Entwurf der EU-Kommission

Corporate Sustainability Due Diligence Directive

Am 23. Februar 2022 legte die EU-Kommission einen Entwurf für ein europäisches Lieferkettengesetz vor. Dieser geht an vielen Punkten über das LkSG hinaus.

Wer wäre betroffen?

Unternehmenssitz
MA-Zahl
Nettoumsatz
Betroffen ab
Anzahl betr. Unternehmen
EU
>500
>150 Mio. Euro (global)
2 Jahre nach Verkündung
9.400
EU
>250
>40 Mio. Euro, davon mind. 50% in Risikosektor (global)
4 Jahre nach Verkündung
3.400
Drittland
-
>150 Mio. Euro (in EU)
2 Jahre nach Verkündung
2.600
Drittland
-
>40 Mio. Euro, davon mind. 50% in Risikosektor (in EU)
4 Jahre nach Verkündung
1.400
Mitarbeiterzahl: Berücksichtigung nach Vollzeitäquivalenten (VZÄ) im Jahresdurchschnitt.
Risikosektoren:
  • Textil- und Lederindustrie, verwandte Erzeugnisse
  • Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Herstellung von Nahrungsmitteln, Großhandel mit Tieren, Holz, landw. Rohstoffen, Nahrungsmittel, Getränke
  • Gewinnung von Rohstoffen, Verarbeitung von metallischen und nicht- metallischen Erzeugnissen, Großhandel mit mineralischen Rohstoffen

Was müssen betroffene Unternehmen beachten?

Geschütze Rechtsgüter: Menschenrechtliche Belange

Grundlegende Menschenrechte
Arbeitnehmerbezogene Menschenrechte
Diskriminierungsverbot
  • Recht auf Leben und Gesundheit
  • Verbot der Sklaverei
  • Verbot der Kinderarbeit
  • Folterverbot
  • Verbot des
  • Menschenhandels
  • Meinungsfreiheit
  • Recht auf Privatsphäre
  • Recht auf angemessenen Lohn
  • Recht auf Arbeitspausen und Begrenzung der Arbeitszeit
  • Angemessenheit bereitgestellter Unterkünfte/Versorgung
  • Angemessener Arbeitsschutz
  • Recht auf Gründung von Gewerkschaften
  • Streikrecht, Koalitionsfreiheit
  • Geschlecht
  • Alter
  • Abstammung
  • Gesundheitsstatus
  • Politik/Religion
  • Sexuelle Orientierung
  • Lohndiskriminierung

Geschützte Rechtgüter: Umweltbezogene Belange

Umweltstandards
Umweltschutz
  • Verbot der Herbeiführung von messbaren Boden-, Gewässer- und Luftverunreinigung, die die Gesundheit einer Person schädigen.
  • Verbot der rechtswidrigen Räumung/ Inanspruchnahme von Land, Wäldern und Gewässern
  • Recht der indigenen Völker auf Land, Territorien, Ressourcen, die sie traditionell besitzen
  • Minamata Abkommen
    Verbot der Herstellung von mit Quecksilber versetzten Produkte
  • Stockholmer Abkommen
    Verbot der Produktion und Verwendung langlebiger organischer Schadstoffe
  • Basler-Übereinkommen
    Aus- und Einfuhr gefährlicher Stoffe, Müllexport und Import
  • UN-Biodiversitätskonvention
    Erhaltung der biologischen Vielfalt (Ökosysteme, Arten, genetische Vielfalt)
  • CITIES
    Convention on Intern. Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora
  • Rotterdammer Übereinkommen
    kontrollierte Einfuhr von gefährlichen Chemikalien und Pestiziden
  • Wiener Konvention
    Verbot von Herstellung/Verbrauch bestimmter Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht beitragen (FCKW, Halone ect.)

Unternehmerische Sorgfaltspflichten

Es handelt sich um Bemühungspflichten, die Angemessenheit der Maßnahmen ist abhängig von Schweregrad und Wahrscheinlichkeit der nachteiligen Auswirkung, der Verfügbarkeit der Maßnahme, sowie dem Einfluss und Spezifika des Unternehmens/Sektors/Geschäftsbeziehung. Branchenregelungen und Multi-Stakeholder-Initiativen können genutzt werden, sofern diese zur Erfüllung der Pflichten geeignet sind.
EU_SPs
Verantwortung anerkennen
Konzept, Verfahren und Verhaltenskodex zur Erfüllung der Sorfaltspflicht
Risiken ermitteln
Ermittlung und regelmäßiges Monitoring tatsächlicher/potenziell nachteiliger Auswirkungen auf Mensch/Umwelt
  • in der eigenen Geschäftstätigkeit
  • in der Geschäftstätigkeit von Tochtergesellschaften („kontrollierte Unternehmen“) und
  • bei Tätigkeiten in der Wertschöpfungskette: bezogen auf Unternehmen, mit denen eine etablierte Geschäftsbeziehung besteht.
Risiken minimieren (Prävention und Abhilfe)
1. Plan mit definierten Fristen, qualitativen und quantitativen Indikatoren unter Einbeziehung betroffener Stakeholder ermitteln
2. Vertragliche Kaskadierung und Verifizierung durch Zusicherung der Einhaltung des Plans durch die Zulieferer (faire, angemessene und nicht-diskrimminierende Bedingungen für KMU), inkl. Überprüfung der Einhaltung durch Brancheninitiativen oder unabhängige Dritte
Wenn nicht ausreichend:
3. Vertrag mit indirektem Partner um die Einhaltung des Verhaltenskodexes oder des Plans zu erreichen
4. Geschäftsbeziehungen aussetzen oder abbrechen, wenn (potenziell) nachteilige Auswirkungen schwerwiegen
5. Nachteilige Auswirkungen ausgleichen/minimieren (z.B. finanzielle Entschädigung)
Informieren und Berichten
Jährliches Statement auf der Website
  • nur Unternehmen, die keinen Nachhaltigkeitsbericht abgeben (NFRD/CSRD)
  • enthält keine über die CSR-RL hinausgehenden Anforderungen (EG 44)
  • bis spätestens 30. April (über das vergangene Kalenderjahr)
  • delegierter Rechtsakt definiert Kriterien des Berichts
Beschwerden ermöglichen
  • Aufbau eines Beschwerdeprozesses, über den relevante Gewerkschaften zu informieren sind
  • Recht zur Beschwerde: direkt betroffene Personen, Gewerkschaften und NGOs
  • Recht des Beschwerdeführers: Follow-Up zur Beschwerde, Treffen mit Vertretern des Unternehmens

