Baltic Business Angels Schleswig-Holstein

In Start-ups investieren, von Netzwerken profitieren

Die Baltic Business Angels Schleswig-Holstein vereinen private Investoren, die junge innovative Unternehmen unterstützen. Im Interview berichtet der Vorstand, warum sich das gleich in mehrfacher Hinsicht lohnt.
IHK-Magazin
Was sind die Ziele des Vereins?
Julian von Hassell
Der Baltic Business Angels Schleswig- Holstein e. V. ist ein Verein von Start-up-Privatinvestoren. Anders als in anderen Bundesländern gibt es in Schleswig-Holstein nur uns als Verein, was aus Investorensicht viele Vorteile mit sich bringt. Wir finanzieren uns aus Mitgliedsbeiträgen und Fördermitgliedschaften institutioneller Partner. Außerdem erhalten wir über die WTSH europäische EFRE-Mittel in Form eines wertvollen materiellen wie immateriellen Supports. Der Wirtschaftsminister unseres Landes ist qua Satzung automatisch Mitglied unseres Vorstands. Wir investieren in Start-ups aus dem DACH-Raum, den Nordics und Baltics sowie Israel. Derzeit zählen wir gut 50 Mitglieder. Wir sind Mitglied des Bundesverbands Business Angels sowie des European Business Angel Networks.
In welche Unternehmen investieren die Baltic Business Angels bevorzugt?
Claas Nieraad: Wir investieren in lohnende frühphasige Start-ups, die in der Regel über ein eigenes, auf Marktbedarf hin validiertes Pilotprodukt verfügen und einen ersten Track Record, also Pilotkunden, vorweisen können. Die Gründer sollten nicht mehr als fünf Millionen Euro als Pre-Money-Unternehmensbewertung (Bewertung vor dem Investment) aufrufen und über einen hinreichend großen, nachhaltig wachsenden Markt verfügen, in dem sie ein nachfragegerechtes Alleinstellungsmerkmal besitzen. Hinsichtlich der Branchen und Geschäftsmodelle sind wir in jede Richtung offen. Da wir als Business Angels jeweils selten mehr als 100.000 Euro investieren, finden sich in unseren Reihen allerdings wenig Investoren, die sich an sehr kapitalintensiven Technologien wie Lifesciences, BioTech oder MedTech beteiligen. In digitale Gesundheitsapplikationen und -services dagegen investieren wir häufiger. Gern sehen wir es, wenn unsere Zielunternehmen INVEST-förderfähig sind. Dabei handelt es sich um ein Förderprogramm für Angels, die in innovative Start-ups investieren.
Mit welchen Maßnahmen unterstützen Sie junge Unternehmen dann genau?
Norma Jensen: Bei den Business Angels spricht man von den zwei Flügeln der „Engel“: dem Kapitalflügel und dem Mentoringflügel. Bei letzterem unterstützen wir mit Kunden- und Investorenkontakten und außerdem mit- Pro-bono-Beratung. Hinzu kommen Unternehmer-Angels aus der Industrie, die ihren Beteiligungen die eigenen Maschinen und Anlagen zur Verfügung stellen, damit dort ohne die Last hoher Kapitalkosten Pilotprodukte entwickelt oder Nullserien vom Band laufen können.
Gibt es Voraussetzungen, um den Baltic Business Angels beizutreten?
Norma Jensen: Die meisten unserer Mitglieder sind aktive Unternehmerinnen und Unternehmer. Daneben gibt es einige mittelständische Manager und leitende Angestellte aus Konzernen. Grundsätzlich kann bei uns jeder reguläres Mitglied werden, der wirtschaftlich in der Lage ist zu investieren. Wen wir nicht so gern in unseren Reihen sehen, sind Aufnahmeinteressierte in eigenakquisitorischer Absicht, also etwa Consultants, die unsere Mitglieder oder die bei uns pitchenden Start-ups beraten wollen. Wir treffen uns sechsmal im Jahr zu Veranstaltungen. Dabei handelt es sich um vier sogenannte Matching-Events, bei denen sechs Start-ups pitchen können. Hinzu kommen zwei Impulsabende, bei denen unsere Mitglieder zu einem aktuellen Thema in Form von Podiumsdiskussionen oder Keynotes gesellig zusammenkommen. Der Höhepunkt unseres Maßnahmenjahres ist eine Masterclass. Dabei halten Expertinnen und Experten unsere Mitglieder zu wichtigen Themen unserer “Branche” auf dem Laufenden. Der erste Impulsabend wird mit der Mitgliederversammlung und das vierte Matching-Event mit der Masterclass kombiniert. Mitglieder, die keine Gelegenheit zu einer physischen Teilnahme haben, können an den meisten Veranstaltungen remote teilnehmen.
Inwiefern können Investoren profitieren?
Julian von Hassell: Als Business Angel muss man nicht Mitglied eines Vereins wie dem unseren sein. Der Grund, warum Angels in aller Regel dennoch in einem Verein Mitglied sind, liegt darin, dass auch frühphasige Start-ups meist mehr Kapital benötigen, als von einem Angel allein bereitgestellt werden kann. In so einer Situation werden die Investments von zwei oder mehreren Angels gemeinsam geleistet; sie werden „syndiziert“. Syndikate bildet man als Angels ungern mit Investoren, die man nicht kennt, denn auch Co-Investoren können für den Erfolg des eigenen Investments ein Risiko darstellen. Angel-Vereine machen es also möglich, gleichgesinnte und/oder komplementär passende Investoren kennenzulernen, um dann mit ihnen gemeinsam bei Start-ups einsteigen zu können.
Interview: Benjamin Tietjen