Europapolitische Positionen der IHK-Organisation
Die EU im Fokus: Wie sieht die Wirtschaft den Status quo?
Europapolitische Positionen
Mit den Europawahlen im Jahr 2024 ist wichtig, dass die EU „fit for purpose“ ist. Die IHK-Organisation will hierzu ihren Beitrag leisten. Mit ihren europapolitischen Positionen 2023 zeigt die IHK-Organisation Reformbereiche für die EU auf.
Die Top-Forderungen:
- Binnenmarkt: Europas Herzstück verwirklichen, offene Grenzen bewahren
- International: Märkte öffnen, Barrieren abbauen, Lieferketten absichern
- Corporate Social Responsibility: : Nachhaltiges Wirtschaften unterstützen, Gestaltungsspielräume bewahren
- Sustainable Finance: : Finanzierung der Transformation fördern statt erschweren
- EU-Haushalt, NGEU, Wirtschafts- und Währungsunion: Wettbewerbsfähigkeit stärken, Staatsschulden reduzieren
- Unternehmensfnanzierung und Finanzmärkte: Angemessen regulieren, Finanzierung ermöglichen
- Steuern: Standortwettbewerb annehmen, Steuern vereinfachen
- Industrie und Innovation: Technologische Souveränität Europas stärken
- Mittelstandspolitik: KMU als Basis für Wachstum stärken
- Energie und Klima: Europäischen Energiemarkt vollenden, Klimaschutz international vorantreiben
- Umwelt: Effektiver Umweltschutz erfordert Augenmaß
- Verkehr und Mobilität: Wettbewerbsfähigkeit steigern, Integration vorantreiben
- Regional- und Strukturpolitik: Förderung auf Wirtschaftswachstum in den Regionen konzentrieren
- Digitaler Binnenmarkt: Verlässliche Voraussetzungen für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft 4.0 schaffen
- Fachkräftesicherung I: Alle Bildungspotenziale für die Betriebe nutzen
- Fachkräftesicherung II: Beschäftigung und Integration – Erwerbsbeteiligung steigern, Integration unterstützen
- Besseres Recht: Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung an den Grundsätzen von Klarheit, Einheitlichkeit und Praxisnähe ausrichten
- Europäisches Wirtschaftsrecht: Regulierung nicht als Selbstzweck, sondern zielorientiert und verhältnismäßig einsetzen
- Datenschutz: Umsetzung vereinfachen, Durchsetzung vereinheitlichen
- Wettbewerbsrecht: Wettbewerb stärken, Fairness fördern
- Medien und Kommunikation: Informationen gewährleisten, Monopole verhindern
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Resolution des Mittelstands zu Europa – Erklärung der Vollversammlung für ein Europa der Vielfalt, der Chancen, des Miteinanders (2019)
Deutschland profitiert von Europa. Seine Unternehmen und Bürger ebenfalls. Der regionale Mittelstand exportiert jedes Jahr Waren und Leistungen im Wert von über 8 Milliarden Euro in das Ausland, jedes zweite Unternehmen ist außerhalb nationaler Grenzen aktiv. Die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg hat als starker Wirtschaftsstandort ein originäres Interesse an einer stabilen, leistungsfähigen und zukunftsfesten Union. Die Vollversammlung spricht sich daher für ein gemeinsames Europa der Vielfalt, der Chancen und des Miteinanders aus.
1. Europa ist ein Ort für Austausch
Mittelständler, Mitarbeiter und Bürger pflegen Beziehungen in andere Länder. Sie lernen voneinander. Dieser Austausch schafft Verständnis, diesen Austausch gilt es zu fördern. Jede Aktivität von Wirtschaftstreibenden, von Clustern, Schulen, Hochschulen oder Universitäten ist zu befürworten. So kann auch die folgende Generation die Gemeinschaft Europa in allen Facetten entwickeln.
2. Europa ist ein Raum der Vielfalt
Unterschiedliche Nationen bedeuten unterschiedliche Sichtweisen, Erfahrungen und Kompetenzen. Diese Vielfalt ist eine Stärke, diese Stärke wird in den Unternehmen täglich gelebt. Diese Vielfalt gilt es in Europa zu fokussieren. Vom Digitalisierungsgrad der baltischen Länder kann Deutschland beispielhaft lernen, während das System der Beruflichen Bildung ein Beitrag gegen die Jugendarbeitslosigkeit anderer Mitgliedsstaaten sein kann.
3. Europa schafft Freiheit und Chancen
Arbeiten, wo man möchte? Wirtschaften, wo es Chancen gibt? Europa schafft Freiräume, Europa gibt Handlungsoptionen. Der freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen ist im Binnenmarkt so umfassend wie möglich zu gestalten. Schlagbäume waren gestern. Betriebe aller Größen spüren nach wie vor täglich Beschränkungen beim grenzüberschreitenden Verkehr von Personen, Waren, Kapital und Dienstleistungen. Diese Einschränkungen sind auf das Notwendige zu reduzieren und am Bedarf der Unternehmen zu korrigieren.
4. Europa verbindet
Der Austausch von Waren, Kapital, Personen und Leistungen braucht eine starke Infrastruktur. Straßen, Schienen, Stromnetze und Datenwege verbinden Nationen, Wirtschaftsräume und Unternehmen. Diese Netze sind zukunftsfähig zu verbinden und zu stärken. Gleiches gilt für den Transfer von Wissen, Bildung und Know-How. Forschungs- und Verbundprojekte sind konsequent zu fördern, Bildungsinitiativen an einem Benchmark auszurichten, nationale Tourismusinitiativen mit Bezug auf Europa anzureichern. Dann profitieren auch kleine und mittlere Unternehmen verstärkt vom gemeinsamen Wirtschaftsraum.
