IHK zu Lübeck

Verfahrensordnung des Schlichtungsausschusses

Die Industrie- und Handelskammer zu Lübeck erlässt aufgrund des Beschlusses des Berufsbildungsausschusses vom 23. Juni 2009 als zuständige Stelle nach § 9 in Verbindung mit § 79 Abs. 4 Berufsbildungsgesetz (BBiG) vom 23. März 2005 (BGBl. I, Seite 931), zuletzt geändert durch Artikel 9 b des Gesetzes vom 7. September 2007 (BGBl. I, Seite 2246), folgende Verfahrensordnung des Schlichtungsausschusses.

§ 1 Errichtung und Zusammensetzung

Die IHK zu Lübeck errichtet gem. § 111 Abs. 2 ArbGG einen Ausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis innerhalb des Kammerbezirks.
(2) Ein Ausschuss setzt sich aus je einem Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zusammen. Im Fall des § 10 Abs. 2 muss eine Stellvertreterin oder ein Stellvertreter berufen werden.
(3) Die Mitglieder des Ausschusses werden von der Kammer für höchstens fünf Jahre berufen. Für die Berufung legt der Berufsbildungsausschuss Vorschläge vor.
(4) Die Mitglieder üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Für bare Auslagen und für Zeitversäumnis wird eine Entschädigung gewährt.

§ 2 Zuständigkeit

(1) Der Ausschuss entscheidet über Streitigkeiten
  • aus einem bestehenden Ausbildungsverhältnis
  • über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Ausbildungsverhältnisses
  • aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Ausbildungsverhältnis im Zusammenhang stehen.
(2) Die Zuständigkeit des Ausschusses entfällt, wenn das Ausbildungsverhältnis unstreitig nicht mehr besteht.
(3) Die Geschäftsstelle entscheidet über die Nichtzuständigkeit des Ausschusses.

§ 3 Vorsitz

Den Vorsitz übernimmt ein Mitglied des Ausschusses nach vorausgegangener Verständigung
oder nach Losentscheid. Der Vorsitz leitet die Sitzung.

§ 4 Beschlüsse

Sprüche und Beschlüsse bedürfen der Stimmen beider Ausschussmitglieder. 

§ 5 Anrufung des Ausschusses

(1) Der Ausschuss wird nur auf Antrag der Auszubildenden oder des Auszubildenden oder des
Ausbildenden tätig. Ist die Antragsstellerin oder der Antragssteller minderjährig, so kann der
Antrag nur von den gesetzlichen Vertretern gestellt werden.
(2) Der Antrag ist bei der Geschäftsstelle der Kammer schriftlich einzureichen oder mündlich
zu Protokoll zu geben. Die Geschäftsstelle gibt den Antrag unverzüglich dem Ausschuss
zur Kenntnis.

§ 6 Inhalt des Antrags

(1) Der Antrag soll enthalten:
  • die Bezeichnung der Beteiligten (Antragsstellerin oder Antragssteller und Antragsgegnerin oder Antragsgegner)
  • ein bestimmtes Antragsbegehren
  • eine Begründung des Antragsbegehrens
  • die Unterschrift der Antragsstellerin oder des Antragsstellers
(2) Bei unvollständigen oder unklaren Anträgen wirkt die Geschäftsstelle auf Ergänzung oder
Richtigstellung hin.

§ 7 Ladung und Zustellung

(1) Die Geschäftsstelle setzt den Verhandlungstermin fest und beruft den Ausschuss ein. Sie
lädt die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung durch Postzustellungsurkunde und ordnet
in der Regel ihr persönliches Erscheinen an.
(2) Der Antragsgegnerin oder dem Antragsgegner ist die Ladung mit einer Ausfertigung des
Antrags zuzustellen. Es ist der Antragsgegnerin oder dem Antragsgegner anheimzustellen,
zu dem Antrag bereits vor dem Schlichtungstermin schriftlich Stellung zu nehmen.
(3) Bei minderjährigen Beteiligten sind auch deren gesetzliche Vertreter zu laden.
(4) Die Beteiligten sind in der Ladung auf die Folgen ihres Nichterscheinens (§ 17) sowie auf
die Zulässigkeit einer Vertretung (§ 8) hinzuweisen.
(5) Die Ladungsfrist beträgt mindestens eine Woche.

