Energiesparen

Augen auf für Potenziale

2018 lagen die Strompreise für deutsche Mittelständler an der Spitze der Europäischen Union. Für viele Unternehmen sind die Energiekosten eine ernste Herausforderung: Dr. Volker Gehr von der Steinbeis Papier GmbH, Jan Eschke von der Worlée Chemie GmbH und Jan Peters vom Landhaus Gardels haben der Wirtschaft gezeigt, wie sich Energiekosten nachhaltig einsparen lassen.
Für Steinbeis Papier in Glückstadt ist Energieeffizienz längst kein Neuland mehr. In den 70er-Jahren startete das Unternehmen seine "Papierwende". Die Idee: Die Herstellung hochwertiger Papiere muss möglich sein, ohne wertvolle Ressourcen wie Wasser, Energie und Holz intensiv zu nutzen.
Die Rechnung ging auf. "Heute sind wir eine der modernsten Recyclingpapierfabriken in Europa", sagt Geschäftsführer Dr. Volker Gehr. "Energie ist bei uns extrem wichtig. Nach unserem zentralen Rohstoff - 100 Prozent Altpapier - steht der Energieverbrauch an zweiter Stelle."
Was das bedeutet, zeigt eine Investition im Jahr 2010: "Ein neues Kraftwerk für 100 Millionen Euro ist keine Kleinigkeit." Zum Vergleich: Steinbeis hat in etwa einen Jahresumsatz von 180 Millionen Euro. "Dank dieser Investition haben wir unseren CO₂-Ausstoß halbiert. Wir arbeiten nun mit Ersatzbrennstoffen und Abfällen aus dem Umland", erklärt Gehr.
Im Unternehmen kümmert sich eine Energiemanagerin um die zentralen Prozesse. "Wir haben unzählige Messstellen installiert, um erst einmal zu sehen, wo wir einsparen können." So seien etwa auch die Druckluftsysteme nicht zu unterschätzen. Das Auffinden von Leckagen spiele eine wichtige Rolle, so Gehr. Dank des Kraftwerks kann das Unternehmen 100 Prozent des benötigten Wasserdampfes selbst erzeugen.
Die Stromerzeugung liegt dagegen bei 50 Prozent. "Das war eine bewusste Entscheidung. Dank der Kraft-Wärme-Kopplung und unserem Fokus auf der Dampferzeugung können wir einen Wirkungsgrad von 87 bis 89 erzielen." Das entspricht dem Dreifachen einer normalen Müllverbrennungsanlage.
Strom selbst produzieren
Ein Unternehmen mit einer langen Tradition ist das Landhaus Gardels in St. Michaelisdonn. In fünfter Generation leiten Jan Peters und seine Frau Claudia den Familienbetrieb in Dithmarschen.
"Uns gibt es bereits seit 1882. Seit damals hat sich natürlich eine Menge getan", sagt Peters, der vor 21 Jahren den Betrieb übernahm. "Wir sind ein Hotel mit 50 Zimmern. Wir brauchen im laufenden Betrieb viel Energie. Da ist es für die Kostenseite entscheidend, sich rechtzeitig Gedanken zu machen."
Und das hat der Geschäftsführer getan: "Heizen war immer schon ein großes Thema für uns. Als der alte Gaskessel kaputtging, habe ich mich umgehört, was es für Alternativen gibt. So sind wir zu unseren ersten Blockheizkraftwerken gekommen", erzählt Peters.
In den folgenden Jahren wurde dann das energieintensive Schwimmbad zugeschüttet und durch eine moderne Saunalandschaft ersetzt. "Durch den Austausch unserer Wärmepumpe gegen zwei weitere Blockheizkraftwerke 2008 und fünf neue Warmwasserspeicher konnten wir dann unseren Energieverbrauch nochmals um ein Drittel reduzieren."
Neben einer Fotovoltaikanlage 2011 war das größte Projekt der Austausch der alten Küche im Jahr 2014. "Die Küche ist einer der größten Energiefresser in so einem Betrieb. Wir sind von Gas auf einen vollelektrischen Betrieb umgestiegen und können so unsere Eigenproduktion an Strom im Haus optimal nutzen", erklärt Peters.
Die vielen Einzelmaßnahmen aufeinander abzustimmen sei das Schwierigste gewesen. Damit alle Systeme und Maßnahmen miteinander optimal zusammenarbeiten, waren Messpunkte und auch externes Know-how notwendig. "Für ein altes Hotel ist das ein echter Aufwand, doch langfristig zahlt er sich aus."
Wärmeverluste vermeiden
Auch für Worlée Chemie in Lauenburg und Lübeck ist Energieeinsparung längst Teil der Unternehmensstrategie. "Wir engagieren uns bereits seit Jahren in diesem Bereich. Einsparungen spielen eine wichtige Rolle, doch auch der Klimaschutz ist uns ein wichtiges Anliegen", erklärt Jan Eschke, Prokurist des Unternehmens.
So ist Worlée Chemie auch Mitglied in der Exzellenzinitiative Klimaschutz-Unternehmen e. V., einem Zusammenschluss von Unternehmen in Deutschland, die Vorreiter bei Klimaschutz und Energieeffizienz sein wollen.
Der Physiker Eschke ist bereits seit 26 Jahren im Betrieb. "Ich kenne hier die meisten Prozesse und schaue immer, ob wir irgendwo noch besser werden können." Worlée arbeitet viel mit Wärme. "Unsere Heizung funktioniert mit Thermalöl. Dieses hat eine Temperatur von etwa 300 Grad. Wärmeverluste sind hier natürlich ein großes Thema", so Eschke.
Eine bessere Isolierung der Reaktionsbehälter hat dem Unternehmen jährlich etwa zehn Prozent des Gasverbrauchs gespart. "An solche Lösungen kommt man nur durch langsames Herantasten. Es muss wirtschaftlich bleiben."
So konnten die Pumpen, die das Thermalöl an den Verbraucher bringen, erst isoliert werden, als ein neuer Typ erhältlich war. "Hätten wir vorher isoliert, wären unsere Techniker im Wartungsfall nicht mehr an die Dichtungen gekommen." Je länger man sich mit dem Thema beschäftige, desto komplexer würden die Maßnahmen, so Eschke. "Als wir anfingen, konnten wir schnell große Erfolge erzielen. Mittlerweile sind größere Investitionen unabdingbar, um weiterzukommen."
Dennoch: Solche Investitionen müssten in einem wirtschaftlichen Verhältnis zum Ergebnis stehen. Wichtig sei es zudem, die Mitarbeiter bei dem Thema einzubinden, davon ist Eschke überzeugt. So beschäftigt Worlée eine Energiemanagerin und lässt Auszubildende zu Energiescouts weiterbilden.
"Das ist ein anhaltender Sensibilisierungsprozess. Umweltschutz und Ressourcenschonung setzen Mitarbeiter voraus, die mit wachen Augen durch das Unternehmen gehen und Einsparpotenziale erkennen", so Eschke, der früher selbst Energiemanager im Unternehmen war. "Natürlich muss man bei großen Maßnahmen manchmal den Zeitraum über den üblichen Investitionshorizont hinaus betrachten", gibt Eschke zu bedenken. Zuletzt gelte es, das Ganze nicht aus dem Blick zu verlieren und die Maßnahmen effektiv aufeinander abzustimmen.
René Koch
Veröffentlicht am 5. Februar 2019