Medieninformation vom 17. Februar 2023

„Das Pferd nicht von hinten aufzäumen“: Kritik zum geplanten Aus für Verbrenner-Motoren kommt vor allem aus der Logistikbranche

„Der Beschluss der Europäischen Parlaments, ab 2035 keine neuen Verbrenner-Pkw zuzulassen, ist das Ende einer langwierigen politischen Diskussion, bei der die Expertise der Wirtschaft zu wenig berücksichtigt wurde“, bemängelt IHK-Präsidentin Birgit Hakenjos.
Es wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass das derzeitige Ausbautempo bei der Ladeinfrastruktur für erneuerbare Antriebe, wie Strom und Wasserstoff, weit hinte r den ehrgeizigen politischen Plänen zurückfällt. Gerade beim geplanten Verbrenner-Aus für Lkws kann dies weitreichende Folgen über die Automobilbranche hinaus haben. Was bedeutet das zum Beispiel für die Logistiker, die die Lieferketten aufrechterhalten?
„Die Ladezeit für batteriebetriebene LKWs ist immer noch unverhältnismäßig lange“, betont Dr. Gerhard Lehmann, Vorsitzender des IHK-Verkehrsausschusses. In der Fläche sei außerdem keine Alternative zu den aktuellen Kraftstoffen leistungsfähig ausgebaut. „Es fehlt an Lademöglichkeiten für Strom, Gas und Wasserstoff. Weder sind die Raststätten ertüchtigt noch die entsprechenden Energienetze ausgebaut“, so Lehmann.
Birgit Hakenjos drängt deswegen auf einen schnellen Ausbau der Infrastruktur: „Die Genehmigungszeiten müssen jetzt schnell runter. Wer alternative Antriebe will, muss auch dafür sorgen, dass sie in der Praxis auf die Straße kommen. Mit der geplanten EU-Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (Afir) liegt bereits ein Plan dafür in der Schublade – nur manche Mitgliedstaaten blockieren hier, weil sie Kosten scheuen. Die Wirtschaft kann die Rechnung für die Transformation hin zur Klimaneutralität jedoch nicht allein stemmen.“
Für Deutschland bringt die Unternehmerin ein Sondervermögen für Investitionen in Infrastrukturvorhaben mit strategischer Bedeutung ins Spiel. Dies könnte alle Antriebsformen – auf der Straße, auf der Schiene, zu Luft und zu Wasser – und den Wirtschaftsstandort stärken.
„Wir können das Pferd nicht von hinten aufzäumen und Verbote aussprechen, wenn noch keine marktreifen Alternativen zur Verfügung stehen“, zieht Birgit Hakenjos als Fazit. „Wir treten weiterhin für eine technologieoffene Zukunft ein, bei der auch E-Fuels Teil der Lösung sind. Die weltweite Bestandsflotte stößt sonst auch noch in vielen Jahren Treibhausgase aus. Weder dem Klima noch der heimischen Industrie wäre dann geholfen.“
Die Wirtschaft kritisierte bereits lange im Vorfeld ein mögliches Verbot. In der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg hängen mehr als 16.000 Arbeitsplätze direkt im Automobilsektor, etwa 34.000 sind es, wenn man auch die sogenannten „produktionsfernen“ Betriebe dazuzählt.