Stiftungen: ein Lebenswerk für die Ewigkeit

Der Gesellschaft etwas zurückgeben – aus dieser Motivation heraus gründen Unternehmer und Privatpersonen in der Regel eine gemeinnützige Stiftung. Auch die aktuelle Niedrigzinspolitik hält den Trend nicht auf: Die Zahl der Stiftungen wächst bundesweit.
Mainz liegt, was die Stiftungsdichte betrifft, bundesweit auf Platz sechs, Rheinland-Pfalz findet sich im Mittelfeld wieder. Mehr als 21.300 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts gibt es nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen derzeit. 2015 kamen 583 Stiftungen hinzu, ein Wachstum um 2,5 Prozent. Rund die Hälfte dieser Stiftungen verfolgen soziale Zwecke. 90 Prozent der Stifter stiften zu Lebzeiten. Sie sind zu 95 Prozent über 45 Jahre alt, oft männlich, hoch gebildet und vermögend.
Das Stiftungskapital beträgt bei 45,9 Prozent bis zu einer Million EUR, bei 26,3 Prozent bis zu 100.000 EUR. Bei diesen Summen spricht der Bundesverband Deutscher Stiftungen von eher kleinen Stiftungen. Dennoch geht der Verband nach einer Umfrage davon aus, dass das Stiftungsvermögen bestehender Stiftungen künftig deutlich steigen wird: Rund 70 Prozent der Stifter wollen danach das Stiftungsvermögen später aus eigenen Mitteln erhöhen.
„Eine Stiftung ist auf die Ewigkeit angelegt.“ Bernhard Nellessen, Stiftungsmanager (EBS)
„Wichtig zu wissen ist, dass eine Stiftung auf die Ewigkeit angelegt ist. Das betrifft sowohl den Stiftungszweck als auch das Stiftungskapital“, sagt Bernhard Nellessen, Stiftungsmanager (EBS) in Mainz. Das bedeutet, eine Stiftung gehört sozusagen sich selbst, das Vermögen kann - einmal gestiftet - nicht wieder aus der Stiftung entnommen werden. Der Stiftungszweck wird durch Erträge des Stiftungskapitals und Spenden erfüllt und sollte langlebig gehalten sein. „Im derzeitigen Zinstief eine Herausforderung für gemeinnützige Stiftungen“, gibt Nellessen zu.
Denn auch hier laufen langfristige Geldanlagen in nächster Zeit aus. Wer rechtzeitig in Immobilien investiert hat, kann zumindest aus regelmäßigen Einnahmen schöpfen. Viele Stiftungen steigern ihre Erträge durch Spenden und Benefizaktionen. Spenden müssen zeitnah ausgegeben werden und schonen das Stiftungskapital. „Eine weitere Anlageform sind Stiftungsfonds. Diese sollten allerdings genau geprüft werden“, rät der Stiftungsexperte. Inzwischen sind rund 8.000 Publikumsfonds auf dem Markt, schreibt Gregor Jungheim, Redaktionsleiter des Magazins „Die Stiftung“, einige davon mit dem Label Stiftungsfonds. Ob diese den Anforderungen für die Ausschüttungen an die Stiftung gerecht werden, kann jeder Stifter für sich entscheiden. Der nächstliegende muss nicht der Beste sein. 33 Fonds hat das Magazin unter die Lupe genommen.
„Eine weitere Möglichkeit für kleine Stiftungen ist es, sich unter ein Dach zu begeben. Dort werden mehrere Stiftungen gemeinsam gemanagt“, weiß Nellessen. Das reduziere den Verwaltungsaufwand und könne zu besseren Erträgen führen. Eines wird hieraus ersichtlich: Die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung ist keine Anlageform. Allerdings sind steuerliche Vorteile damit verbunden. „Bis zu einer Million EUR über zehn Jahre lang kann ein Unternehmer für gemeinnützige Zwecke ausgeben, bei einem Ehepaar verdoppelt sich der Betrag“, rechnet der Stiftungsmanager vor. Dazu können 20 Prozent der Einnahmen gespendet werden. Diese Beträge können legal steuerlich geltend gemacht werden. Unternehmer unterstützen so mit ihrem Kapital gezielt eine gemeinnützige Sache und verbinden diese mit ihrem Namen, setzen möglicherweise ein Denkmal für die Zukunft.
