Vorgaben für elektronisch übermittelte Rechnungen

Obwohl elektronische Rechnungen im Vergleich zu herkömmlichen Papierrechnungen besonders kostengünstig und schnell generiert werden können, nutzen viele Unternehmen die moderne Form der elektronischen Rechnungsstellung bisher nicht.
Da das Steuervereinfachungsgesetz die gesetzlichen Vorgaben zum Thema der elektronischen Rechnung deutlich vereinfacht hat, könnte sich dieser Zustand langsam ändern. Eine wichtige Neuerung ist zum Beispiel die Berechtigung zum Vorsteuerabzug, auch wenn die Rechnung per E-Mail verschickt wurde. Um die Scheu vor der elektronischen Rechnung zu überwinden, werden nachfolgend die wichtigsten Änderungen erläutert, die sich aus dem Steuervereinfachungsgesetz und dem  darauffolgenden Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums ergeben.
Unter die Kategorie elektronische Rechnung fallen alle Rechnungen, die per E-Mail, De-Mail, Computerfax, Web-Download oder dem elektronischen Datenaustausch verschickt werden. Klassische Standard-Telefaxe gehören nach dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 zur Art der Papierrechnung.
Echtheit der Herkunft der Rechnung, Unversehrtheit des Rechnungsinhaltes und Lesbarkeit der Rechnung als Voraussetzung zum Vorsteuerabzug
Eine korrekt ausgestellte elektronische Rechnung berechtigt den Empfänger der Rechnung weiterhin zu einem Vorsteuerabzug. Jedoch müssen auch bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit gewahrt sein.
Der Nachweis über die Echtheit der Herkunft der Rechnung ist dem rechnungsstellenden Unternehmen überlassen. Die Echtheit ist nachgewiesen, wenn die Rechnung inhaltlich richtig ist und die Identität des Rechnungsstellers sichergestellt werden kann. Die Unversehrtheit des Rechnungsinhalts ist hergestellt, wenn die nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) notwendigen Angaben auf der Rechnung vorhanden sind. Eine elektronische Rechnung muss für das menschliche Auge lesbar sein. Eine Rechnung, die vor dem Lesen zunächst konvertiert werden muss, entspricht nicht dem Grundsatz der Lesbarkeit.
Elektronische Gutschrift
Wird eine Gutschrift in elektronischer Form ausgestellt, so muss der Empfänger das Dokument prüfen als sei die Gutschrift in Papierformat.
Wichtiges für Rechnungsaussteller
Für das Versenden der elektronischen Rechnung sind  keine qualifizierte elektronische Signatur oder ein EDI-Verfahren mehr notwendig. Sie sind lediglich Beispiele für Technologien, die Echtheit, Unversehrtheit und Lesbarkeit gewährleisten. Die elektronische Rechnung kann in jeder beliebigen Bild- oder Textdatei versendet werden, solange die Voraussetzungen der Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit gegeben sind.
Einverständnis des Rechnungsempfängers
Bevor eine elektronische Rechnung verschickt werden kann, muss der Empfänger sein Einverständnis für die Versandart geben. Auch wenn für die Einigung zwischen Versender und Empfänger vom Gesetzgeber keine Form vorgegeben ist, sollte das Einverständnis doch schriftlich dokumentiert werden. So kann im Streitfall Einigkeit bewiesen werden. Darüber hinaus kann ein sogenanntes konkludentes (stillschweigendes, aber Willen zeigendes) Handeln, wie zum Beispiel die Zahlung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder eine Zustimmung in Form einer Rahmenvereinbarung, als Einverständnis gewertet werden.   
Zusätzliche Papierrechnung
Wird zusätzlich zur elektronischen Rechnung auch noch eine Rechnung in Papierform verschickt, so wird die Umsatzsteuer nicht doppelt geschuldet. Dies gilt auch, wenn keine  Kennzeichnung der zusätzlichen Rechnung als Kopie oder Duplikat erfolgt. Es handelt sich in diesem Fall um eine Mehrfachübermittlung. Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass es sich um unternehmensinterne Buchungsbelege handelt. Voraussetzung dafür, dass keine doppelte Steuerschuld entsteht, ist die eindeutig identifizierbare Rechnungsnummer, die auf allen Kopien (elektronisch oder als Papierrechnung) enthalten sein muss.
