Medieninformation vom 24. Februar 2022

IHK-Vizepräsident Dr. Steffen P. Würth zum Entwurf des EU-Lieferkettengesetzes

Die Europäische Kommission plant ein Lieferkettengesetz, mit dem die EU bessere Umwelt- und Arbeitsstandards entlang der Lieferketten von Gütern durchsetzen möchte und das schärfer ist als das derzeitige bundesdeutsche Gesetz.
„Von der Zielsetzung des EU-Lieferkettengesetzes für eine nachhaltige und menschenwürdige Produktion ist auch die regionale Wirtschaft überzeugt“, so IHK-Vizepräsident Dr. Steffen P. Würth anlässlich der Veröffentlichung des Richtlinienentwurfes durch die Kommission.
„Positiv zu beurteilen ist“, so der IHK-Vizepräsident weiter, „dass die EU-Regelung auch Unternehmen einschließt, die in Europa zwar wirtschaftlich tätig sind, hier aber keinen Sitz haben. Dadurch wird vermieden, dass europäischen Unternehmen ein Wettbewerbsnachteil entsteht. Um jedoch Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt auszuschließen, ist eine Verordnung notwendig und eine EU-Richtlinie nicht geeignet. Letztere führt regelmäßig zu unterschiedlichen Umsetzungen in nationales Recht zwischen den EU-Staaten und der Vorschlag der EU-Kommission fördert damit allein den europäischen Flickenteppich.“
Der Entwurf der EU-Kommission für eine EU-weite Lieferkettenrichtlinie beträfe zum einen durch die Absenkung der Beschäftigtenzahlen mehr Unternehmen direkt. Dadurch erhöhe sich auch die Anzahl der indirekt betroffenen Betriebe. Zum anderen gehe er auch inhaltlich deutlich über das in Deutschland beschlossene Gesetz zur Lieferkettensorgfaltspflicht hinaus: Denn die Betrachtung der gesamten Lieferkette und eine zivilrechtliche Haftung würden sehr viel umfangreichere bürokratische und rechtliche Konsequenzen für Unternehmen bedeuten. „Wir wollen deshalb das weitere Verfahren aktiv mitgestalten“, so Dr. Würth.
Nach einer aktuellen Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) erwarten Unternehmen steigende Preise durch das deutsche Gesetz, die nach Ansicht der betroffenen Unternehmen die Kundschaft voraussichtlich nicht mittragen werden. 38 Prozent der befragten Unternehmen mit ausländischen Produktionsstätten ziehen als Reaktion auf die Auflagen einen Rückzug aus Ländern mit niedrigen Arbeitsschutz- und Menschenrechtsstandards in Betracht.
„Mit einer Ausweitung der Lieferkettenverantwortlichkeit durch die EU-Richtline könnten diese Zahlen steigen“, gibt Dr. Würth zu bedenken. „Durch den Wegfall von Arbeitsplätzen europäischer Unternehmen mit höheren Standards in Entwicklungsländern hätte die Gesetzesinitiative – anders als angestrebt – negative Entwicklungen zur Folge.“