Gewerbebau in Schleswig-Holstein

Architektur als Visitenkarte

Die Ansprüche an Industriebauten haben sich geändert: Statt auf Zweckmäßigkeit zu setzen, sehen immer mehr Unternehmen in der Architektur ein wichtiges Element ihrer Firmenidentität, mit dem sie bei Kunden wie auch bei Mitarbeitern punkten können. Eine Ausstellung des BDA zeigt gelungene Beispiele aus Schleswig-Holstein.
"Gewerbebauten? Zweckmäßig und bloß nicht zu teuer." So war noch vor einigen Jahren der Anspruch vieler Unternehmer. Und so zeigen sich auch viele Industriegebiete in Deutschland von ihrer eher nüchternen Seite: austauschbare Gebäude, von denen kaum eines aus dem Rahmen fällt. Gab man sich noch vor 100 Jahren mit Industriearchitektur besonders viel Mühe, rückte das lange Zeit eher in den Hintergrund.
Doch die Zeiten und Ansprüche ändern sich. Das zeigt die Wanderausstellung des BDA Schleswig-Holstein "Arbeitsorte - Architektur für Industrie und Gewerbe in Schleswig-Holstein", die 21 Bauten im Norden vorstellt. "Sie belegen beispielhaft, dass gute Architektur auch in Gewerbegebieten ihren Bauherrn, ihren Nutzern und ihrer Umgebung einen Mehrwert bietet", sagt Jan O. Schulz, Landesvorsitzender des BDA. Die Ansprüche haben sich verändert, bestätigt auch Christian Schmieder, Architekt der Kieler Schmieder.Dau.Architekten.GmbH, die das Firmengebäude des Kieler Unternehmens Zöllner Signal entwarf, eines der 21 in der Ausstellung vorgestellten Gebäude. "Vielen Unternehmen ist bewusst geworden, dass ein attraktiv gestaltetes Firmengebäude für die Außendarstellung wichtig ist und einen Teil der Corporate Identity darstellt." Es finde ein Umdenken statt: weg vom reinen Zweckbau. Dabei müsse der Mehrwert nicht unbedingt teurer sein.
Raum für Kommunikation
Bei dem 2009 erbauten Gebäude von Zöllner sei es darum gegangen, eine zeitlose Gestaltung zu wählen, die Transparenz schaffte und in der sich die Mitarbeiter wohlfühlten. Von außen wirkt das Gebäude eher unspektakulär: zwei "übereinandergestapelte Baukörper", im Erdgeschoss ist die Produktion untergebracht, oben Verwaltung und Entwicklung. Im Innern erschließt sich der Gedanke der Transparenz: Glas und Holz schaffen Helligkeit und Wärme. Ein verglaster Innenhof als verbindendes Element lässt Sichtachsen entstehen.
"Das neue Gebäude ist ein Riesenfortschritt, besonders für die interne Kommunikation", sagt Geschäftsführer Dr. Philipp Murmann. Bei der Planung wurde etwa auf das Einbinden von Teeküchen geachtet, die heute Raum für viele Besprechungen der 140 Mitarbeiter bieten. Wichtig sei eine flexible Nutzung der Räume gewesen. "Die Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen. Ein Gebäude soll auch Identität stiften", so Murmann. Hinzu kommt: "Wenn man Hightech verkaufen will, hilft es auch, mit einem modernen Gebäude zu argumentieren."
Auch das 2009 errichtete Gießereigebäude der Firma Friedrich Köster in Heide wird in der BDA-Ausstellung vorgestellt. Bei der Planung seien vor allem funktionelle Punkte beachtet worden, so Geschäftsführer Torsten Jansen. Schließlich gebe es bei einer Eisengießerei erhebliche Auflagen durch das Bundesimmissionsschutz-Gesetz. 60 Mitarbeiter arbeiten in der Gießerei, 200 am Standort Heide. Dennoch fällt das Gebäude durch seine nicht alltägliche "Haut" aus halbdurchlässigem Streckgitter auf, ein Vorschlag des Architekten Jörn Steinwender, der auch andere Bereiche des Unternehmens geplant hat. Damit sollte dem Gebäude eine "besondere Wirkung" nach außen verliehen werden. "Neben dem Internet- oder Messeauftritt spielt der erste Eindruck bei Geschäftspartnern, die teilweise aus der ganzen Welt anreisen, eine wichtige Rolle", so Jansen. Das Gebäude werde so zu einer Art "Visitenkarte".
Vorreiter Dänemark
Eine Visitenkarte stellt auch der Neubau des Baustoffhandels Jacob Sönnichsen in Lübeck dar. Die Lübecker Niederlassung von Jacob Cement ist ein zweigeschossiges Gebäude mit Glasfassade und hohen Räumen mit Verbindungsbrücken. Hier finden Beratung und Verkauf statt. Der Weg ins und im Haus wurde als räumliche "Schneise" angelegt. Sie soll eine Verbindung zwischen Erdgeschoss und Obergeschoss schaffen, erläutert Architekt Axel Waltje vom Büro Asmussen und Partner aus Flensburg. Der Kunde soll sich schließlich nicht nur unten umsehen, sondern auch den Weg in die oberen Schauräume finden. Eine besondere Herausforderung an die Gestaltung, so Waltje.
Die hohe Qualität der Gestaltung soll die hohe Qualität der Produkte und der Beratung widerspiegeln, so die Anforderung des Kunden. "So setzt sich das Unternehmen auch architektonisch von Baumärkten ab." Auch Waltje hat beobachtet, dass die Ansprüche an Architektur in Industriegebieten gestiegen sind. In Dänemark habe man diesen Trend schon lange sehen können. "Immer mehr Kunden verstehen, dass ihre Firmengebäude auch eine Werbung fürs Unternehmen sein können."
Nathalie Klüver
BDA-Ausstellung
Die Wanderausstellung "Arbeitsorte - Architektur für Industrie und Gewerbe in Schleswig-Holstein" gastiert noch an folgenden Orten:
Büdelsdorf: Rondo, Ahlmannkai 29. August bis 13. September 2014
Kiel: Rathaus, Fleethörn 9 19. September bis 2. Oktober 2014
Veröffentlicht am 3. September 2014