§ 8 Bevollmächtigte

Die Beteiligten können die Verhandlung vor dem Ausschuss selbst führen oder sich vertreten
lassen. Für die Vertretung gilt § 11 Abs. 2 ArbGG.

§ 9 Öffentlichkeit

(1) Die Verhandlung vor dem Ausschuss ist nicht öffentlich.
(2) Der Ausschuss kann Personen zur Verhandlung zulassen, wenn diese ein berechtigtes
Interesse nachweisen.

§ 10 Ablehnung des Vorsitzes und der beisitzenden Person

(1) Der Vorsitz und die beisitzende Person können von den Beteiligten wegen Besorgnis der
Befangenheit zu Beginn der Sitzung gem. § 42 ZPO abgelehnt werden.
(2) Die Entscheidung über die Befangenheit fällt der Ausschuss mit der Geschäftsstelle; hierbei
darf die betroffene Person nicht mitwirken. Liegt Befangenheit vor, ist eine Stellvertreterin
oder ein Stellvertreter zu berufen.

§ 11 Verfahren vor dem Ausschuss

(1) Den Beteiligten ist ausreichend Gehör zu gewähren. Während des Verfahrens soll eine
gütliche Einigung angestrebt werden. Das Verfahren ist so schnell wie möglich durchzuführen.
(2) Der Vorsitzende soll die der Aufklärung der Streitigkeit dienenden Beweismittel in die Verhandlung einbeziehen. Bildet der Ausbildende nicht selbst aus, kann das persönliche Erscheinen der mit der Ausbildung beauftragten Person angeordnet werden.
(3) Eine Beeidigung der Beteiligten, Zeugen oder Sachverständigen ist unzulässig. Zur Entgegennahme von eidesstattlichen Versicherungen ist der Ausschuss nicht berechtigt.

§ 12 Vertagung

Falls für die Aufklärung des Streitfalles ein weiterer Verhandlungstermin erforderlich ist, kann
der Ausschuss die Vertagung der Verhandlung beschließen. Mit dem Beschluss über die Vertagung ist zugleich der neue Verhandlungstermin festzusetzen; der Ausschuss soll nach Möglichkeit in gleicher Besetzung zusammentreten.

§ 13 Abschluss der Verhandlung

Die Verhandlung kann abgeschlossen werden durch:
  • gütliche Einigung (§ 14 Vergleich);
  • einstimmigen Spruch des Ausschusses (§ 15);
  • die Feststellung des Ausschusses, dass weder eine Einigung noch ein Spruch möglich war (§ 16);
  • Säumnisspruch (§ 17);
  • Rücknahme des Antrages, die vom Ausschuss festzustellen ist. 

§ 14 Vergleich

Ein vor dem Ausschuss geschlossener Vergleich ist unter Angabe des Tages seines Zustandekommens von den Mitgliedern des Ausschusses und den Beteiligten zu unterzeichnen.

§ 15 Spruch

(1) Sofern das Verfahren keine anderweitige Erledigung findet, hat der Ausschuss einen einstimmigen Spruch zu fällen.
(2) Über den Spruch wird in Abwesenheit der Beteiligten beraten. Der Spruch wird im Anschluss daran verkündet. Dabei soll der wesentliche Inhalt der Entscheidungsgründe mitgeteilt werden.
(3) Der Spruch ist unter Angabe des Tages seines Zustandekommens von den Mitgliedern des
Ausschusses zu unterzeichnen. Der Spruch ist schriftlich zu begründen, soweit die Beteiligten hierauf nicht verzichtet haben.
(4) Den Beteiligten ist unverzüglich eine vom Ausschuss unterzeichnete Ausfertigung des
Spruches mit Rechtsmittelbelehrung (§ 20) auszuhändigen oder innerhalb von zwei Wochen durch Postzustellungsurkunde zuzustellen.

