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Resilienz ist Trumpf
Frühling 2020: Durch die Coronakrise erleidet das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland einen historischen Einbruch. Während viele Unternehmen sich wieder aufrappeln, haben andere noch immer stark mit den finanziellen Auswirkungen zu kämpfen. Welche Betriebe sind besonders betroffen, wie helfen die Banken, und was ist heute bei der Finanzierung zu beachten?
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Ein Unternehmen, das im richtigen Moment die richtigen Hebel umgelegt hat, ist die insign-media GmbH in Henstedt-Ulzburg. Die Werbeagentur war schlagartig von der Krise betroffen, denn viele ihrer Kunden sparten in der Schockstarre zuallererst bei der Werbung. “Wir haben kurzzeitig die Investitionen gestoppt und die Kosten minimiert. Gleichzeitig haben wir mehr Energie in das Entwickeln von Lösungen gesteckt. Die frei gewordenen Kapazitäten im Marketing haben wir für das eigene Unternehmen genutzt”, sagt Geschäftsführer Kai Lorenzen. Durch eine schnelle Produktionsumstellung und die Entwicklung neuer Produkte konnte die Agentur den Verlust von Aufträgen kompensieren. Kurzerhand produziert das Unternehmen jetzt Spuckschutzwände und Desinfektionssäulen.
Zugegeben, nicht alle Unternehmen konnten in der Krise so agil reagieren. Fest steht jedoch: Mit Flexibilität, Geschäftsumstellung und Weitsicht konnten sich in den vergangenen Monaten viele Betriebe über Wasser halten. “Aus unserer Sicht beurteilen wir die Lage der von uns betreuten Unternehmen als den Umständen entsprechend gut. Wichtig ist jedoch, dass die Wirtschaft weiterhin wieder anläuft und wir einen zweiten Lockdown verhindern. Wir erwarten keinen Insolvenzanstieg in der Breite”, sagt Bernd Jäger, Vorstandsmitglied der Sparkasse Mittelholstein. Eines der wichtigsten Instrumente während der Krise für die Wirtschaft seien nach wie vor die Inanspruchnahme und das Bedienen von Krediten, wie Axel Franke, Leiter der Commerzbank Mittelstandsbank Niederlassung Schleswig-Holstein, herausstellt: “Wir haben vor allem zu Beginn der Coronakrise einen deutlich höheren Kreditbedarf unserer Firmenkunden gesehen. Das betraf alle Formen von Finanzierungen: syndizierte Kredite, bilaterale Finanzierungen, Nutzung der KfW-Programme und auch die Ziehung bestehender Linien. Diese Tendenz hat unverändert Bestand, jedoch hat sich das Ziehungsvolumen wieder reduziert.” Mittlerweile sei die Lage am Markt wieder relativ entspannt, was zum großen Teil an den Hilfspaketen der Regierung liege, so Mirco Haack, Leiter der Firmenkundenbank der Dithmarscher Volks- und Raiffeisenbank eG: “Sowohl der Bund als auch das Land haben schnell und unkompliziert Gelder zur Verfügung gestellt. Der Sommer diente sicherlich auch dazu, dass in den meisten Betrieben wieder relativ gute Umsätze generiert werden konnten.”
© insign-media GmbH
Krisenfeste Strukturen
Während etwa das Baugewerbe und Teile des Handels sich besser behaupten konnten, haben die Gastronomie und das Kultur- und Veranstaltungsgewerbe mit den Auswirkungen hart zu kämpfen. Doch ein differenzierter Blick lohnt. Denn was genau macht ein Unternehmen überhaupt krisenfest? Professorin Dr. Ute Vanini vom Institut für Controlling an der Fachhochschule Kiel beschäftigt sich bereits seit einiger Zeit mit dem Verhalten von Betrieben in Krisen. “Bei der Covid- 19-Krise handelt es sich um einen eruptiven, extern verursachten Schock, der nicht nur einzelne Unternehmen, sondern ganze Volkswirtschaften trifft”, so Vanini. Aufgrund der Erfahrungen vieler Unternehmen zum Beispiel mit dem Sars-Virus handle es sich bei diesem Risiko nicht um ein völlig neuartiges, sogenanntes Black-Swan-Risiko, das Betriebe völlig unvorbereitet treffe, sondern eher um ein seltenes Ereignisrisiko. Krisenfeste beziehungsweise resiliente Unternehmen seien solche, die sich schnell auf neue Herausforderungen einstellen könnten und über ausreichend Ressourcen verfügten, um die negativen Folgen über einen gewissen Zeitraum abzufedern.
