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"Überschuss ist Gemeinschaftsleistung"
Monika Heinold ist Finanzministerin des Landes Schleswig-Holstein.
© Olaf Bathke
Wirtschaft: Erstmals seit 50 Jahren schreibt das Land wieder schwarze Zahlen. Wie dankbar sind Sie der Wirtschaft für die sprudelnden Steuereinnahmen?
Monika Heinold: Sehr! Schleswig-Holstein war 2013 neben Bayern das einzige westdeutsche Flächenland mit einem Haushaltsüberschuss. Dieser Etappenerfolg war eine große Gemeinschaftsleistung. Die Unternehmerinnen und Unternehmer hatten daran einen wichtigen Anteil. So hat sich gerade das Aufkommen bei der Körperschaftssteuer sehr gut entwickelt. Aber auch bei der Lohn- und der Umsatzsteuer hatten wir hohe Zuwächse. Das war nur möglich, weil wir steigende Löhne hatten - und sogar einen leichten Zuwachs bei den Beschäftigtenzahlen. Als Politik können wir den Rahmen für die Haushaltskonsolidierung setzen und mit Steuermitteln sparsam umgehen. Aber erwirtschaftet werden schwarze Zahlen letztendlich nur von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die zur Wertschöpfung beitragen und ehrlich ihre Steuern zahlen.
Zur Person Monika Heinold ist seit 2012 Finanzministerin Schleswig-Holsteins. Die Politikerin von Bündnis90/Die Grünen ist seit 1996 Mitglied des Landtags, unter anderem war sie Parlamentarische Geschäftsführerin, stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses, Mitglied der Arbeitsgruppe "Haushaltsprüfung" des Finanzausschusses und Mitglied des Sozialausschusses. |
Wirtschaft: Was tun Sie, damit sich dieser Trend verstetigt?
Heinold: Wir haben in Schleswig-Holstein nicht nur die strengste, sondern auch die klügste Schuldenbremse aller Länder, weil wir die Haushaltsplanung nicht mehr vom Auf und Ab der Steuerschätzungen abhängig machen. Stattdessen kalkulieren wir langfristig mit einem niedrig geschätzten Aufwuchs bei den Steuereinnahmen. Jeder Euro Steuern, den die Konjunktur dann zusätzlich in die Kasse spült, geht eins zu eins in die Senkung der Neuverschuldung. Damit haben wir den Kreislauf früherer Regierungen durchbrochen, die jede gute Steuerschätzung sofort zum Anlass nahmen, neue strukturelle Mehrausgaben zu beschließen. Zugleich arbeiten wir daran, das strukturelle Defizit, das wir immer noch haben, Jahr für Jahr weiter zu senken. Wichtigster Teil ist der Personalabbau in der Landesverwaltung um zehn Prozent bis 2020. Spätestens dann wollen wir die dauerhafte schwarze Null schaffen. Und dann geht es daran, den Schuldenberg systematisch abzutragen.
Wirtschaft: Die Rahmenbedingungen für die schleswig-holsteinische Wirtschaft werden immer schlechter. Wie lange kann das haushälterisch noch gut gehen?
Heinold: Ich teile als Grüne manche Kritik der Wirtschaft, etwa an dem zukunftsvergessenen Rentenpaket der Großen Koalition in Berlin. Die schwarz-roten Wahlgeschenke von heute sind die höheren Lohnnebenkosten von morgen. Ein besonders sensibler Punkt ist in Schleswig-Holstein immer auch die Verkehrsinfrastruktur. Wir leiden darunter, dass der Norden über Jahrzehnte bei der Mittelverteilung hintanstehen musste: Stichwort Nord-Ostsee-Kanal, Stichwort Rader Hochbrücke. Wir leiden auch darunter, dass sich erst langsam die Regel "Erhalt statt Neubau" durchsetzt, wie wir am Zustand unserer Landesstraßen sehen. Manche Kritik der Wirtschaft finde ich allerdings auch ein wenig unfair. Wenn wir etwa an die Befürchtungen rund um den A-7-Ausbau denken oder an den vermeintlich zu langsamen Weiterbau der A 20, gerät dabei leicht aus dem Blick, dass wir hier anpacken, was Sie selbst gefordert haben. Übrigens im Gegensatz zu unserer schwarz-gelben Vorgängerregierung. Da gab es zwar immer viel rhetorisches Lametta, aber es rollte kein einziger Bagger. Dass die Rahmenbedingungen schlechter werden, kann ich also nicht erkennen. Das widerlegen im Übrigen auch die guten Daten des IHK-Konjunkturklimaindexes. Es geht aufwärts mit der Wirtschaft in Schleswig-Holstein. Gerade deshalb sollten wir unseren Blick scharf stellen auf die großen Herausforderungen, die wir nur zusammen bewältigen können: Das ist einerseits die Sicherung unseres Fachkräftebedarfs und andererseits ein gesellschaftliches und politisches Klima, in dem wir noch mehr Menschen zum Schritt in die Selbstständigkeit ermutigen als bisher. Wir wollen ein Land sein, in dem jeder eine Chance bekommt und seine guten Ideen verwirklichen kann. Da wünsche ich mir noch engeren Austausch und mehr Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik.
