Medieninformation vom 15. November 2022

Zukunftsforum Wirtschaft und Kommune: Innenstadt first / IHKs zeigen Lösungen, Ideen und Konzepte für die Zukunft der Innenstädte auf

Das Ziel ist klar: „Innenstadt first“ – doch die Umsetzung verlangt viel Mut, Kreativität und Beharrlichkeit. Dies wurde während des IHK-Zukunftsforums „Wirtschaft und Kommune“ vergangenen Mittwoch in Titisee-Neustadt deutlich.
Sind unsere Innenstädte noch zu retten? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Zukunftsforum Wirtschaft und Kommune. Die IHK Südlicher Oberrhein und die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg hatten die gemeinsame Veranstaltung organisiert, nachdem bei beiden Kammern seit eineinhalb Jahren ein Innenstadtberater bzw. eine Innenstadtberaterin tätig sind, die durch Projektmittel des Landes Baden-Württemberg gefördert werden. Der Handlungsdruck sei hoch, wie Eberhard Liebherr, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, feststellte: „Pandemie und Krisen haben die Innenstädte stark getroffen.“ Er warnte zugleich vor zu viel Pessimismus, denn nach wie vor verfüge die Region über ein gutes Niveau und
alle Chancen. Präsidentin Birgit Hakenjos ließ für die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg wissen, dass man nicht verzagen dürfe, „sondern mutig um die Attraktivität jeder einzelnen Innenstadt kämpfen“ müsse.
Mit welchen Mitteln und Vorgehensweisen das angegangen werden sollte erläuterte Dr. Peter Markert. Der Geschäftsführer der imakomm AKADEMIE GmbH gilt als einer der führenden Experten, wenn es um die attraktive Innenstadt geht. In seiner Keynote stellte er die wichtigste Erkenntnis voran: Es gibt kein Patentrezept, keine einheitliche Liste zum Abarbeiten, wohl aber zahlreiche individuelle Hebel, Attraktivität und Resilienz von Innenstädten zu erhalten und zu verbessern. Seine wichtigsten Ratschläge an die Teilnehmer: „Gehen Sie ran an die Strukturen für ein neues Miteinander, machen Sie Dinge anders, und auch kleine Städte haben Chancen.“
Es dürfe kein „Das haben wir schon immer so gemacht“ geben, stattdessen seien neue Koalitionen und Ideen gefragt. Einige konkrete Basics gelten dann doch für alle Innenstädte: „Auch Stationäre müssen digital werden, das Nutzungsmanagement ist eine Daueraufgabe, Erreichbarkeit ist wichtig, steht aber nicht im Vordergrund.“ Und schließlich sei ein Paradigmenwechsel im Gang, zum Beispiel bei den Themen Parken oder Entschleunigung. 
Simone Mader, Innenstadtberaterin bei der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg und ihr Pendant Thomas Kaiser von der IHK Südlicher Oberrhein unterstrichen im Dialog mit Moderatorin Carolin De berling, dass die Transformation in vollem Gange sei: „Der Handel ist nicht mehr Haupttreiber für Citybesuche, diese Rolle hat die Gastronomie vielfach übernommen.“ Herausforderung für die Innenstadtberater: „Wir müssen uns fragen, wie die Situation in fünf Jahren aussehen wird, und die Weiterentwicklung daraufhin ausrichten.“ Mader und Kaiser stimmten Dr. Markert zu, dass ausschließlich individuelle Lösungsansätze Erfolg versprechen: „Jede Innenstadt ist anders, darauf gehen wir jeweils ein.“
Wie frische Ideen aussehen, erfuhren die Besucherinnen und Besucher unter anderem von Meike Folkerts, Bürgermeisterin der gastgebenden Gemeinde Titisee-Neustadt. Sie berichtete von der Transformation einer Bücherei in ein modernes Mediacenter mit dem Ziel, die Frequenz zu erhöhen. Und auch bei den Erfolgsbeispielen war Neustadt vertreten, und zwar mit dem peppigen Pop-up-Store „Wälderherz“ für moderne Schwarzwald-Utensilien. Trossingen berichtete über die Nutzung der Musikkompetenz durch die Hochschule im Ort, um viele kulturelle Veranstaltungen anzubieten, Furtwangen stellte das Konzept der Werbung über Influencer vor, Emmendingen den Re-Start nach der Pandemie mit einer passgenauen Eventoffensive und Oberkirch seine Strategie, über zertifizierte Seniorenfreundlichkeit zu punkten.
Alwin Wagner, stellvertretender Hauptgeschäftsführer und Philipp Hilsenbek, Geschäftsbereichsleiter für Standortpolitik, luden weitere Gemeinden ein, die Hilfe der IHK-Experten in Anspruch zu nehmen: „Wir sind für Sie da, und Sie sehen: Es passiert etwas.“ Das fiel beiden umso leichter, als Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut während ihrer Videoansprache mitteilte, dass das Land die Attraktivität der Innenstädte als ausgesprochen wichtig erachte und deshalb das Förderprogramm verlängert werde. „Als Kammern haben wir uns erneut auf das Programm beworben. Damit werden die Voraussetzungen gegeben sein, dass weitere Kommunen betreut werden können“, so Wagner und Hilsenbek.
Interessante Ansatzpunkte, worauf die jeweiligen lokalen Stakeholder achten müssen, referierte Ulrich Hartung, Geschäftsführer der emergement actio KG. Sein Unternehmen hat in etwa 70 Städten Passanten befragt. Auch er plädierte für individuelle Betrachtung jedes Standortes, gleichviel existieren übergeordnete Erkenntnisse. Demnach gebe es praktisch immer kombinierte Anlässe, die Innenstadt aufzusuchen, weswegen die Attraktivität und in der Folge die Frequenz eben nicht allein von Ambiente, Flair und dem Mix aus Handel und Gastronomie bestimmt wird. Vielmehr kommen auch Behörden, Dienstleister, Ärzte und viele weitere Anbieter hohe Bedeutung zu. 
Weiteres Ergebnis: Der Besucherstrom in die Innenstadt ist weiblich, 55 bis 60 Prozent, in Einzelfällen noch mehr, sind Besucherinnen. Als sehr positiv werden Märkte und Events von Innenstadtnutzern angesehen. Damit hätten aktive Stadtmanager einen Hebel - so Hartung. 
Der sehr gute Besuch der Veranstaltung zeigte, dass bei den Kommunen immenses Interesse besteht, das Thema intensiv anzugehen. Die Erfolgsbeispiele belegen, dass zahlreiche Maßnahmen ergriffen und erfolgreich umgesetzt werden können, wenn dazu ergebnisoffen, mutig und kreativ nach Lösungen gesucht wird. Bürgermeisterin Folkerts sprach von „bestehenden Vorerkrankungen“, die die Pandemie verstärkt habe.