Gründung einer OHG (Offene Handelsgesellschaft)

Die OHG ist ein Zusammenschluss von mindestens zwei Gesellschaftern, die ein Handelsgewerbe unter einer gemeinschaftlichen Firma (Name) betreiben, ohne dass eine Haftungsbeschränkung der Gesellschafter gegenüber Gläubigern besteht. Die Gesellschafter bilden somit eine Tätigkeits-, Vermögens-, Risiko- und Haftungsgemeinschaft.
Gesellschafter einer OHG können sowohl inländische als auch ausländische natürliche oder juristische Personen sowie Personengesellschaften sein. Für die Gründung einer OHG ist kein Mindestkapital vorgeschrieben. Die OHG ist auf den Betrieb eines Handelsgewebes gerichtet. Ein Handelsgewerbe ist jeder vollkaufmännische Gewerbebetrieb unter Ausschluss freiberuflicher, wissenschaftlicher und künstlerischer Tätigkeit.
Die OHG wird durch den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages zwischen den beteiligten Gesellschaftern gegründet. Der Gesellschaftsvertrag ist formfrei, sollte aber schriftlich verfasst werden. Er muss zwingend die Art der Geschäftstätigkeit und die Vereinbarung über gemeinschaftliches Auftreten nach außen enthalten. Ferner sollte der Gesellschaftsvertrag die Firma (Name) der OHG, die Kündigung und das Ausscheiden eines Gesellschafters, Entnahmen, eingebrachte Sachen, gegebenenfalls Abweichungen von der Einzelvertretungsbefugnis jedes Gesellschafters sowie eine Schlichtungsklausel enthalten. Die Firma der Gesellschaft ist vor oder unverzüglich nach Beginn der Geschäftstätigkeit durch die Gesellschafter (alle) zum Handelsregister anzumelden. Außerdem ist der Beginn des Gewerbes dem Gewerbeamt anzuzeigen. Die Geschäftspapiere müssen die notwendigen Angaben enthalten.
Die Geschäftsführung (Innenverhältnis) und Vertretung (Außenverhältnis) der OHG erfolgt durch die Gesellschafter als Organe. Die Gesellschafter können zusätzlich einen Nichtgesellschafter (zum Beispiel einen Prokuristen) für diese Tätigkeiten bevollmächtigen. Grundsätzlich ist jeder Gesellschafter zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berufen. Jeder Gesellschafter kann ohne Mitwirkung der anderen wirksam im Namen der OHG handeln. Eine hiervon abweichende Vereinbarung muss zum Handelsregister angemeldet werden. Grundlagengeschäfte, die das Organisationsverhältnis der Gesellschaft betreffen, wie zum Beispiel die Änderung der Firma oder die Aufnahme eines neuen Gesellschafters können jedoch nur gemeinsam getätigt werden.
Die Gesellschafter einer OHG haften den Gläubigern persönlich und gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Der Gläubiger kann die Leistung nach seinem Belieben ganz oder zum Teil von jedem Gesellschafter fordern bis sie vollständig erfüllt ist. Die Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten kann nicht innerhalb des Gesellschaftsvertrages gegenüber Dritten ausgeschlossen oder begrenzt werden. Wer sich an einer OHG beteiligt, haftet für die zum Zeitpunkt des Eintritts bestehenden Schulden. Ausgeschiedene Gesellschafter müssen noch bis fünf Jahre nach dem Austritt für die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten haften.
Die OHG ist kraft Gesetzes Vollkaufmann und somit verpflichtet, Bücher zu führen und regelmäßig einen Jahresabschluss zu erstellen. Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Der Umfang des Jahresabschlusses und die Publizitätspflichten richten sich nach der Größe der Gesellschaft.
Vor- und Nachteile
Vorteile:
  • der Gesellschaftsvertrag kann relativ frei gestaltet werden
  • das Unternehmen kann flexibel geführt werden
  • hohe Kreditwürdigkeit
Nachteile:
  • volle unbeschränkte Haftung aller Gesellschafter
  • starkes Vertrauensverhältnis unter Gesellschaftern wegen der "Einzelvertretungsmacht" erforderlich
  • Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern können den Bestand der Gesellschaft gefährden (denken Sie an eine Schlichtungsklausel im Vertrag!)
