Standort Metropolregion

"Mehr als die Summe der Teile"

Die Metropolregion Hamburg wächst - im Februar traten Schwerin und der Altkreis Parchim sowie zehn Wirtschafts- und Sozialpartner bei, auch die IHKs in Schleswig-Holstein. Der Wirtschaftsförderungsrat hat die Aufgabe, das Standortprofil der Metropolregion zu stärken. Dr. Rolf Strittmatter ist seit Januar Sprecher der Wirtschaftsförderer. Im Interview erläutert der Chef der Hamburgischen Wirtschaftsförderung Alleinstellungsmerkmale, Innovationsthemen und aktuelle Vorhaben.
Wirtschaft: Zwei aktuelle Studien attestieren der Metropolregion Hamburg (MRH) mal eine sehr positive, mal eine eher durchwachsene Entwicklung. Wo stehen wir Ihrer Meinung nach?
Rolf Strittmatter: Das kommt darauf an. Gemessen am Wirtschaftswachstum hätte sich die Metropolregion Hamburg sicher besser entwickeln können. Die Metropolregion Hamburg umfasst aber auch in viel stärkerem Maße dünner besiedelte Gebiete. Das Stadt-Land-Gefälle ist hier deutlich größer als in München oder Stuttgart. Und wer wie Berlin ein sehr schwaches Ausgangsniveau hatte, konnte natürlich leichter größere Wachstumsraten erzielen. Wir haben im Norden aber als Technologiestandort stark aufgeholt, und insbesondere im Energiesektor werden den Innovationen auch die Arbeitsplätze folgen.
Wirtschaft: Welchen Beitrag leistet der Wirtschaftsförderungsrat innerhalb der Metropolregion? Was ist seine Funktion?
Strittmatter: Es ist zunächst schon einmal ein wichtiges Zeichen, dass es ihn seit gut zehn Jahren gibt. Bei aller gesunden Konkurrenz im Einzelfall haben wir ein gemeinsames Interesse an einer positiven Entwicklung und gemeinsamen Vermarktung der Region als Ganzes. Je weiter man von Hamburg weg ist, desto stärker verwischen die Grenzen. Was sind denn zwei Stunden Autofahrt für einen Investor aus Shanghai oder Los Angeles? Die fahren zwei Stunden und sind immer noch in der Stadt. Die betrachten unsere Region als Ganzes.
Wirtschaft: Was sind aus Ihrer Sicht die herausragenden Alleinstellungsmerkmale der Hamburger Metropolregion?
Strittmatter: Ein Beispiel aus aktuellem Anlass: Mit fünf anerkannten UNESCO-Biosphärenreservaten besitzt die Metropolregion Hamburg ein internationales Alleinstellungsmerkmal. Wir im Norden sind offen für alles, was mit erneuerbaren Energien zu tun hat. Und das ist auch wirtschaftlich interessant. Deshalb sind die erneuerbaren Energien so stark. Wachstum und Umwelt sind hier keine Gegensätze. Wir sehen uns quasi als neues, sauberes Ruhrgebiet. In den stark belasteten Megacitys vor allem in Asien wird das stark beachtet.
Wirtschaft: Welche konkreten Schwerpunkte setzt der Wirtschaftsförderungsrat in der kommenden Zeit? Welche konkreten Themen und Aktivitäten stehen an, die der Wirtschaft nützen?
Strittmatter: Wir wollen dem Innovationsstandort Metropolregion mehr Profil verleihen, national und international. Im Februar haben wir beispielsweise in der Hamburger Landesvertretung die Metropolregion Norddeutschland als Vorreiter bei der Entwicklung intelligenter Energiesysteme vorgestellt. Das Interesse - insbesondere im diplomatischen Korps - war groß. Wir werden das fortsetzen. Und wo der Innovationsstandort Metropolregion Hamburg steht, ist aktuell Gegenstand einer Studie der Hamburg Marketing GmbH, die wir als Wirtschaftsförderungsrat unterstützen.
Wirtschaft: Geht es bei der Ausweisung interkommunaler Gewerbegebiete voran? Welche Schritte stehen hier an?
Strittmatter: Das länderübergreifende und interkommunale Gewerbegebiet an der Landesgrenze Hamburgs zwischen Rahlstedt und Stapelfeld im Anschluss an das dort bereits bestehende Gewerbegebiet Merkurpark ist sicher eine kurz- bis mittelfristige Option. Wenn das gut läuft, ist der Damm gebrochen und wir werden uns alle fragen, warum das so lange gedauert hat.
Wirtschaft: Wie kann die Metropolregion insgesamt ihre Wirkung für den Wirtschaftsstandort Norddeutschland noch besser entfalten? Gibt es konkrete Ideen?
Strittmatter: Das Thema Innovationsstandort habe ich schon genannt. Darüber hinaus sollten wir weitere Grenzen überwinden. Wir machen das am besten gemeinsam mit den Kollegen aus Dänemark. Durch die feste Fehmarnbelt-Querung werden wir mehr und mehr auch als Wirtschaftsregion zusammenwachsen. Spätestens mit dem Baubeginn müssen wir dies auch international kommunizieren. Wir sind als Wirtschaftsförderer dazu mit Copenhagen Capacity im Gespräch.
Wirtschaft: Wie stellen Sie sicher, dass Metropole und Region gleichermaßen in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt werden?
Strittmatter: Zunächst einmal profitiert natürlich die Region von der Strahlkraft der Metropole. Die Aufmerksamkeit könnte ein einzelner Landkreis international nie erzielen. Umgekehrt hilft die Region Hamburg, eine international wirtschaftlich relevante Größenordnung zu erreichen. Zusammen sind wir etwa vergleichbar mit Belgien. Das Ganze ist immer mehr als die Summe seiner Teile. Und die Kooperation im Wirtschaftsförderungsrat trägt zu einem fairen Interessenausgleich bei.
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Zur Person

Dr. Rolf Strittmatter, Jahrgang 1970, ist seit 2015 Geschaftsfuhrer der HWF Hamburgische Gesellschaft fur Wirtschaftsforderung mbH und seit Januar 2017 turnusmasiger Sprecher des Wirtschaftsforderungsrates der Metropolregion Hamburg. Der Diplom-Volkswirt promovierte in Geografie an der Universitat Freiburg. Vor seinem Wechsel nach Hamburg 2015 war er Geschaftsfuhrer der ZAB ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH und Geschaftsfuhrer der ExpoCenter Airport Berlin Brandenburg GmbH. Seit 2016 ist Strittmatter auch Vorsitzender der Geschaftsfuhrung der Hamburg Marketing GmbH.
Klemens Vogel
Veröffentlicht am 4. April 2017