Wirtschaft: Neben historischen Rekordeinnahmen stehen Sie auch für eine historisch niedrige Investitionsquote. Wann geht es wieder aufwärts? Wären zehn Prozent nicht sinnvoll?
Heinold: Die zu niedrige Investitionsquote schmerzt mich sehr - gerade angesichts des Sanierungsstaus, den wir im Hoch- und Tiefbau haben. Auch ich würde lieber eine Zehn vor dem Komma sehen. Aber zur Ehrlichkeit gehört, dass die Schuldenbremse das für längere Zeit nicht zulässt. Unser Landeshaushalt hat durch die hohen Personalausgaben, Pensionslasten und Zinsausgaben nur sehr wenig freie Mittel. Wann immer wir Spielräume sehen, stecken wir Geld in die Sondervermögen für den Hochschulbau und für die Verkehrsinfrastruktur. Wir stehen aber auch dazu, dass wir einen klaren Schwerpunkt bei Bildung setzen. Wir treiben den U3-Ausbau voran, sichern den Fortbestand der Schulsozialarbeit, steigern die Forschungsausgaben und lassen mehr Lehrer im Schulsystem, als es die Vorgängerregierung plante. Das sind Ausgaben, die sich nicht in der Investitionsquote niederschlagen. Aber sie sind wichtig, gerade auch für die Wirtschaft. Das Kind, das gut gefördert wird, ist der Ingenieur, den die Betriebe in zwei Jahrzehnten händeringend suchen werden.
Wirtschaft: In Opposition haben Sie die HSH-Rettungspakete kritisiert. Jetzt schnüren Sie selbst welche. Wie wichtig ist die Landesbank denn noch?
Heinold: Ich habe kein neues Rettungspaket geknüpft, sondern mich mit Hamburg zusammen dafür eingesetzt, innerhalb des bestehenden Rettungsmechanismus den Garantieschirm über der HSH wieder von sieben auf zehn Milliarden Euro aufzuspannen. Hintergrund war, dass die Bank mit Billigung der damaligen Landesregierung Teile der Ländergarantie voreilig zurückgegeben hatte, um einen Teil der Garantiegebühren zu sparen, die sie an den gemeinsamen Finanzfonds von Hamburg und Schleswig-Holstein zahlen muss. Diese Garantie hat aber eine ganz wichtige Funktion, weil sie die Kapitalquote der Bank deutlich erhöht. Als wir 2012 die Regierung übernahmen, stellten wir fest, dass die HSH drohte, bei der Kapitalquote die regulatorischen Mindestanforderungen zu unterschreiten. Die Lage war sehr ernst, wir mussten entschlossen handeln. Das haben wir getan.
Über die Frage, wie wichtig Landesbanken sind, könnten wir lange philosophieren. Fakt ist: Wir haben eine Landesbank und wir werden sie noch lange haben. Die Altlasten drücken nach wie vor schwer auf die Bilanz und die anhaltende Krise im Schifffahrtsmarkt stellt die Bank unverändert vor große Herausforderungen. Das lenkt davon ab, dass die HSH als Bank für Unternehmer durchaus Erfolge im Neugeschäft verbucht. Wir wollen eine HSH, die dem Mittelstand als Partner auf Augenhöhe begegnet. Ich weiß, dass die HSH sich anstrengen muss, um verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Aber gerade deshalb werbe ich bei schleswig-holsteinischen Unternehmern dafür, ihr eine Chance zu geben. Schließlich sind sie Steuerzahler. Es ist also auch ihre Bank.
Über die Frage, wie wichtig Landesbanken sind, könnten wir lange philosophieren. Fakt ist: Wir haben eine Landesbank und wir werden sie noch lange haben. Die Altlasten drücken nach wie vor schwer auf die Bilanz und die anhaltende Krise im Schifffahrtsmarkt stellt die Bank unverändert vor große Herausforderungen. Das lenkt davon ab, dass die HSH als Bank für Unternehmer durchaus Erfolge im Neugeschäft verbucht. Wir wollen eine HSH, die dem Mittelstand als Partner auf Augenhöhe begegnet. Ich weiß, dass die HSH sich anstrengen muss, um verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Aber gerade deshalb werbe ich bei schleswig-holsteinischen Unternehmern dafür, ihr eine Chance zu geben. Schließlich sind sie Steuerzahler. Es ist also auch ihre Bank.
Interview Michael Legband
Veröffentlicht am 3. Juli 2014
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Peter Weltersbach