IHK: Unternehmen kommen besser durch als erwartet
Regionale Wirtschaft blickt zum Jahresstart mit mehr Zuversicht nach vorne – Betriebe halten an ihren Mitarbeitern fest
03.02.2023 – Leichte Entspannung, aber noch keine Entwarnung: Die Unternehmen in Rheinhessen kommen bisher besser durch den Winter als erwartet und blicken wieder etwas zuversichtlicher in die Zukunft. Eine Rezession scheint vorerst abgewendet. Das belegen die Ergebnisse der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen (IHK) zum Jahresanfang 2023: Der Konjunkturklimaindex, Gradmesser für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region, hat sich aktuell auf 106 Punkte erholt – nach seinem starken Einbruch auf 77 Punkte im Herbst 2022, den schlechtesten Wert seit Beginn der Befragung vor rund 20 Jahren. Die Wachstumsschwelle von 100 Punkten wurde wieder überschritten.
„Die Wirtschaft scheint die Kurve gekriegt zu haben. Die verhalten positive Wirtschaftslage steht allerdings auf wackeligen Füßen“, sagt Günter Jertz, Hauptgeschäftsführer der IHK für Rheinhessen. „Zwar verschafft die Situation auf dem Gasmarkt der Wirtschaft eine große Erleichterung. Auch der Inflationsdruck lässt aktuell nach. Ob der konjunkturelle Lichtblick aber von Dauer sein wird, hängt von der weiteren Entwicklung ab.“ Dazu gehöre auch der Krieg in der Ukraine, der Einfluss der Strom- und Gaspreisbremsen auf die Energiepreise sowie die Corona-Pandemie in China und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Lieferketten.
Geschäftslage und Erwartungen wieder verhalten optimistisch
Vor diesem Hintergrund haben sich die Unsicherheiten gegenüber der Befragung im Herbst 2022 zwar etwas reduziert, sie bleiben aber hoch: Zum Jahresanfang 2023 melden 39 Prozent der Unternehmen in Rheinhessen eine gute Geschäftslage, 47 Prozent eine befriedigende und 14 Prozent eine schlechte Lage.
Auch die Geschäftserwartungen der Unternehmen für die kommenden zwölf Monaten sind wieder verhalten optimistisch: 20 Prozent hoffen auf bessere Geschäfte, 51 Prozent planen mit einer gleichbleibenden Entwicklung und 29 Prozent rechnen mit einer schlechteren Lage.
Energie- und Rohstoffpreise sowie Fachkräftemangel größte Risiken
Die Einschätzung der größten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens in den kommenden zwölf Monaten zeigt, wie groß die Palette der Herausforderungen ist. Während in der Herbstbefragung die Energie- und Rohstoffpreise noch von 82 Prozent der Betriebe als größtes Risiko eingestuft wurden, sind es jetzt 70 Prozent. Es folgen der Fachkräftemangel (64 Prozent) und die weiteren Auswirkungen des Ukraine-Kriegs mit 54 Prozent, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (48 Prozent), die Inlandsnachfrage (46 Prozent), die Arbeitskosten (42 Prozent) sowie die Auslandsnachfrage (18 Prozent). In der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie sehen nur noch 14 Prozent der Unternehmen ein Risiko.
Die Umfrage zeigt auch, dass die hohen Energiepreise die Wirtschaftsentwicklung hemmen – eine eigene Auswertung dazu veröffentlicht die IHK bis Mitte Februar.
Unternehmen halten an ihren Mitarbeitern fest
Mit Blick auf den Fachkräftemangel als eines der größten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung halten die rheinhessischen Unternehmen bei ihren Planungen für die kommenden zwölf Monate an ihren Beschäftigten fest: 21 Prozent der Betriebe möchten ihren Personalstamm sogar ausbauen, 68 Prozent planen mit gleichbleibenden Mitarbeiterzahlen und 11 Prozent rechnen mit sinkenden Beschäftigtenzahlen.
Industrie meldet leichte Entspannung aber Erwartungen noch kritisch
Besonders die energieintensiven Produktionen der Industrie sind von den hohen Kosten betroffen. Dementsprechend schlecht waren in der Herbstumfrage die Rückmeldungen der Industriebetriebe. Zum Jahresanfang 2023 scheint sich die aktuelle Geschäftslage leicht zu entspannen: Ein Drittel der Betriebe melden eine gute Lage, 56 Prozent eine befriedigende und 11 Prozent eine schlechte Geschäftslage. Auch die Einschätzungen der Geschäftserwartungen für die nächsten zwölf Monate sind zwar wieder etwas zuversichtlicher aber immer noch kritisch: 16 Prozent rechnen mit besseren Geschäften, 52 Prozent planen mit einer gleichbleibenden Entwicklung und 32 Prozent erwarten eine schlechtere Geschäftslage.
Handel blickt mit Sorge auf die Inflation
Die hohe Inflation und die schwindende Kaufkraft der Kunden machen vor allem den Einzel- und Großhandelsunternehmen in Rheinhessen zu schaffen: 30 Prozent melden aktuell eine gute Geschäftslage, 51 Prozent eine befriedigende und 19 Prozent eine schlechte Situation. Die Entwicklung für die kommenden zwölf Monate schätzen 21 Prozent besser ein, 45 Prozent rechnen mit gleichbleibenden Geschäften und 34 Prozent befürchten insbesondere mit Blick auf die Inflation eine schlechte Geschäftslage.
Dienstleister mit positivsten Ergebnissen
Von den befragten Branchen fallen die Ergebnisse der Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor am positivsten aus: 48 Prozent melden eine gute aktuelle Geschäftslage, 39 Prozent eine befriedigende und 13 Prozent eine schlechte Lage. Die Erwartungen für die Entwicklung in den kommenden zwölf Monaten haben sich im Vergleich zur Herbstumfrage wieder deutlich verbessert: 21 Prozent planen mit besseren Geschäften, 54 Prozent mit einer gleichbleibenden Lage und 25 Prozent rechnen mit einer schlechteren Geschäftslage.