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Heißbegehrter Energieträger
Auf dem Gelände der Abfallwirtschaft Rendsburg-Eckernförde GmbH (AWR) startete 2021 die Produktion von Pflanzenkohle. Viele Experten erhoffen sich davon einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz.
In der Anlage wird Holzabfall verarbeitet und der daraus entstehende Kohlenstaub in Big Bags aufgefangen.
Von außen sieht die erste Carbonisierungsanlage in Schleswig-Holstein ziemlich unspektakulär aus: Die gesamte Technik ist in einem 40-Fuß-Container untergebracht. Wer aber genauer hinschaut, ermisst schnell, wie technisch komplex die Verkohlung von frischer Biomasse zu Pflanzenkohle (auch “Biokohle“) tatsächlich ist. Zudem kann es bei hohen Außentemperaturen im Container sehr heiß werden, arbeitet das Verfahren doch mit Prozesstemperaturen von 750 bis 800 Grad Celsius. “Wir haben über 15 Jahre Erfahrung in der Entwicklung innovativer Verfahren gesammelt. Ausgehend von der herkömmlichen Pyrolyse haben wir ein neues Verfahren mit partieller Oxidation entwickelt und für den Einsatz in der Praxis optimiert“, sagt Malte Graf.
Er ist Geschäftsführer der Carbo Force GmbH in Preetz, die ihre Carbonisierungsanlage (“Biochar“) inzwischen zur Serienreife gebracht hat. Graf ist nach jahrelangen Vorarbeiten froh darüber, dass die erste, rund 1,1 Euro Millionen Euro teure und vom Land Schleswig-Holstein mit geförderte Anlage auf dem Gelände der AWR in Borgstedt nun zeigt, dass es funktioniert - und sich für den Betreiber obendrein auch rechnet.
Malte Graf, Carbo Force GmbH
© Dierk Jensen, Carbo Force
Die Carbonisierungsanlage verarbeitet holzige Abfallfraktionen aus geschreddertem Knickholz, das eine Lohnunternehmung aus der Region liefert. Am Ende des Prozesses entsteht ein feinkörniger Kohlenstaub, der in Big Bags aufgefangen wird. Das Endprodukt ist wahrlich kein Ladenhüter; es wird zu unterschiedlichen Kunden, etwa einem Milchviehhalter, verfrachtet. Die Nachfrage sei höher als das Angebot, das Graf mit einer Jahresproduktion von rund 750 Tonnen angibt. Als Input werden dafür über das ganze Jahr gerechnet rund 2.400 Tonnen holzige Trockenmasse verwendet. “Während die bisherigen Pyrolyseverfahren durch indirekte Erwärmung über Wärmetauscher enorme Mengen Energie verbrauchen, ist es mit unserer Technologie möglich, aus den Reststoffen zusätzlich Energie zu gewinnen“, sagt Graf.
© Carbo Force
So fallen bei einer Anlage mit einer Prozessleistung von einem Megawatt und einem erstaunlich niedrigen Strombedarf von rund acht Kilowatt Leistung nach seiner Aussage rund 450 Kilowatt Abwärme an, die sinnvoll weiterverwertet und bei einem Wärmepreis von 2,5 Cent pro Kilowattstunde erste Erlöse erzielen. Der größte Umsatz erziele man aber durch den Verkauf der heißbegehrten Pflanzenkohle. Die Preise pro Tonne liegen aktuell bei circa 550 Euro. Zudem winken mit dem Verkauf von CO2 -Zertifikaten weitere Einnahmen, wird doch eine Tonne karbonisierte Biomasse mit einer CO2 -Reduzierung von 3,6 Tonnen bewertet. Bei steigenden Preisen im Emissionshandel winken zukünftigen Betreibern von Carbonisierungsanlagen lukrative Perspektiven. Zwei weitere Anlagen in Schleswig-Holstein sind schon im Bau.
Veröffentlicht am 31. Januar 2022
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Dr. Klaus Thoms