§ 16 Nichtzustandekommen eines Spruches

(1) Kommt im Ausschuss keine Entscheidung zustande, sind die Beteiligten durch mündliche
Verkündigung zu unterrichten.
(2) Den Beteiligten ist darüber eine Niederschrift zusammen mit einer Rechtsmittelbelehrung (§
20) auszuhändigen oder innerhalb von zwei Wochen durch Postzustellungsurkunde zuzustellen.

§ 17 Nichterscheinen von Beteiligten im Termin

(1) Erscheint die Antragsstellerin oder der Antragsteller ohne ausreichende Entschuldigung
nicht zum Verhandlungstermin und lässt er sich auch nicht vertreten (Säumnis), so ist auf
Antrag ein Versäumnisspruch dahingehend zu erlassen, dass die Antragsstellerin oder der
Antragsteller mit seinem Begehren abgewiesen wird.
(2) Bei Säumnis der Antragsgegnerin oder des Antragsgegners ist dem Antragsbegehren stattzugeben, sofern die Begründung den Antrag rechtfertigt.
(3) Den Beteiligten ist der Spruch zusammen mit einer Rechtsmittelbelehrung auszuhändigen
oder durch Postzustellungsurkunde zuzustellen. 

§ 18 Kosten

(1) Das Verfahren ist gebührenfrei.
(2) Jeder Beteiligte trägt die ihm durch das Verfahren entstandene Kosten selbst. Zeugen und
Sachverständige sind von demjenigen Beteiligten zu entschädigen, der sie zum Beweis
seiner Behauptung angeboten hat.
(3) Wenn die Regelung des Abs. 2 zu unbilligen Härten führen würde, kann der Ausschuss
durch Spruch eine Kostenentscheidung fällen.

§ 19 Niederschrift

(1) Die Beteiligten erhalten in den Fällen des Nichtzustandekommens eines Spruches eine
Niederschrift über das Ergebnis der Verhandlung.
(2) Die Niederschrift kann von einem Mitglied des Ausschusses oder von einem Protokollführer
aufgenommen werden.
(3) Die Niederschrift muss enthalten:
  • den Ort und Tag des Verhandlungstermins,
  • die Namen des Vorsitzenden, des Ausschussmitgliedes und des Protokollführers,
  • die genaue Bezeichnung des Verfahrens nach den Beteiligten und dem Streitgegenstand,
  • die Angabe der erschienenen Beteiligten sowie die gesetzlichen Vertreter,
  • die wesentlichen Angaben über den Verlauf und das Ergebnis des Termins.
(4) Die Niederschrift ist vom Vorsitz und vom Protokollführenden zu unterzeichnen.

§ 20 Fristen für Anerkennung und Klage

(1) Ein vom Ausschuss gefällter Spruch (§§ 15, 17) wird nur wirksam, wenn er innerhalb einer
Woche nach Aushändigung oder Zustellung anerkannt wird. Die Anerkennung des Spruches kann im Verhandlungstermin schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Ausschusses erklärt werden.
(2) Die Geschäftsstelle der Kammer hat die Beteiligten unverzüglich davon zu unterrichten, ob
der Spruch anerkannt wurde. Bei Nichtanerkennung sind die Beteiligten darauf hinzuweisen, dass eine Klage beim zuständigen Arbeitsgericht nur binnen zwei Wochen nach Aushändigung oder Zustellung des Spruches zulässig ist.
(3) Ein von den Beteiligten anerkannter Spruch besitzt die Rechtskraft eines Urteils. 

§ 21 Zwangsvollstreckung

Aus den Vergleichen, die vor dem Ausschuss geschlossen worden sind (§ 14) und aus Sprüchen des Ausschusses, die von den Beteiligten anerkannt sind, findet die Zwangsvollstreckung
statt, wenn der Spruch von dem Vorsitzenden des Arbeitsgerichts, das für die Geltendmachung
des Anspruchs zuständig wäre, für vollstreckbar erklärt worden ist.

§ 22 Inkrafttreten

Diese Verfahrensordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Mit Inkrafttreten dieser
Verfahrensordnung tritt die bisherige Verfahrensordnung außer Kraft.