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Mit Mut zum Markterfolg
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Drei Beispiele aus Schleswig-Holstein zeigen, wie Menschen die Initiative ergriffen haben und ihre Ideen erfolgreich umsetzen.
Voraussichtlich im Frühjahr 2015 wird mit dem Bicycle Smart Power (BSP) eine neue Smartphone-Halterung mit Stromversorgung für das Fahrrad auf dem deutschen Fahrrad-Zubehörmarkt zu finden sein. Entwickelt und zur Marktreife gebracht hat das innovative Produkt Rainer Schirmer aus Lübeck.
Der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Fachhochschule Lübeck ist nebenberuflich als Ingenieur tätig. Als passionierter Fahrradfahrer war er es leid, dass seinem Smartphone bei längeren Touren der Strom ausging. Das BSP entstand bei der Entwicklung eines medizintechnischen Geräts und ist nach diesen Richtlinien aufgebaut. "Herkömmliche Geräte können entweder für die Fahrradbeleuchtung sorgen oder Smartphones aufladen, häufig ist die Gerätesicherheit beeinträchtigt", so Schirmer. Das BSP kann beides, da es parallel zur Lichtanlage angeschlossen wird. Es wandelt die Wechselspannung des Nabendynamos in eine Fünf-Volt-Gleichspannung um und lädt über den USB-Anschluss das Smartphone auf. Eine Überspannungsschutzschaltung wird automatisch bei Bedarf zugeschaltet.
"Ich bin seit zwei Jahren dabei, denn es gibt viel zu beachten und man benötigt Gelder, um das Produkt voranzutreiben", sagt Schirmer. Nach Umsetzung der Idee und umfangreichen Tests hat er das BSP zum Patent angemeldet. Dann suchte er einen Produktionsbetrieb, stellte das USB-Ladegerät der Fachwelt vor und knüpfte Kontakte zum Handel. Die Unternehmensgründung und das Beantragen von Fördermitteln sind weitere Schritte. Unterstützung hat Schirmer unter anderem vom GründerCube Lübeck erhalten. Das BSP ist am 22. Februar auf der Radreise-Messe des ADFC im CCH Hamburg und am 7. und 8. März auf der Messe Rad + Outdoor in Bremen zu sehen.
Titan im Spritzguss
Die Element 22 GmbH, gegründet 2011, ist ein junges Unternehmen mit Sitz am Kieler Seefischmarkt. Gefertigt werden Bauteile aus Titan, die allerdings nicht in herkömmlicher Weise aus einem Titanblock gedreht und gefräst werden. Vielmehr wird Titanpulver im Spritzgussverfahren verarbeitet. Durch die Entwicklung des MIM-von-Titan-Verfahrens und die Konstruktion eigener Maschinen hat das Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal. "Das Verfahren ist effizient und ressourcenschonend, es gibt keine Materialverluste", sagt Geschäftsführer Matthias Scharvogel.
Gefertigt werde überwiegend für die Medizintechnik. Unternehmen aus der Luftfahrttechnik, für die bisher in kleinem Maßstab produziert werde, hätten großes Interesse signalisiert. "Wir haben unsere Produkte erstmals auf Messen präsentiert", so Scharvogel. Als drittes Standbein sei die Fertigung für die Sportwaren- und Luxusgüterindustrien anvisiert, die kürzere Innovationszyklen als die nachhaltige Medizintechnik haben. "Wir sind noch in der Anfangsphase, aber überzeugt davon, ein großes Unternehmen zu werden", erklärt der Geschäftsführer. Als "Schritt in die Industrialisierung" bezeichnet er die neuesten Investitionen. Man habe einen Sinterofen mit der 20-fachen Kapazität entwickelt und werde eine zweite Halle für die Produktion hinzunehmen.
Derzeit sind zehn feste und fünf freie Mitarbeiter bei Element 22 beschäftigt. Drei Mitarbeiter sind allein 2014 hinzugekommen, für 2015 sind weitere Einstellungen geplant. "Wir profitieren von der Nähe zur Technischen Fakultät der Universität mit ihrem Studiengang Materialwissenschaften und von der Nähe zur Fachhochschule", so Scharvogel. Insgesamt sei man mit dem Standort Kiel zufrieden, nicht zuletzt wegen der Förderkulisse.
Sauerkraut-Patent
In Wesselburen liegen die Wurzeln von Europas größtem Kohlanbaugebiet. Das Kohlosseum in der Stadt zeigt, welche innovativen Produkte aus Kohl hergestellt werden können. Dahinter steckt als kreativer Kopf Hubert Nickels, der altes Wissen mit moderner Technik verbindet. Der Krautmeister und Lebensmitteltechniker hat jahrelang die Sauerkrautfabrik Philipp & Co. geleitet, in der bis 1995 jährlich rund 10.000 Tonnen Weißkohl nach industriellem Verfahren zu Sauerkraut verarbeitet wurden. Sauerkraut gilt als bekannteste Konservierungsform des Kohls und ist als gutes Nähr- und Heilmittel bekannt. "Nach 1995 habe ich ein Verfahren entwickelt, das Sauerkraut ohne Hitzebehandlung konserviert und seine natürlichen Inhaltsstoffe erhält", sagt Nickels. Der Kohl wird zerkleinert und mit Göttinger Tiefensalz in ein Glas gepresst, ein speziell entwickelter Verschluss sorgt für Ventilation beim Gärprozess.
Für das "Wesselburener Sauerkraut, im Glas vergoren" hat Nickels 1998 ein Patent angemeldet. In der Krautwerkstatt werden heute bis zu 60.000 Gläser jährlich von 14 Mitarbeitern produziert. Zudem werden weitere neue biologische Kohlprodukte entwickelt und auf den Markt gebracht, seit 2003 auch Hautpflegeprodukte. "Die Hautpflegesalbe ist im Selbstversuch entstanden, da die Wirkstoffe von Kohl bei Hautproblemen helfen können", sagt Nickels. Die Produkte werden unter anderem im eigenen Bauernmarkt, in Bio-Läden sowie im Online-Shop verkauft.
Auch das Gebäude der ehemaligen Sauerkrautfabrik ist weiterentwickelt worden. Über Krautwerkstatt und Bauernmarkt liegt das Museum mit einer Ausstellung rund um Kohlanbau und -verarbeitung. Entstanden ist mit der Kohlosseum GmbH ein erfolgreiches Unternehmen, das Hubert Nickels, Wilken Boie und Martin Kehl leiten. Das Museum wird vom Förderverein Kohlosseum e. V. getragen.
Hilke Ohrt
Veröffentlicht am 7. Januar 2015
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