Übergangsplan zur nachhaltigen Wirtschaft

Der Übergangsplan (nur für Unternehmen mit mehr als 500 MA & 150 Mio. Euro)
  • zeigt Vereinbarkeit des Geschäftsmodells und der Strategie des Unternehmens mit
    • dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und
    • der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C im Einklang mit dem Pariser Abkommen.
  • enthält Emissionsreduktionsziele, falls der Klimawandel ein wesentliches Risiko des Unternehmens ist.
Die Einhaltung des Plans soll bei der variablen Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung gebührend berücksichtigt werden.

Wie soll die Richtlinie durchgesetzt werden?

Jeder Mitgliedstaat benennt eine nationale Kontrollbehörde. Diese können nach Art. 17 “einstweilige Maßnahmen” erlassen, um die Gefahr eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens abzuwenden. Darüber hinaus können Geldbußen verhängt werden, die “wirksam, verhältnismäßig und abschreckend” sind und sich am Umsatz des Unternehmens orientieren. Sanktionsbezogenen Entscheidungen sollen veröffentlicht und sanktionierte Unternehmen von Fördermitteln ausgeschlossen werden (Art. 24).
Artikel 22 beinhaltet zudem eine zivilrechtliche Haftung. Vorausetzung dafür ist der Verstoß gegen eine Sorgfaltspflicht und einer daraus resultierenden nachteiligen Wirkung die zu einem Schaden führt. Die Mitgliedstaaten erlassen konkrete Regelungen.

Gegenüberstellung LkSG und EU-Richtlinienvorschlag


Deutsches LkSG
EU-Richtlinienvorschlag
Anwendungsbereich
Sitz in Deutschland
> 3.000 MA (ab 2023)
> 1.000 MA (ab 2024)
Sitz im EU-Binnnenmarkt
> 500 MA und € 150 Mio. Jahresumsatz
> 250 MA und € 40 Mio. Jahresumsatz im Risikosektor
Bestimmte Unternehmen aus Drittstaaten
Tiefe der Lieferkette
  • Von der Rohstoffgewinnung bis Lieferung an Endkunden
  • Unterscheidung Tier-1 und mittelbare Lieferanten
  • Wertschöpfungskette upstream und downstream
  • Gesamter Lebenszyklus bis zur Entsorgung
  • Lieferanten: Fokus auf “etablierte Geschäftsbeziehungen”
Sorfaltspflichten, Menschnrechte & Umwelt
  • 11 Menschenrechtskonventionen
  • 3 Umweltkonventionen
  • 22 Menschenrechtskonventionen
  • 7 Umweltkonventionen
  • Klimazielplan
Pflichten der Unternehmensleitung
  • Einrichtung und Kontrolle der Sorgfaltspflichten
  • Einbeziehung der SPs in Unternehmensstrategie und -entscheidungen
  • Erfüllung des Klimaschutzplans gekoppelt an variable Vergütung

Verordnungsvorschlag der EU-Kommission über entwaldungsfreie Lieferketten

Der Verordnungsvorschlag im Rahmen des EU-Green-Deal sieht bindende Sorgfaltspflichten für Wirtschaftsteilnehmer vor, die Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung gebracht werden – Soja, Rindfleisch, Palmöl, Holz, Kakao und Kaffee sowie bestimmte daraus hergestellte Produkte wie Leder, Schokolade und Möbel –, in der EU auf den Markt bringen.
Im Rahmen ihrer Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht müssen die Wirtschaftsteilnehmer drei Schritte absolvieren:
  1. Ursprungsinformationen: Im ersten Schritt müssen sie Zugang zu Informationen über das Erzeugnis, die Menge, den Anbieter, das Erzeugungsland usw. gewährleisten. Eine Hauptanforderung in diesem Schritt ist, die geografischen Koordinaten des Landes zu erfassen, in dem die von ihnen auf den Markt gebrachten Produkte erzeugt wurden (Geolokalisierung).
  2. Risikoanalyse: Im zweiten Schritt müssen Unternehmen das Risiko in der Lieferkette anhand der Informationen über die Flächen, auf denen die Erzeugnisse angebaut wurden, analysieren und einzustufen.
  3. Risikoreduzierung: Im dritten Schritt müssen sie angemessene und verhältnismäßige Risikominderungsmaßnahmen ergreifen.
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der EU-Kommission.
Ass. iur.Carmen Herzberg
Geschäftsbereich: International
Position: Rechtsreferentin
Ingrid Schatter
Geschäftsbereich: International
Position: Fachreferentin