Suchsdorf: Eismanufaktur

Vom Eiscafé zum Vorreiter in der Servicerobotik

Mit einem Eiscafé im Kieler CITTI Park begann 2006 die Geschichte eines lokalen Unternehmens, das heute von der internationalen Erfolgsbühne nicht wegzudenken ist. Neben Pistazie, Maracuja, SchokoVIC und Co. kann Giovanni L. nämlich noch viel mehr: Mit den Giobotics setzt das Unternehmen Maßstäbe in der Servicerobotik und im Arbeitsschutz.
Welche Eissorte von Giovanni L. essen Sie eigentlich am liebsten? Cookie Dough, Erdbeer, Joghurt Kirsche, Walnuss? Oder doch lieber Zitrone, Heidelbeere, Kinderschokolade… ja, aus dem Schwelgen vom leckersten Eis kommen viele Kunden nicht mehr heraus. Das weiß auch Vertriebsleiter Dennis Dehring, und verrät: „Ein Klassiker ist das Lieblingseis: Vanille.“
Die Eiscreme von Giovanni L. ist nicht nur für ihren authentischen Geschmack bekannt, sondern auch für hochwertige, natürliche Zutaten – oft von regionalen Partnern. Der einzigartige Geschmack basiere auf den ausschließlich natürlichen Inhaltsstoffen. „Wir nutzen weder Pulver, noch Pasten, noch Fertigprodukte, sondern natürliche Rohstoffe. Im Pistazieneis ist also viel mehr echte Pistazie als in einem Eis, das auf einem Aromastoff basiert“, sagt Dennis Dehring. Für das Qualitätseis, von dem jährlich mehr als zwei Millionen Liter produziert werden, holte sich das Unternehmen bereits mehrere Meistertitel. Durch die Zentralisierung 2011 in Kiel Suchsdorf entstand eine der modernsten EU-zertifizierten Manufakturen in Norddeutschland. Und ob Österreich, Dänemark, Mallorca, die Schweiz, Malaysia oder Saudi-Arabien: Schier überall wird Eis von Giovanni L. verzehrt, mehr als 500 Verkaufsstellen in Deutschland und etliche weitere Cafés weltweit bieten das berühmte Eis an.
Eine derartige Expansion war für die regionale Eismanufaktur nicht das primäre Ziel, betont Dennis Dehring. Doch die internationale Beliebtheit gab dem Unternehmen immensen Aufschwung. „Die Qualität unserer Produkte und die Gestaltung der Cafés haben zum Beispiel Interessenten aus Saudi-Arabien überzeugt und die Expansion angetrieben.“ Die Erfolgsgeschichte von Giovanni L. ist eng mit der Familie Lasagna verbunden, die bereits 1961 mit der Eröffnung der ersten Eisdiele am Steinhuder Meer begann. Unter der Führung von Giovanni Lasagna, der den Betrieb seines Großvaters übernahm, expandierte das Unternehmen kontinuierlich. 2005 eröffnete die erste Filiale in Hannover, gefolgt von der Eröffnung in Kiel im Jahr 2006, bald folgte das Franchisesystem.
Mitten in diesen Erfolg schlug die COVID-19-Pandemie – doch aus der Krise schuf man eine innovative Lösung: Giobotics. Als das Giovanni L. 2021 vor der Herausforderung stand, mit geringem Personalbestand wiedereröffnen zu dürfen, wurden Serviceroboter in den eigenen Cafés getestet. „Unsere Mitarbeiter, die uns noch geblieben waren, brauchten dringend Unterstützung dabei, einen körperlich und geistig herausfordernden Job zu meistern, den vorher viel mehr Leute übernommen haben“, erinnert sich Dennis Dehring. Die Roboter des chinesischen Herstellers PUDU halfen, die Mitarbeiter zu entlasten und gleichzeitig den Gästen einen effizienten Service zu bieten. „Am Ende eines regulären Arbeitstags konnten Mitarbeiter ihre Laufwege von 26.000 Schritten auf etwa 6.000 Schritte reduzieren. Diese Entlastung, die in unserer dunkelsten Stunde entstanden ist, gab uns den Mut, Giobotics als eigenen Geschäftszweig zu etablieren.“
Giobotics beschäftigt heute rund 23 Mitarbeitende und entwickelte sich zum einzigen großen Serviceroboterhändler mit einem flächendeckenden Servicenetzwerk in Deutschland. „Wir vertreiben die Roboter des Herstellers PUDU an Endkunden und an weitere Händler, auch international“, erklärt Dennis Dehring das System. Nicht nur in der Gastronomie, sondern auch in der Industrie, im Marketing, im Einzelhandel, dem Gesundheitswesen und der Hotellerie kommen die Roboter zum Einsatz. Sie übernehmen repetitive Aufgaben, optimieren interne Abläufe oder entlasten Personal, damit Kernaufgaben wieder im Fokus stehen können. „Im Europapark konnten wir 2022 die größte Serviceroboter-Installation in Europa feiern“, freut sich Dennis Dehring über den Erfolg des Konzepts. Betonen möchte er dabei vor allem eins: „Die Roboter stehen für eine Vision des Arbeitsschutzes und der Entlastung unserer Mitarbeitenden. Die Giobots sollen Laufwege verkürzen, Traglasten abnehmen und Reinigungsprozesse automatisieren, denn in Branchen mit diesen Aufgabengebieten sind Belastung und Fachkräftemangel am deutlichsten zu spüren.“ Neben dem Vertrieb der Roboter kümmert sich das Team um Giobotics um die Beratung der Kunden, nimmt die Umgangsängste mit den Werkzeugen und schult zu Wartung und Reinigung. Dennis Dehring: „Fatal wäre, wenn die Giobots nicht eingesetzt werden. Wir möchten mit unserer engmaschigen Betreuung erreichen, dass Roboter zur Normalität gehören und nicht für Barrieren sorgen.“
Die Roboter stehen für eine Vision des Arbeitsschutzes.