  • Nachfolgeprobleme, falls der Gesellschaftervertrag mit dem Testament nicht übereinstimmt
Muster eines Gesellschaftsvertrages zur Gründung einer OHG
Das Beispiel zeigt, wie der Gesellschaftsvertrag zur Errichtung einer OHG unter Einbringung des Geschäfts eines Einzelkaufmanns aussehen kann.
Die Satzung geht von folgendem Gründungsfall aus:
Friedrich Fuchs betreibt ein florierendes im Handelsregister eingetragenes Einzelunternehmen unter der Firma "Friedrich Fuchs- Wild- und Geflügelmetzgerei e.K.". Herr Fuchs möchte seinen Freund Heinrich Hase als gleichberechtigten Kompagnon aufnehmen.
§ 1 Name, Sitz
Die Gesellschafter Friedrich Fuchs und Heinrich Hase errichten unter der Firma "Fuchs & Hase Wild- und Geflügelspezialitäten OHG" eine offene Handelsgesellschaft, die das von Herrn Fuchs bisher allein geführte Geschäft betreibt. Der Gesellschafter Hase haftet nicht für die im Betrieb des Geschäfts entstandenen Verbindlichkeiten des bisherigen Inhabers.
Sitz der Gesellschaft ist Mainz.
§ 2 Gegenstand des Unternehmens
Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb einer Wild- und Geflügelmetzgerei sowie der Groß- und Einzelhandel mit Wild und Geflügel aller Art.
Die Gesellschaft darf Zweigniederlassungen errichten und gleichartige Unternehmen erwerben oder sich an ihnen beteiligen.
§ 3 Dauer, Geschäftsjahr
Die Gesellschaft beginnt mit Abschluß dieses Vertrages. Die Gesellschafter stimmen einer Aufnahme der Geschäftstätigkeit vor Eintragung im Handelsregister ausdrücklich zu.
Die Dauer der Gesellschaft ist nicht begrenzt.
Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr.
§ 4 Einlagen
Der Gesellschafter Friedrich Fuchs bringt in die Gesellschaft das bisher von ihm betriebene Einzelunternehmen "Friedrich Fuchs Wild- und Geflügelmetzgerei e.K." mit allen in der zum 31.12.2013 aufgestellten Bilanz enthaltenen Aktiven und Passiven. Die erstellte Bilanz wird von den Gesellschaftern als bindend anerkannt. Der Wert der Einlage von Fuchs wird mit 200.000,- Euro angenommen.
Der Gesellschafter Hase leistet eine Einlage von 200.000,- Euro in bar.
Die Einlagen bilden das Festkapital der Gesellschaft und werden auf festen Kapitalkonten gebucht.
§ 5 Geschäftsführung, Vertretung
Zur Geschäftsführung sind beide Gesellschafter berufen, und zwar jeweils einzeln. Beide Gesellschafter haben der Gesellschaft ihre volle Arbeitskraft zu widmen.
Die Gesellschaft wird durch jeden der beiden Gesellschafter allein vertreten.
§ 6 Tätigkeitsvergütung
Für ihre Geschäftsführungstätigkeit erhalten die Gesellschafter Fuchs und Hase monatlich je Euro 2500,-. Dieser Betrag soll jeweils nach Ablauf von zwei Jahren unter Berücksichtigung der Entwicklung der Lebenshaltungskosten neu festgesetzt werden.
Ist ein Gesellschafter durch Krankheit länger als sechs Monate an der Geschäftsführung verhindert, kann für ihn eine Hilfskraft eingestellt werden, deren Gehalt zulasten der Tätigkeitsvergütung des betreffenden Gesellschafters geht. Dauert die Krankheit länger als ein Jahr, so hat der andere Gesellschafter das Recht, die Gesellschaft zu kündigen und das Handelsgeschäft mit Aktiven und Passiven unter unveränderter Firma allein fortzuführen. Das Abfindungsguthaben des betroffenen Gesellschafters bestimmt sich nach § 12 dieses Vertrages.