Neben den beschriebenen rechtsfähigen selbständigen Stiftungen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, die von Personen oder Institutionen gegründet werden und der Stiftungsaufsicht unterstehen (in Rheinland-Pfalz der ADD), gibt es zahlreiche weitere Formen von Stiftungen. Aus kleineren Vermögen werden häufig Treuhandstiftungen gegründet, auch unselbständige Stiftungen genannt. Diese unterliegen der Aufsicht des Finanzamtes. Die Stifter werden von Verwaltungsaufgaben entlastet, erhalten die fachliche Expertise der Treuhänder, haben aber weniger direkten Einfluss.
Darüber hinaus gründen Kommunen, Kirchen oder Institutionen öffentlich-rechtliche Stiftungen für einen bestimmten Zweck wie beispielsweise die Kulturstiftung Rheinland-Pfalz. Diese sind nicht auf ewig angelegt. Wenn sich der Zweck erfüllt hat, kann sie aufgelöst werden. Kirchliche Stiftungen erfüllen ebenfalls festgelegte Aufgaben, können aber auch als Treuhänder fungieren.
Unternehmensstiftungen sind dagegen eine Form, Unternehmen nachhaltig zu sichern. Das zeigt das Beispiel der Carl-Zeiss-Stiftung, gegründet vor 125 Jahren und seit 2004 als Beteiligungsträgerstiftung alleinige Aktionärin der SCHOTT AG in Mainz und der Carl Zeiss AG in Oberkochen. „Unternehmensstiftungen dienen aber auch dazu CSR-Maßnahmen zu bündeln oder Kunstschätze zu verwalten“, sagt Bernhard Nellessen. Immer mehr an Attraktivität gewinnen seiner Ansicht nach Verbrauchsstiftungen. Bill Gates und Marc Zuckerberg haben das in den USA im großen Stil vorgemacht. In Deutschland sind solche Stiftungen noch zarte Pflänzchen. Möglicherweise auch, weil die Zulässigkeit der Verbrauchsstiftung vom Gesetzgeber erst mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts vom 28. März 2013 in § 80 Absatz 2 BGB geregelt worden ist. Eine Verbrauchsstiftung muss mindestens zehn Jahre bestehen bleiben und das Vermögen für den ausgewiesen Zweck über den gesamten Zeitraum hinweg verbraucht werden. Das bedeutet, im zehnten Jahr müssen noch Mittel für die gemeinnützige Sache vorhanden sein, das Geld darf nicht beliebig verbraucht werden.
Gutes tun und der Gesellschaft etwas zurückzugeben ist keine einfache Aufgabe. Daher lassen sich rund 90 Prozent der Stifter bei der Gründung fachlich beraten und zwei Drittel binden externes Fachwissen in die Gremien ein. Beides trägt zum Erfolg und damit zur Nachhaltigkeit bei. Auf den folgenden Seiten stellen wir einige Stiftungen vor, die von Unternehmern gegründet wurden. Eine kleine Auswahl aus der weit verzweigten Stifterlandschaft.
Autorin: Gabi Rückert
Bernhard Nellessen
Nach seinem Abitur 1977 in Bad Ems studierte Nellessen von 1979 bis 1984 Geschichte, Philosophie und Literaturwissenschaft in Mainz. Von 1995 bis 1998 war der ausgebildete Journalist stellvertretender Chefredakteur Fernsehen beim SWF. Nach der Fusion des SWF mit dem SDR zum SWR war Nellessen von 1998 bis 2003 Chefredakteur Fernsehen, Moderator des Politmagazins „Report Mainz“ und stellvertretender Landessenderdirektor Rheinland-Pfalz. Von 1. Mai 2003 bis zum 31. Oktober 2012 war er Fernsehdirektor des SWR. Ende 2012 verzichtete Nellessen auf eine dritte Amtszeit als Fernsehdirektor und gründete die Nellessen GmbH mit den Schwerpunkten Stiftungsberatung, Coaching und Kommunikation mit Sitz in Mainz.