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Garanten für innovative Ansiedlungen
Gut erschlossene Gewerbeflächen sind heiß begehrt und machen den ländlichen Raum maßgeblich attraktiver. Das IHK-Magazin hat sechs neue Flächen im Hansebelt in den Blick genommen und zeigt, womit sie bei Unternehmen punkten können.
Der Gewerbepark Semiramis im Süden der Hansestadt Lübeck
© KWL GmbH
Gewerbegebiete sind vielerorts wahre Magnete für Ansiedlungen innovativer Betriebe und Branchen. Profitieren können davon gerade auch ländlich geprägte Regionen, etwa durch den Ausbau der Infrastruktur, dem Zuzug von Familien und der damit einhergehenden Aufwertung einer Gemeinde. Doch welche Anforderungen stellen Unternehmen an (neue) Gewerbeflächen jenseits der großen Metropolen? „Für die meisten Unternehmen sind der Anschluss an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und an das Bundesverkehrsstraßennetz die wichtigsten Kriterien, bevor sie sich an einem neuen Ort ansiedeln. Die Unternehmen müssen ihre Arbeits- und Fachkräfte sowie deren Familien davon überzeugen, mit dem Betrieb in die Region zu ziehen. Daher schauen die Betriebe auch genau darauf, ob beispielsweise Kitas, Schulen und ein gutes Wohnumfeld vorhanden sind“, sagt Michaela Bierschwall, Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Kreis Herzogtum Lauenburg mbH (WFL). Für viele Unternehmen ist es ebenso entscheidend, dass Gewerbeflächen auf dem neuesten Stand sind. „Medien wie Strom und Datenkabel müssen mit einem hohen technologischen Niveau vorhanden sein“, sagt Ulf Hahn, Geschäftsführer der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn mbH (WAS). Auch das Thema Nachhaltigkeit oder zum Beispiel bereitgestellte Fernwärmeleitungen können bei Unternehmen punkten. Viele neue Gewerbegebiete im Hansebelt legen ihren Fokus gezielt auf diese Themen.
Gewerbepark Trappenkamp, Kreis Segeberg
Rund 30 brutto Hektar Gewerbeflächen bietet der Gewerbepark Trappenkamp im Nordosten des Kreises Segeberg. Einzelne Flächen können ab 3.000 Quadratmeter erworben werden. „Die günstige Lage in der Nähe der A21, deren Ausbau nach Kiel in 2026 abgeschlossen sein wird, bietet eine hervorragende Verkehrsanbindung. Im Dreieck zwischen Kiel, Bad Segeberg und Neumünster sind die Wege kurz“, sagt Harald Krille, Bürgermeister von Trappenkamp. Das neue Gewerbegebiet ist laut Krille auch besonders für Unternehmen geeignet, die auf Familienfreundlichkeit setzen – ein wichtiger Aspekt für die Attraktivierung des ländlichen Raums: „Trappenkamp bietet als Bildungsstandort von Kinderkrippen über seine große Gemeinschaftsschule bis hin zur Erwachsenenbildung ein breites Angebot zum lebenslangen Lernen. Innovative Betriebe der Umwelttechnik, Metallverarbeitung, Elektronik und Mineralwasserproduktion prägen das wirtschaftliche Umfeld“, so Krille.
Der Gewerbepark in Trappenkamp
© Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft des Kreises Segeberg mbH
Unternehmenspark im Hansebelt, Kreis Ostholstein
Das größte Gewerbegebiet mit verfügbaren Flächen im nördlichen Ostholstein ist der Unternehmenspark im Hansebelt, der im dritten Quartal 2024 offiziell eröffnet wird. „Das Gewerbegebiet liegt unmittelbar an der A1 und ist optimal an die überregionale Verkehrsanbindung Hamburg-Kopenhagen durch die kommende feste Fehmarnbelt-Querung angeschlossen. Auf deutscher Seite ist das Gewerbegebiet das Sprungbrett in den skandinavischen Raum“, sagt Dirk Bremken, Geschäftsbereichsleiter Gewerbegebiete & -zentren von der Entwicklungsgesellschaft Ostholstein mbH (EGOH). Ein Großteil der Gewerbeflächen ist bereits an die E-Gruppe aus Herne verkauft. Generell ist laut EGOH die Flächennachfrage in den vergangenen Jahren in Ostholstein überdurchschnittlich gestiegen. Die Herner Unternehmensgruppe hat die Gewerbeflächen nach eigenen Angaben bereits vollständig vermietet und einen Überhang an Mietanfragen. „Es handelt sich überwiegend um Unternehmen, die den skandinavischen Markt im Blick haben – ein Beleg für die Chancen der festen Fehmarnbelt-Querung“ so Bremken weiter. Zu künftigen Mietern gehöre unter anderem die Firma Delticom, die von der Gemeinde Gremersorf den skandinavischen Markt bedienen will. „Wir erwarten die größte Nachfrage nach Gewerbeflächen, sobald die Verkehrsanbindung durch den Tunnel steht. Die Planungszeiträume der Unternehmen sind naturgemäß viel kürzer als die Realisierungszeiträume von öffentlichen Bauprojekten“, erklärt Bremken.
