Das U-Boot sei noch im Originalzustand. "Nur ein Teil musste ausgebaut werden, da es unter Geheimhaltung stand", sagt er. Um die Ausstellung auf dem neuesten Stand zu halten, bestünde eine Kooperation mit dem Deutschen Marinemuseum in Wilhelmshaven, das beratend zur Seite steht. "So haben wir 2015 auch die staatliche Anerkennung als Museum bekommen." Auch dank des idealen Standpunkts direkt am Hafen kämen im Sommer zwischen 500 und 1.000 Besucher täglich.
Benjamin Tietjen
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