Für den Erfolg des europäischen Projekts braucht es jetzt …
… Mutiges Handeln
Europa hat Stärken. Der europäische Zusammenhalt garantiert den Wohlstand jedes Einzelnen. Politik, Mittelstand und Bevölkerung sollten gemeinsam an allen Herausforderungen arbeiten und konkret werden. Wir schaffen Perspektiven. Wir packen Missstände an. Wir mäkeln nicht über die Defizite des Anderen.
… Verantwortungsbereitschaft
Wer handelt, trägt Verantwortung. Dieses Prinzip ist in der regionalen Wirtschaft fest verankert. Diese ist die Basis für Stabilität und Sicherheit. Das festigt gegen Krisen, das stärkt den Zusammenhalt. Verantwortungs-bereitschaft darf nicht an nationalen Grenzen oder politischen Zuständigkeitsbereichen enden. Das Zusammenspiel europäischer und nationaler Ministerien und Institutionen ist erfolgskritisch, der Austausch von Politikern und Unternehmern ebenso. Über alle Ebenen hinweg gilt: Schuldzuweisungen sind obsolet, das Abweisen von Verantwortung ebenso. „Geht nicht, gibt‘s nicht.“
Antworten auf die Zukunftsfragen
Worauf konzentriert sich die Gemeinschaft Europa in den kommenden Jahren? Welche Projekte definiert sie, welche schließt sie bewusst aus? Mit welchen Werten und mit welchem Verständnis wollen wir Europa entwickeln? Fernab von operativen Maßnahme und Zielsetzungen: welcher Leitidee folgen wir? Eine solche Idee wird nur dann geboren, wenn sie über die Impulse und Anregungen aus allen Regionen Europas hervorgeht. Dieser Prozess ist zeitlich zu beschränken. Motto: „Keep it simple“. Anknüpfungspunkte für diesen Prozess bieten die Selbstverwaltungen von Wirtschaft und Kommunen sowie das kreative Potenzial von Schülern, Studenten und jungen Berufstätigen.
Packen wir es an! Gemeinsam für den Mittelstand. Gemeinsam für Europa.
IHK-Kampagne “Ja zu Europa!”
Europa ist ein Wirtschaftsraum. Es ist ein Raum zum Leben, ein Raum zum Reisen, ein Raum für Miteinander. Es ist ein Raum des gegenseitigen Austauschs. Europa ist ein Raum für Frieden. Das war es nicht immer.
Dort, wo vor 100 Jahren sich Nationen feindlich gegenüberstanden, gibt es heute freundschaftliche Beziehungen: zwischen Unternehmen, Kommunen, Vereinen, Menschen und Familien. Wir schätzen einander. Wir können uns aufeinander verlassen. Wir lernen voneinander. Gemeinsam sind wir besser.
Diese Botschaft ist keine Selbstverständlichkeit. Und doch wundert man sich, dass es überhaupt diese Standpunktbestimmung braucht. Warum ist diese Standortbestimmung wichtig? Weil es für Frieden und Gemeinsames keine Garantie gibt. Mit der Finanzkrise 2008 kam über die steigende Verschuldung der Staaten Europas etwas in Gang gesetzt: "Geber und Nehmer-Länder", "arm und reich", „Wir und die" wurde letztlich salonfähig.
Als Unternehmer einer starken Wirtschaftsregion irritiert mich diese Auffassung. Schwarzwald, Baar und Heuberg waren schon immer geprägt durch Austausch, Verkehr, Handel, Warenfluss. Wir sind geprägt durch Vielfalt und vom Vertrauen auf unser Können. Unterschiede sind selbstverständlich: in der Leistung von Unternehmen, von Privatpersonen, von Regionen und Ländern. Diese Unterschiede sind wichtig: es zählt schließlich, was man tut. Eine solche Gemeinschaft der Vielfalt kann Europa sein, ein solches Europa wollen wir fordern.
In unserem System der Beruflichen Ausbildung findet sich dieser Gedanke eins zu eins wider. Während die Jugendarbeitslosigkeit in den südlichen Ländern stieg, wuchs der Fachkräftebedarf im deutschsprachigen Raum. Der Austausch zwischen den Ländern wuchs: Ausbildungskooperationen, Welcome-Center, gute Erfolge. Nicht jedes Engagement hat funktioniert: aber wo ist das schon der Fall? Wichtig war voneinander zu lernen, gemeinsam besser zu werden, die Stärken fokussieren. Eine gute Entwicklung für Europa und seine Institutionen.
2019 wollen wir Europa fordern. Wir wollen es mit all seinen Stärken, Können, seiner Vielfalt herausfordern, das Beste zu leisten und sein Bestes zu geben. Wir wollen es aber auch als Union bestmöglich unterstützen und einfordern. 70 Jahre Grundgesetzes sollten Anlass für weniger Kleinstaaterei in den EU-Institutionen sein. Und 100 Jahre nach Gründung der Weimarer Republik geben Anlass Frieden und Stärke des Gemeinsamen in den Fokus zu nehmen. Wir wollen miteinander an allen Herausforderungen arbeiten, nicht übereinander an allen Defiziten mäkeln. Wir wollen gemeinsam Perspektiven schaffen - und nicht den Sektierern auf den Leim gehen.