Blick auf den Unternehmenspark im Hansebelt im Kreis Ostholstein
© EGOH
Quartier Frederikspark, Kreis Segeberg
Auch in der NORDGATE-Region nimmt die Nachfragesituation nach neuen Gewerbeflächen wieder Fahrt auf – trotz spürender Nachwirkungen durch Coronakrise, von Materialknappheit und gestiegenen Baupreisen. Der 200.000 Quadratmeter große Frederikspark in Norderstedt ist branchenübergreifend auf Handwerk und Mittelstand ausgerichtet – auch als Pendant zum Grundstücksangebot im Nordport, wo internationale Unternehmen die Nähe zum Hamburger Flughafen suchen. „Aktuell stehen uns noch knapp 5,2 Hektar Gewerbeflächen im Frederikspark mit Baurecht zur Verfügung, wobei wir uns für mehrere Teilflächen bereits in Abstimmungsprozessen mit interessierten Unternehmen befinden“, sagt Martin Brüdigam von der EGNO - Entwicklungsgesellschaft Norderstedt mbH. Auch kleinere Flächen seien aktuell noch zu haben. Durch zahlreiche Ansiedlungen habe sich bereits ein guter Unternehmensmix etabliert. Die Vorzüge des Quartiers liegen laut Brüdigam vorrangig in der guten Anbindung an A7 und ÖPNV sowie an der Nahversorgung. „Zudem gibt es im Frederikspark bereits Symbiosen aus alt und neu, Wohnen und Gewerbe mit nachbarschaftlichem Charme“, so Brüdigam.
Das Quartier Frederikspark in Norderstedt
© EGNO/C. Döring
Virtuelle Einblicke in Gewerbestandorte
Auf der Website des Hansebelt e.V. bietet eine interaktive Karte einen schnellen Überblick über ausgewählte Gewerbeflächen, um eine erste Orientierung zu ermöglichen. Mit 360-Grad-Ansichten lassen sich potenzielle Standorte virtuell erkunden.
Auf der Website des Hansebelt e.V. bietet eine interaktive Karte einen schnellen Überblick über ausgewählte Gewerbeflächen, um eine erste Orientierung zu ermöglichen. Mit 360-Grad-Ansichten lassen sich potenzielle Standorte virtuell erkunden.
© Hansebelt e.V.
