IHK: Omikron bremst Aufschwung in Rheinhessen

Regionale Wirtschaft startet verhalten ins Jahr – Lage bleibt stabil – Betriebe halten an Mitarbeitern fest
01.02.2022 – Die Wirtschaft in Rheinhessen startet verhalten ins dritte Jahr der Corona-Krise: Die Omikron-Variante und Herausforderungen wie Lieferengpässe, Preissteigerungen und Fachkräftemangel bremsen den erhofften Aufschwung, so die Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen (IHK) zum Jahresstart 2022. Dennoch halten die Betriebe an ihren bisherigen Investitionsplänen und den Mitarbeitern fest. Der Konjunkturklimaindex, Gradmesser für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region, bleibt mit 119 Punkten stabil – das ist exakt das gleiche Ergebnis wie bei der letzten Befragung im Oktober 2021.
„Das war leider nur ein kurzes Aufatmen im Herbst“, stellt IHK-Präsident Peter Hähner fest. Im Oktober hatten der Wegfall vieler Auflagen und die Fortschritte bei den Impfungen dafür gesorgt, dass die Unternehmen in Rheinhessen nach einer langen Durststrecke wieder optimistischer nach vorne blickten. „Jetzt sind die erhofften Öffnungsschritte wieder ins Stocken geraten, es gibt noch immer keine Planungssicherheit – dabei brauchen die Betriebe endlich eine verlässliche Perspektive aus der Krise.“ Dabei setzen die Unternehmen weiterhin ebenso auf die eigenen Kräfte, indem sie interne Prozesse und Services und digitalisieren, Sortimente anpassen oder neue Produkte auf den Markt bringen. „Ein Lichtblick für die gesamte Region ist natürlich auch der Erfolg von Biontech, der über das Unternehmen und die Branche hinaus starke Entwicklungsperspektiven bietet.“
Von der Politik wünschen sich die Unternehmen mehr Vertrauensschutz, macht IHK-Hauptgeschäftsführer Günter Jertz deutlich: „Bestehende Regeln sollten so angepasst werden, dass alle Beteiligten auch die Chance haben, ihr Handeln danach auszurichten.“ Ein bundesweit abgestimmtes Vorgehen sieht Jertz nicht nur mit Blick auf den Einzelhandel gefragt, wo die unterschiedlichen 2G-Regelungen derzeit für Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Ländern sorgen. Auch die Veranstaltungsbranche habe sonst keine Möglichkeit, für das Jahr zu planen.
Aktuelle Geschäftslage und Investitionspläne bleiben stabil
Auch wenn der im Herbst erhoffte Aufschwung auf sich warten lässt, bleibt die Geschäftslage der Unternehmen in Rheinhessen immerhin insgesamt stabil: 44 Prozent der Betriebe sprechen von einer guten aktuellen Lage und 38 Prozent von einer befriedigenden Situation. 18 Prozent müssen eine schlechte Geschäftslage verkraften. Bei der Einschätzung der Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate hoffen 27 Prozent der Unternehmen auf bessere Geschäfte, 58 Prozent planen mit einem gleichbleibenden Volumen und 15 Prozent befürchten eine Abnahme. Auch die Investitionspläne bleiben stabil: 38 Prozent möchten expandieren und mehr investieren, 44 Prozent melden gleichbleibende Ausgaben und 18 Prozent rechnen mit sinkenden Investitionen.
Unternehmen halten an Mitarbeitern fest
Auch vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Fachkräftemangels halten die Unternehmen an ihren Mitarbeitern fest. Auf die Frage nach der Entwicklung der Beschäftigtenzahl im Inland für die kommenden zwölf Monate antworten 31 Prozent, dass sie mit Neueinstellungen planen. 58 Prozent der Unternehmen gehen von gleichbleibenden Personalkapazitäten aus und 11 Prozent rechnen damit, ihre Mitarbeiterzahl reduzieren zu müssen.
Unternehmen werden von Rahmenbedingungen ausgebremst
Dass der im Herbst erhoffte Aufschwung ausbleibt, hängt nicht nur an der Entwicklung der Corona-Pandemie – auch wenn diese mit 63 Prozent die Liste der größten Risiken anführt, welche die Betriebe für ihre wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden zwölf Monaten an. Deutlich verschärft haben sich die Belastungen bei 61 Prozent der befragten Unternehmen durch den Fachkräftemangel und bei 57 Prozent durch die steigenden Energie- und Rohstoffpreise.
Darüber hinaus machen Lieferengpässe und Rohstoffknappheit den Unternehmen zu schaffen, was bei 52 Prozent der Befragten zu Preisanstiegen in einem erheblichen Umfang führt. Von sonstigen Lieferschwierigkeiten wie verlängerte Wartezeiten oder Nichtverfügbarkeit sind 31 Prozent in einem erheblichen, 35 Prozent in einem mittleren und 13 Prozent in einem geringen Umfang betroffen. Dies führt bei 66 Prozent der betroffenen Firmen zu Ertragseinbußen oder steigenden Kosten, bei 65 Prozent zu längeren Wartezeiten, bei 58 Prozent zu einem gestiegenen Planungsaufwand und bei 42 Prozent können bestehende Aufträge nicht abgearbeitet werden.
Mit einer Verbesserung bei der Versorgung mit relevanten Rohstoffen, Vorprodukten und Waren rechnen 31 Prozent der Betriebe erst im zweiten Halbjahr 2022 und 22 Prozent sogar erst im Jahr 2023.
Industrie als Motor der rheinhessischen Wirtschaft
Der Blick auf die unterschiedlichen Branchen zeigt die starke Rolle der Industrie als Motor der exportorientierten rheinhessischen Wirtschaft: Mit 126 Punkten liegt der Klimaindex deutlich höher als im Durchschnitt aller Unternehmen. Branchen wie das Baugewerbe oder das Pharmageschäft zeigen sich von der Pandemielage kaum getroffen: So melden 41 Prozent der Industriebetriebe in Rheinhessen eine gute Geschäftslage, 51 Prozent eine befriedigende und 8 Prozent eine schlechte Lage. Die Geschäftserwartungen der Industrie für die nächsten zwölf Monate sind optimistisch: 26 Prozent rechnen mit besseren Geschäften, 66 Prozent mit einer gleichbleibenden und 8 Prozent mit einer schlechteren Entwicklung.
Lage im Handel verschlechtert sich wieder
Unsichere Zukunftsaussichten durch die noch nicht final absehbaren Folgen der Corona-Krise, nicht zuletzt durch neu aufgekommene Omikron-Variante, betreffen insbesondere den Handel.
37 Prozent von den Einzel- und Großhandelsunternehmen melden eine gute Geschäftslage, 40 Prozent eine befriedigende und 23 Prozent eine schlechte Situation. Für die kommenden zwölf Monate rechnen 18 Prozent mit besseren Geschäften, 58 Prozent mit einer gleichbleibenden Lage und 24 Prozent befürchten einen Rückgang.
Dienstleister mit stabilen Ergebnissen
Die Befragungsergebnisse der Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor bleiben relativ stabil: Die aktuelle Geschäftslage bewerten 49 Prozent mit „gut“, 29 Prozent berichten von einer befriedigenden und 22 Prozent von einer schlechten Lage. Mit Blick auf die Geschäftserwartungen für die nächsten zwölf Monate rechnen 32 Prozent mit einer besseren Situation, 52 Prozent mit gleich bleibenden Geschäften und 16 Prozent erwarten eine Verschlechterung.