„Resiliente Unternehmen weisen ein anpassungsfähiges Management und eine ausgeprägte Unternehmenskultur mit einer starken Ausrichtung auf Transparenz, Eigenverantwortung und Lösungsorientierung auf “, so Vanini. Ebenso entscheidend sei ein diversifiziertes Geschäftsmodell, sodass Firmen auf neue Produktbereiche ausweichen könnten - wie es etwa bei der insignmedia GmbH der Fall war. Resiliente Betriebe besitzen laut Vanini finanzielle oder sonstige Reserven. Sprich: Sie verfügen nicht nur über eine überdurchschnittliche Eigenkapitalquote, sondern beispielsweise auch über zusätzliche Lagerbestände, um Lieferengpässe eine Zeit lang zu überbrücken. Zu guter Letzt haben robuste Unternehmen laut Vanini “flexible Organisationsstrukturen und können ihre Produktion oder ihren Vertrieb relativ schnell anpassen. Auch ein hoher Digitalisierungsgrad hat vielen Unternehmen etwa bei der Umstellung auf das Homeoffice sehr geholfen.”
Digitalisierung nutzen
Die Schieflage vieler Unternehmen stellte auch die Banken vor Herausforderungen: Schnell mussten sich die Kreditinstitute auf die neue Situation einstellen. “Bei uns in der Sparkasse haben wir schnell eine Taskforce gebildet: Wir haben innerhalb kurzer Zeit rund 550 Gespräche geführt. Die Summen an Liquiditätshilfen und Tilgungsaussetzungen sind deutlich unter unseren ersten Erwartungen geblieben”, berichtet Bernd Jäger über die erste Zeit der Krise, die von großer Unsicherheit geprägt war, da die Förderungen noch nicht feststanden. Aber auch heute, ein halbes Jahr später, sollten Unternehmen ihre Kosten konsequent auf den Prüfstand stellen, so die einhellige Meinung der Experten der Banken. Jäger zufolge sollten drei Aspekte im Vordergrund stehen: “Unternehmen sollten variable Kosten etwa durch Kurzarbeit möglichst runterfahren, Fixkosten senken und die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen.” Bei der Kostenreduzierung könne auch eine Ratingberatung herangezogen werden. “Über sogenannte Peergroup-Vergleiche können wir den Kunden Hinweise zur Verbesserung ihrer Kennzahlen geben, die teilweise auch Hinweise auf Kostensenkungspotenziale geben”, erklärt Axel Franke.
Risikopuffer behalten
Für ein gut aufgestelltes Liquiditätsmanagement empfiehlt Mirco Haack grundsätzlich einen Blick in die Zukunft: “Eine optimale Finanzierungsstrategie orientiert sich immer an der Nutzungsdauer der finanzierten Investitionen. Den Hilfskrediten steht ja im Regelfall keine Investition gegenüber”, so Haack. Wichtig sei, dass Unternehmen soweit möglich einen finanziellen Risikopuffer behalten, um künftige Szenarien abzudecken. Generell gelte: “Notwendige Investitionen sollte man dennoch durchführen, aber bei einigen Investitionen sollte man sich besser überlegen, ob man diese eventuell erst nach der Krise realisiert.”
Benjamin Tietjen
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