§ 7 Gesellschafterbeschlüsse
Gesellschafterbeschlüsse können nur von beiden Gesellschaftern einstimmig gefasst werden. Abweichend von § 5 dieses Vertrages ist für die Vornahme außergewöhnlicher Geschäfte ein vorheriger Gesellschafterbeschluss erforderlich. Dazu gehören insbesondere
  • Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken
  • Abschluss von Mietverträgen
  • Aufnahme von Krediten über Euro 50.000,-
  • Übernahme von Bürgschaften oder Garantiezusagen
  • Eingehung von Wechselverbindlichkeiten
  • Einstellung und Entlassung von Personal
§ 8 Gewinn- und Verlustverteilung
Von dem Jahresgewinn des ersten Geschäftsjahres (Rumpfjahr) erhalten Fuchs 60% und Hase 40%. Beginnend mit dem darauffolgenden Geschäftsjahr erhalten Fuchs und Hase jeweils die Hälfte.
Die Gesellschafter nehmen am Verlust je zur Hälfte teil. Das gleiche gilt für eine etwaigen Liquidationsgewinn oder -verlust.
§ 9 Entnahmen
Jeder Gesellschafter ist berechtigt, 80% seines Gewinnanteils am Ende des Geschäftsjahres zu entnehmen, in dem der Gewinn erzielt wurde. Darüber hinausgehende Entnahmen sind nur in beiderseitigem Einverständnis der Gesellschafter zulässig.
§ 10 Kündigung
Jeder Gesellschafter kann das Gesellschaftsverhältnis mit einer Frist von einem halben Jahr zum Ende eines Geschäftsjahres kündigen, erstmals jedoch zum 31.12.2015. Die Kündigung hat mit eingeschriebenem Brief zu erfolgen. Kündigt ein Gesellschafter die Gesellschaft, so hat der andere Gesellschafter das Recht, das Geschäft unter Ausschluss der Abwicklung mit allen Aktiven und Passiven zu übernehmen und unter unveränderter Firma fortzuführen. Das gleiche gilt, wenn ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet.
Ein Gesellschafter scheidet aus der Gesellschaft aus, wenn
  • Über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung des Verfahrens mangels ausreichender Masse abgelehnt wird,
  • sein Auseinandersetzungsguthaben von einem Privatgläubiger gepfändet und die Pfändung nicht innerhalb von drei Monaten wieder aufgehoben wird, oder
  • durch gerichtliche Entscheidung die Auflösung der Gesellschaft wegen Vorliegens eines wichtigen, in der Person des Gesellschafters liegender Grund ausgesprochen wird.
§ 11 Tod eines Gesellschafters
Beim Tode eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern mit den Erben oder anderweitig durch Verfügung von Todes wegen berufenen Personen fortgeführt.
§ 12 Auseinandersetzung
Das Auseinandersetzungsguthaben des ausscheidenden Gesellschafters wird aufgrund einer Auseinandersetzungsbilanz ermittelt, in der die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten mit ihren wahren Werten anzusetzen sind. Ein Firmenwert und sonstige immaterielle Vermögensgegenstände werden nicht angesetzt.
Das so ermittelte Auseinandersetzungsguthaben ist dem ausscheidenden Gesellschafter in sechs gleichen Halbjahresraten auszuzahlen, erstmals drei Monate nach dem Ausscheidensstichtag. Ausstehende Beträge sind mit 2 % über Basiszinssatz zu verzinsen. Der Gesellschaft ist eine frühere Auszahlung gestattet. Der Ausscheidende kann eine Sicherstellung nicht verlangen.
§ 13 Liquidation
Wird die Gesellschaft aufgelöst, ohne dass ein Gesellschafter von seinem Übernahmerecht Gebrauch macht, erfolgt die Abwicklung durch beide Gesellschafter als Liquidatoren.
Der Liquidationserlös steht den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten zu.
§ 14 Vertragsänderungen
Dieser Vertrag kann nur einstimmig geändert werden. Für Vertragsänderungen gilt das Erfordernis der Schriftform, soweit nicht das Gesetz zwingend eine andere Form vorschreibt.
§ 15 Schlussbestimmungen
Soweit dieser Vertrag keine abweichende Regelung enthält, finden die gesetzlichen Bestimmungen Anwendung, insbesondere §§ 105 ff HGB.
Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Eine unwirksame Bestimmung ist durch eine solche zu ersetzen, die dem angestrebten wirtschaftlichen Zweck möglichst nahe kommt.
Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist Mainz.
Wichtig: Es handelt sich hier lediglich um ein unverbindliches Muster eines Gesellschaftsvertrages. Spezielle Fragen sind mit dem beurkundenden Notar abzustimmen.