3 min
Lesezeit
Saubere Energiebilanz
Ein Lübecker Großhandel für Industriebedarf hat seine Energieversorgung zukunftstauglich gemacht. Der Betrieb gewinnt nun einen Großteil der Energie, die er verbraucht, selbst. Die Investition hat sich gelohnt - auch weil die Kunden es gut finden.
Geschäftsführer Dirk Reetz vor dem Firmengebäude der Störmann GmbH & Co. KG in Lübeck
© Philipp Aissen
Dem neuen Betriebsgebäude der Stöhrmann GmbH & Co. KG im Süden Lübecks sieht man auf den ersten Blick nicht an, wie nachhaltig es gebaut ist. Zwei ineinander verschachtelte Kuben verbindet ein umlaufendes rotes Vordach. Darunter prangt der rote Schriftzug des Firmenlogos. Der technische Großhandel versorgt Industrie, Handwerk und öffentliche Hand mit Arbeitskleidung, Schutzausrüstung und technischen Artikeln. Was ihn so besonders macht, liegt zum Beispiel auf dem Flachdach des vor anderthalb Jahren fertiggestellten Gebäudes.
Hier erzeugt eine Fotovoltaikanlage bis zu 30 Kilowatt peak Strom. Die so gewonnene Energie wird für die Eigennutzung bereitgestellt oder in Tesla-Speichern gepuffert. Die restliche Dachfläche ist als Gründach Dämmung und Lebensraum. Das Haus wurde nach dem KfW-Standard 55 gebaut, verbraucht also nur 55 Prozent der gesetzlichen Referenz für Neubauten. Im Inneren steuern smarte Sensoren Heizung und Beleuchtung nach Bedarf. Auf dem Parkplatz warten Ladesäulen auf die Wagen der Firmenflotte, die nach und nach auf Elektro- und Hybridantrieb umgestellt wird.
Geschäftsführer Dirk Reetz reagiert fast verwundert auf die Frage, warum er das neue Firmengebäude nach einem Energiekonzept gebaut hat, das weit über den gesetzlichen Vorgaben liegt. “Wir müssen uns der Zukunftsverantwortung stellen”, sagt er. “Viele meiner 25 Mitarbeiter haben Kinder. Es ist doch auch deren Zukunft.” Und was die gesetzlichen Vorgaben angeht, so ist er überzeugt, dass das “kommen wird, so oder so”. Deshalb empfiehlt er, bei Umbaumaßnahmen an Unternehmensgebäuden oder Neubauten Fotovoltaikanlagen, Ladestationen und Energiesparmaßnahmen einzuplanen. “Auch wenn Sie sie noch nicht bauen: Legen Sie zum Beispiel Kabelkanäle dafür.”
To-do-Liste
Der Wandel begann für ihn mit einer To-do-Liste, die vom neuen Bürostuhl bis zu Digitalisierungsprojekten 120 Punkte umfasste. Dirk Reetz erstellte sie 2014, als er die alleinige Geschäftsführung übernahm. Aus der Liste wurde das Zukunftsprogramm “Fit for future”, das Ziele definierte, die bis 2020 erreicht werden sollten. “Damals stand noch nicht einmal fest, dass wir neu bauen würden.” Und dass er mit seinen Nachhaltigkeitszielen, von denen das Unternehmen die meisten bereits umgesetzt hat, einen Nerv treffen würde, wusste er auch noch nicht. Reetz würde sich wünschen, dass die Politik solches Engagement mehr einfordert, denn „Freiwilligkeit allein reicht nicht“. Um es auch zu belohnen und eine Chancengleichheit herzustellen, schlägt er vor, dass Firmen eines Tages mehr oder weniger Gewerbesteuer zahlen - je nachdem, wie groß oder klein ihr ökologischer Fußabdruck ist.
Doch auch ohne politische Anreize hat sich das Engagement für ihn ausgezahlt - nicht nur durch gesunkene Energiekosten. Geschäftspartner fragen zunehmend, was das Unternehmen für Nachhaltigkeit tut. Und “Fit for future” hat sogar schon den ein oder anderen Kunden angelockt.
Friederike Grabitz
Veröffentlicht am 27. Januar 2021
Kontakt
Benjamin Tietjen