Nachhaltiges Wirtschaften

Grüne Vorbilder

Der voranschreitende Klimawandel zwingt Politik und Wirtschaft zu handeln. Wer in seinem Unternehmen auf Nachhaltigkeit setzt, schont nicht nur das Klima, sondern stellt sich auch zukunftsfähig auf. Drei Betriebe zeigen, wie nachhaltiges Wirtschaften funktionieren kann.
Wind weht im Küstenland Schleswig-Holstein fast immer - besonders in der kalten Jahreszeit. Trotzdem stehen die Windkraftanlagen oft still. Der Grund: Es wird nicht so viel Strom benötigt, wie die Anlagen produzieren könnten. Als Konsequenz müssen diese abgeschaltet werden, damit das System nicht überlastet. Das möchte die encentive GmbH in Wahlstedt ändern, indem sie Angebot und Nachfrage von regenerativem Strom ausgleicht.
Das Unternehmen hat das Ziel, den Verbrauch flexibel zu gestalten und an die schwankende Stromproduktion anzupassen. “Wir sind der Meinung, dass eine CO2 -freie Energieerzeugung ohne flexiblen Verbrauch nicht erreicht werden kann“, sagt Daniel Ehnes. Gemeinsam mit seinen Kommilitonen Sascha Greve und Torge Lahrsen sowie Sebastian Gajek, Professor an der Hochschule Flensburg, entwickelte der studierte Energietechnikingenieur einen auf künstlicher Intelligenz basierenden Algorithmus, der Energieversorgern einen flexiblen Vertrieb von erneuerbaren Energien ermöglicht.
Ehnes macht das anhand eines Beispiels deutlich: Ein Supermarkt, der sein Kühl- und Wärmesystem optimieren wolle, könne von der Technologie des Start-ups profitieren. “Aufgrund von bestehenden Daten können wir nachvollziehen, dass der Supermarkt zwischen 12 und 13 Uhr viel Strom verbraucht. Gleichzeitig liegt zu diesem Zeitpunkt der Strompreis auf einem hohen Niveau. Durch unsere Software, die an die Wärmepumpen und Kältemaschinen angebunden ist, verschieben wir den Verbrauch auf einen Zeitpunkt, an dem der Strom günstiger ist. Da Temperatur träge reagiert, ist es häufig egal, ob eine halbe Stunde früher oder später gekühlt oder geheizt wird.“ Das Geschäftsmodell: Der Energieversorger bezahlt encentive, weil er günstig Strom handeln kann, und das Start-up gibt den Profit an den Endkunden für die Kooperation weiter.
Aus Mist und Gülle Gas zum Antrieb der Landmaschinen herzustellen, ist ein Ansatz, den die Blunk Gruppe in Rendswühren im Kreis Plön in Erwägung zieht. Mist und Gülle werden in der Landwirtschaft seit jeher als Dünger verwendet. Die Idee: Biogasanlagen sollen damit gespeist werden, um Gas herzustellen, das zum Antrieb der Landmaschinen verwendet werden kann.
“Ein Nebenprodukt nutzen, um Energie zu gewinnen. Nachhaltiger geht es gar nicht“, sagt Henrik Blunk, der die kaufmännischen Geschäfte der Gruppe führt. „Unsere Vision ist, unseren Kraftstoff für den eigenen Bedarf zu produzieren.“ In Zukunft möchte das Unternehmen neue Kraftstoffe für ihre Lkw und Traktoren testen. “Wir möchten Diesel- gegen Gasmotoren oder Wasserstoffantrieb austauschen, aber die Technik ist leider noch nicht so weit“, sagt Jochen Blunk, der gemeinsam mit seinem Vater Jogi Blunk das operative Geschäft leitet. Das Familienunternehmen mit 230 Mitarbeitenden ist Dienstleister im Agrar- und Umweltbereich. Das Portfolio von Blunk reicht von der Rüben- und Maisernte über das Aufforsten von Wäldern bis hin zur Hackholzschnitzelproduktion für nachhaltige Wärmeerzeugung. “In allen Tätigkeitsbereichen versuchen wir, emissionsarm und energieeffizient zu arbeiten. Selbst als es noch keine Förderungen von der Politik gab, haben wir schon auf möglichst umweltverträgliche Verfahren gesetzt und neue Prototypen getestet“, sagt Jogi Blunk, der den Betrieb 1982 gegründet hat.
Bei Wärme und Strom setzt das Unternehmen auf Selbstversorgung: Ihren Hauptsitz Rendswühren heizt es seit sieben Jahren mit Holzhackschnitzeln, einem eigentlichen Abfallprodukt, das bei der Knickpflege entsteht. Und Fotovoltaikanlagen auf den Firmengebäuden versorgen die Büros und Werkstätten mit Strom. Zudem beliefert das Unternehmen mehr als 80 Haushalte der Gemeinde Honigsee im Kreis Plön mit grüner Wärmeenergie, die es als Abwärme aus einer Biogasanlage gewinnt. Diese erzeugt elektrische Energie, die dem Bedarf von über 5.000 Haushalten entspricht. Über all das berichtet die Gruppe in den sozialen Netzwerken. “Damit wollen wir für mehr Transparenz in der Landwirtschaft sorgen“, erklärt Jochen Blunk. Auf ihren Kanälen erreicht die Gruppe fast 30.000 Follower. ”Unsere Öffentlichkeitsarbeit ist sicher ein Grund, weshalb der Fachkräftemangel bei uns kein Thema ist“, ergänzt sein Bruder.
Das Lübecker Unternehmen Storebest GmbH & Co. KG heizt seinen Betrieb ebenfalls selbst - zum Teil, indem es die Abwärme, die während der Produktion entsteht, speichert und für die Fußbodenheizung zweier Hallen verwendet. Storebest richtet die Verkaufsräume großer Lebensmitteleinzelhandelsketten ein. Dafür fertigt der Betrieb etwa Metallkomponenten für Regale und Kassentische. “2017 haben wir zwei neue Hallen mit Fußbodenheizung gebaut. Gleichzeitig wollten wir die Kühlung unserer Maschinen neu konzipieren“, sagt Oswald Blaschke. Der Prokurist leitet die Bereiche Einkauf und Materialwirtschaft. “Ich hatte schon länger die Idee, die Abwärme der Maschinen zu nutzen, um die neuen Hallen zu heizen. Gemeinsam mit der Kohlhoff Gebäudetechnik GmbH in Lübeck haben wir das dann umgesetzt.“
Konkret funktioniert das so: In den Metallbearbeitungsmaschinen befindet sich Hydrauliköl, das sich während des Betriebs erhitzt. Damit das Öl nicht zu heiß wird, muss es gekühlt werden. Das geschieht, indem sich Kühlflüssigkeit in einem Wärmetauscher erwärmt. Eine Pumpe entzieht dieser Flüssigkeit die Wärme. Anschließend läuft die erkaltete Kühlflüssigkeit zurück zu den Maschinen. Die entzogene Wärme erhitzt das Wasser für die Fußbodenheizung. Dieses fließt in einen Pufferspeicher und wird daraus mit der richtigen Temperatur in die Fußbodenheizung eingespeist. “Vorher haben wir die Abwärme in die Halle abgeführt. Sie können sich vorstellen, wie heiß das - vor allem im Sommer - für die Mitarbeiter war“, so Blaschke.
Aenne Boye
Veröffentlicht am 31. Januar 2022