Fachkräftesicherung

Zahlen, Daten und Fakten zur Fachkräftesituation in Schleswig-Holstein

Der Arbeitsmarkt im Wandel

Für den wirtschaftlichen Erfolg, die Innovationskraft und die Standortattraktivität unserer Region stellt die Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Fachkräften eine bedeutende Voraussetzung dar. Doch seit einigen Jahren fällt es vielen Unternehmen immer schwerer, geeignete Bewerberinnen und Bewerber für offene Stellen und Ausbildungsplätze zu finden.
Zwar ist die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (1.056.500 in 2024) durch eine steigende Erwerbsbeteiligung und Zuwanderung auf einem historischen Höchststand in Schleswig-Holstein, dennoch wächst seit einigen Jahren die Konkurrenz der Unternehmen um gut ausgebildete Fachkräfte. Sie spüren schon jetzt die drastischen Folgen einer Bevölkerungsentwicklung, obwohl wir noch an deren Anfang stehen. Der Arbeitskräftemangel wird sich laut der Arbeitsmarktprojektion 2035 für Schleswig-Holstein (Christensen et al. 2024) zwischen den Jahren 2022 und 2035 verzehnfachen.

Der Fachkräftemangel entwickelt sich zum größten Geschäftsrisiko für Unternehmen

Der Fachkräftemangel stellt zum zweiten Quartal 2024 das größte Geschäftsrisiko der befragten Unternehmen in Schleswig-Holstein dar. Damit bewerten die Unternehmen den Fachkräftemangel häufiger als Geschäftsrisiko als die Energie- und Rohstoffpreise oder die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Während in der Vergangenheit vor allem in einzelnen Branchen Arbeits- und Fachkräfte fehlten, ist der Fachkräftemangels mittlerweile branchenübergreifend zum Geschäftsrisiko geworden. 66 Prozent der befragten Betriebe aus der Industrie, 65 Prozent der Betriebe aus der Baubranche, 60 Prozent aus dem Handel und 62 Prozent aus der Dienstleistungsbranchen geben im Rahmen der IHK-Konjunkturumfrage im vierten Quartal 2023 an, dass der Fachkräftemangel ein Geschäftsrisiko sei.
Betrachtet man die Entwicklung der Geschäftsrisiken im Zeitverlauf, nimmt die Relevanz des Fachkräftemangels mit Ausnahme des Zeitraums der Corona-Pandemie seit dem Jahr 2012 stetig weiter zu. Der Arbeitsmarkt hat sich in dieser Zeit immer weiter zum Arbeitnehmermarkt entwickelt. Dieser charakterisiert sich durch eine Verschiebung des Verhältnisses offener Stellen und der Anzahl potenziell geeigneter Fachkräfte. Diese Marktverhältnisse stärken die Verhandlungsposition von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Unternehmen rücken so mehr und mehr in einen aktiven Wettbewerb um Fachkräfte.
Quelle: Konjunkturumfrage IHK-Schleswig-Holstein, 2. Quartal 2024

Die Ruhestandswelle kommt in Rollen

Dies ist nicht zuletzt auf die zunehmende Wissensintensität von Berufen und auf die bevorstehende Ruhestandswelle der Babyboomer-Generation zurückzuführen. Wie die Altersstruktur zeigt, bilden die heute 55- bis 64-jährigen Frauen und Männer einen überproportionalen Anteil an der Gesamtbevölkerung in Schleswig-Holstein. Bis zum Jahr 2035 werden voraussichtlich über 100.000 Menschen in Schleswig-Holstein den Arbeitsmarkt altersbedingt verlassen. Diese Menge an Beschäftigen, die in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen werden, kann bei weitem nicht durch die geburtenschwächeren jüngeren Jahrgänge ausgeglichen werden, die jetzt und zukünftig auf den Arbeits- und Ausbildungsmarkt nachrücken.
Dabei ist jedoch von großen regionalen Unterschieden in der Bevölkerungsentwicklung auszugehen. Während die meisten Gemeinden in Schleswig-Holstein bis 2020 noch Einwohner dazugewinnen konnten, wird die Bevölkerungszahl laut einer regionalisierten Vorausberechnung des Statistikamtes Nord bis 2040 um etwa zwei Prozent zurückgehen. Entgegen des Trends werden die Gemeinden im Hamburger Umland, Kiel und Flensburg weiter wachsen, während die Bevölkerungszahl in den Landkreisen Dithmarschen, Steinburg und Ostholstein um 8 bis 9 Prozent schrumpfen wird. Diese Entwicklungen werden sich drastisch auf die regionale Verfügbarkeit von Fachkräften auswirken und stellen für Unternehmen einen bedeutenden Standortfaktor dar.

Ein Blick in die Zukunft

Diese Entwicklung bestätigen auch die Ergebnisse der Arbeitsmarktprojektion 2035 für Schleswig-Holstein (Christensen et al. 2024). Laut der Studie wird die Gesamtarbeitskräftelücke in Schleswig-Holstein von 34.065 Personen im Jahr 2022 auf 326799 Personen bis zum Jahr 2035 ansteigen. Angesichts der "bereits heute in der Öffentlichkeit wahrgenommenen Arbeitskräftelücke ist also mit einer spürbaren Verschärfung der Engpass-Probleme zu rechnen” (Christensen et al. 2024). Dies liegt zum einen am Rückgang des Arbeitsangebotes von 2025 bis zum Jahr 2035 um schätzungsweise 101.055 Personen. Zum anderen wird von einer erhöhten Nachfrage nach Arbeitskräften im Land ausgegangen. Hier sei künftig von einem Anstieg um 135.592 Personen zu rechnen. Entsprechend dieses Szenarios würde sich der Nachfrageüberhang zwischen den Jahren 2025 und 2035 in Summe also um 236.647 Personen erhöhen.

Vor allem beruflich qualifizierte Fachkräfte fehlen

Bei aktuell knapp über einer Million sozialversicherungspflichtig Beschäftigter in Schleswig-Holstein stellen 326799 fehlende Fachkräfte knapp ein Drittel des Arbeitsmarktes zum heutigen Stand dar.
Laut der Arbeitsmarktprojektion machen beruflich ausgebildete Fachkräfte mit insgesamt über 200.000 fehlenden Personen den größten Teil der prognostizierten Gesamtarbeitskräftelücke aus. Bei Spezialisten und Experten beträgt die prognostizierte Lücke bis zum Jahr 2035 jeweils knapp unter 40.000 Personen in Schleswig-Holstein. Die Entwicklung zeigt, dass dem Arbeitsmarkt vor allem beruflich gebildete Menschen auf dem mittleren Qualifikationsniveau fehlen werden und die Fachkräftesicherung maßgeblich von der Attraktivität und Leistungsfähigkeit des dualen Systems der Berufsausbildung abhängig ist.