Dennis Dehring

Endlich wieder Gastgeber sein: Mit diesem Ziel präsentierte die Geschäftsführung die ersten Roboter im eigenen Flagship-Café im Kieler CITTI Park. Die Skepsis war groß. „Unsere Mitarbeitenden fürchteten, dass ihnen ein Arbeitsplatz genommen wird“, so der Vertriebsleiter. „Nach unserer Einführung verstanden sie aber schnell, dass die Roboter das Gegenteil tun. Sie sind Werkzeuge zur Entlastung. Menschen, die in der Gastronomie oder Pflege arbeiten, tun dies aus Liebe zum Beruf – nicht, weil sie gerne etwas tragen oder viel laufen. Mit einer unterstützenden Robotik können sich diese Mitarbeiter endlich wieder ihren Gastgeberqualitäten widmen. Und das ist die eine Tätigkeit, die letztendlich auch für den Unternehmer viel wertschöpfender ist.“ Auch das Feedback der Kunden sei überwiegend positiv ausgefallen, so Dennis Dehring weiter. „Die Giobots erregen Aufsehen. Es gibt Kunden, die die Roboter so witzig finden, dass sie direkt zweimal Dessert bestellen, nur damit der Roboter noch einmal an den Tisch kommt – und abgesehen vom Spaßfaktor glaube ich, dass die meisten Gäste verstehen, welche Belastung in der Gastronomie steckt.“
Um die Aufwärtskurve weiterzutreiben, strebt das Unternehmen jetzt eine Ausweitung seines Produkt- und Vertriebsgebiets sowie seines Partnernetzwerks europaweit an. Neue Produkte werden dafür gemeinsam mit dem Hersteller getestet und entwickelt, sodass weitere Branchen den Vorteil der Servicerobotik nutzen können. „Damit wir das schaffen, muss die politische Lage stimmen“, so Dennis Dehring. Dazu gehörten weniger Bürokratie bei Förderung und Einsatz von Robotik in Deutschland sowie zunehmend staatliche Subventionen, um die breite Akzeptanz von Servicerobotern in Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern. Dennis Dehring: „Wir handeln im Sinne des Arbeitsschutzes für den Wirtschaftsstandort Deutschland – und für eine Lösung zum aktuellen Fachkräftemangel.“
Autorin: Julia Romanowski
Veröffentlicht: April 2024