Gewerbepark Semiramis, Hansestadt Lübeck
In der Hansestadt Lübeck sind Gewerbeflächen traditionell knapp. „Die Anfragen nach Flächen übersteigen die Verfügbarkeit jährlich um ein Vielfaches. Allein bis zum Juni dieses Jahres gab es bei der Wirtschaftsförderung Lübeck Anfragen für insgesamt über 71 Hektar“, sagt Dirk Gerdes, Geschäftsführer der KWL GmbH & Wirtschaftsförderung Lübeck GmbH. Damit der Wirtschaftsstandort Lübeck handlungs- und lieferfähig bleibt, entwickelt die städtische Entwicklungsgesellschaft KWL GmbH unter anderem im Lübecker Gewerbepark Semiramis neue Flächen für Unternehmen. In einem ersten Abschnitt entstehen dort rund 34 Hektar neue Flächen, ein zweiter Bauabschnitt mit rund 30 Hektar soll folgen. Das Flächenangebot richte sich an einen guten Mix zukünftiger Nutzer, der durch Parzellierungsmöglichkeiten flexibel sei. Der Flächenmix besteht laut Gerdes aus bis zu acht sogenannten Handwerkergrundstücken, zwölf mittelgroßen Gewerbeflächen sowie vier großen Gewerbeflächen. Als erstes Unternehmen hat sich der internationale Verpackungshersteller Sonoco im Gewerbepark Semiramis angesiedelt, der aktuell eine rund 22.000 Quadratmeter große Produktions- und Logistikimmobilie bezieht. Außerdem haben ein Lübecker Garten- und Landschaftsbauunternehmen und ein nordeuropäischer Hersteller und Großhändler von medizinischen und Industriegasen Gewerbeflächen erworben. Der neue Gewerbepark zeichne sich durch mehrere Aspekte aus. „Dazu zählt die Nähe zur Autobahn A 20 mit der Anschlussstelle Lübeck Genin. Weiterhin besteht eine gute Anbindung an die bereits in den Gewerbegebieten Genin-Süd und Genin ansässigen Unternehmen, sodass für deren eigene Expansion aber auch für potenzielle Dienstleister oder Zulieferer neue Gewerbeflächen angeboten werden können“, sagt Gerdes. Die KWL hat den Gewerbepark nach den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen mit Silber-Label zertifiziert und hat somit diverse Nachhaltigkeitskriterien erfüllt.
Beim Spatenstich in Gewerbegebiet Semiramis: Lübecks Wirtschaftssenatorin Pia Steinrücke, KWL-Chef Dirk Gerdes, Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau, Bernhard Hebbelmann von dem Unternehmen Depenbrock und Lübecks Bausenatorin Joanna Hagen (von links)
© John Garve
Gewerbegebiet Grabauer Ruhm, Kreis Herzogtum Lauenburg
Unweit von Schwarzenbek im Kreis Herzogtum Lauenburg befindet sich der Gewerbepark Grabauer Ruhm. Nach dem ersten Spatenstich 2021 entstanden auf rund zwölf Hektar an der B207 Gewerbeflächen mit einer guten Verkehrsanbindung. „Bislang sind drei Flächen mit insgesamt rund 32.000 Quadratmeter verkauft. 7,5 Hektar sind noch verfügbar mit Platz für circa 14 Unternehmen, je nach Zuschnitt der Flächen“, sagt WFL-Geschäftsführerin Michaela Bierschwall. Das Gewerbegebiet punkte bei Unternehmen vor allem durch eine gute infrastrukturelle Anbindung an das Bundesfernstraßennetz und durch einen Branchenmix aus Produktion, Handel, Dienstleistung und Handwerk. Auch im Kreis Herzogtum Lauenburg gibt es seitens der Wirtschaft großen Bedarf an Gewerbeflächen: „Die Nachfrage nach Flächen ist da, in den vergangenen Jahren mussten Anfragen abgelehnt werden“, so Bierschwall.
Gewerbegebiet Grabauer Ruhm
© Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Kreis Herzogtum Lauenburg mbH
Minerva-Park Nord, Kreis Stormarn
Das bundesweit erste länderübergreifende Gewerbegebiet ist der 5,6 Hektar große Minerva Park in der Gemeinde Stapelfeld – parallel ist auf Hamburger Seite der Victoria Park entstanden. Eine Besonderheit ist auch die einheitliche Gestaltungssatzung für beide Gebiete. „Diese sieht hohe Anforderungen an die bauliche Qualität und die Parkraumgestaltung vor. Beide Gebiete sind von der DVWE mit einem Gold Zertifikat versehen worden“, sagt WAS-Geschäftsführer Ulf Hahn. Ein Großteil der Flächen ist noch frei, so der Chef der Wirtschaftsförderung. Dabei seien die Flächen von 3.500 bis 20.000 Quadratmeter frei parzellierbar. Auf einer bereits veräußerten Fläche sei bereits ein großer hochwertige Gewerbe- und Technologiepark geplant. Zu weiteren Flächen führe die WAS zurzeit Gespräche. „Welche Unternehmen in den Technologiepark ziehen, steht noch nicht fest. Zielbranchen sind Life Science, Maschinenbau, IKT und Elektronik“, so Hahn.
Der Minerva-Park Nord in Stapelfeld
© Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn mbH
Benjamin Tietjen
Juli 2024
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Benjamin Tietjen