Wichtiges für Rechnungsempfänger
Der Rechnungsempfänger ist dazu verpflichtet die vorab genannten Voraussetzungen für die Richtigkeit der elektronischen Rechnung zu überprüfen. Auch wenn für das innerbetriebliche Kontrollverfahren keine Dokumentationspflicht herrscht, so sollte zumindest der Audit Trail (Prüfpfad) zwischen Rechnung und Leistung verschriftlicht werden. So kann im Falle einer Kontrolle des Finanzamts nachgewiesen werden, dass die Rechnung überprüft wurde.
Obwohl der Vorsteuerabzug auch ohne das innerbetriebliche Kontrollverfahren möglich ist, wird dem Recht zum Vorsteuerabzug die Korrektheit der Rechnung vorausgesetzt. Wird nachträglich festgestellt, dass die die Rechnung inkorrekt gestellt wurde, entfällt der Anspruch auf den Vorsteuerabzug.
Vollständigkeit der Rechnung
Der Adressat einer elektronischen Rechnung sollte die Signatur (ggf. elektronisch qualifiziert) oder das verwendete Datenaustausch und die Rechnung auf Richtigkeit und Vollständigkeit kontrollieren. Zu der Vollständigkeit einer Rechnung gehören gemäß § 14 UStG folgende Angaben:
  1. vollständige Namen
    und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
  2. die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteueridentifikationsnummer,
  3. das Ausstellungsdatum der Rechnung,
  4. eine Rechnungsnummer,
  5. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder der Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
  6. Zeitpunkt
    der Lieferung oder sonstigen Leistung,
  7. das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10 UStG), sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgeltes, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
  8. den anzuwendenden Steuersatz, sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
  9. einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers, und
  10. in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten die Angabe „Gutschrift“.

Aufbewahrung der elektronischen Rechnung
Elektronische Rechnungen (und alle dazugehörigen Dokumente) müssen, ebenso wie die Papierrechnung, mindestens zehn Jahre unverändert und lesbar archiviert werden. Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Kalendervierteljahrs, in dem die Rechnungsausstellung erfolgt. Dennoch gelten die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung und die Grundsätze zum Datenzugriff bzw. der Prüfbarkeit digitaler Medien trotz der Neuerungen des Steuervereinfachungsgesetzes weiterhin. Eine Archivierung der elektronischen Rechnungen auf CD-ROM oder Mikrofilm ist möglich. Nicht erlaubt ist dagegen eine ausgedruckte Form der Rechnung. Wird eine elektronische Rechnung während der Aufbewahrungsfrist unleserlich, darf sie nicht berichtigt werden, da eine nachträgliche Änderung nicht zulässig ist.
Die Unterlagen müssen so aufbewahrt werden, dass ein Prüfungsbeamter sie jederzeit prüfen kann.
Die Frist von zehn  Jahren gilt auch dann, wenn die elektronische Rechnung nicht mit einem expliziten Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht versehen ist.
Werden die Aufbewahrungspflichten verletzt, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro geahndet werden kann.
Hinweis für kleine Unternehmen
Für viele Unternehmen mag der Versand einer E-Mail eine Vereinfachung des täglichen Geschäftslebens darstellen. Jedoch ist die Archivierung von unterschiedlichen Dateiformaten auf lange Sicht umständlich, da die schnelle Hard- und Softwareentwicklung die geforderte lesbare Aufbewahrung der Dateien für mindestens zehn Jahre verkompliziert. Gerade kleinere Unternehmen sollten vor der Annahme von elektronischen Rechnungen ihre Ressourcen überprüfen und abwägen, ob diese Variante für sie in Frage kommt.
Privatperson als Rechnungsempfänger
Auch eine Privatperson kann der Empfänger einer elektronischen Rechnung sein. Für das versendende Unternehmen gelten die gleichen Vorgaben als sei der Empfänger ein Unternehmen. So muss auch die Privatperson dem Versand einer elektronischen Rechnung vorab zustimmen. Eine Form könnte eine entsprechende Formulierung in den AGB des Unternehmens darstellen, denen die Privatperson vor Abschluss des Vertrages zustimmen muss.
Problematisch könnten für eine Privatperson jedoch die fehlende Rechtsgrundlage und Vorgaben bzgl. der elektronischen Rechnung als Nachweis für die Steuererklärung sein. Daher sollte eine Privatperson im Zweifelsfall vor der Zustimmung zur Übermittlung einer Rechnung bei ihrem Finanzamt nachfragen, ob dieses die elektronische Rechnungsstellung als Nachweis für die Steuererklärung akzeptiert.