Videoüberwachung

Rechtsgrundlage

In jedem Arbeitsverhältnis besteht für den Arbeitgeber ein Interesse daran, die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer in verschiedener Hinsicht zu kontrollieren. Große Bedeutung hat dabei in der Praxis die Kontrolle zur Vermeidung von Vermögensdelikten. Wegen der oftmals erheblichen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers scheidet eine einseitige Einführung der unterschiedlichsten Kontrollmaßnahmen durch den Arbeitgeber regelmäßig aus. Derartige Maßnahmen können nur einvernehmlich im Arbeitsvertrag geregelt werden oder bedürfen ansonsten einer Betriebsvereinbarung bzw. eines Tarifvertrages als Rechtsgrundlage.
Zulässigkeitsgrenzen
Zulässigkeitsgrenzen für Kontrollmaßnahmen des Arbeitgebers existieren im Wesentlichen in zweifacher Hinsicht. Auf der individualrechtlichen Ebene des Einzelarbeitsvertrages stellt der verfassungsrechtlich gewährleistete Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz) die maßgebende Schranke dar. Zu beachten ist dabei allerdings, dass Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht in Einzelfällen auf Grund einer Güter- und Interessenabwägung gerechtfertigt sein können (so das Bundesarbeitsgericht zur heimlichen Videoüberwachung eines Arbeitnehmers bei konkretem Tatverdacht; siehe unten).
In kollektivrechtlicher Hinsicht sind vom Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz zu beachten. Soweit der Arbeitgeber mit der Kontrolle bzw. Überwachung der Arbeitnehmer Vertragsverstöße beweisen will, muss er diese Zulässigkeitsgrenzen beachten, da ansonsten ein Beweisverwertungsverbot eingreift. Ausnahmsweise können jedoch auch mitbestimmungswidrig erlangte Beweismittel wie heimlich hergestellte Videoaufzeichnungen im Arbeitsgerichtsprozess verwertet werden. Dies setzt jedoch voraus, dass sie nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen gerechtfertigt sind (s. u.) und der Betriebsrat der Verwendung dieser Beweismittel nachträglich zustimmt.

Zulässigkeitsgrenzen

Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen Räumen
Öffentlich zugängliche Räume sind zum Beispiel Verkaufsräume, Ausstellungsräume, Schalterhallen. Nicht öffentlich sind hingegen Räume, zu denen nur die Mitarbeiter Zutritt haben, z. B. Aufenthaltsräume für das Personal oder auch Mitarbeiterparkplätze. Soweit in öffentlich zugänglichen Räumen aus Sicherheitsgründen Videoüberwachung stattfindet, werden dabei häufig auch die eigenen Mitarbeiter von den Kameras erfasst. Das Bundesdatenschutzgesetz reglementiert verbindlich diese Videoüberwachung.
Danach ist eine Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume zulässig, soweit:
  1. sie zur Wahrung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und
  2. keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen des Betroffenen überwiegen.
Zulässig ist beispielsweise die Videoüberwachung in den Geschäftsräumen von Kaufhäusern und Tankstellen zur Verhinderung von Diebstählen, da hier ein ständiger Warenverlust droht oder auch bei Bankschaltern, wo die Videoüberwachung häufig das einzige Mittel darstellt, um Täter zu ermitteln.
Wenn Videoüberwachung stattfindet, ist dies erkennbar zu machen. Darüber muss auch erkennbar sein, wer überwacht. Die Daten sind unverzüglich wieder zu löschen, wenn der Zweck erreicht ist. Auch hier gilt, dass die Daten nur für den ursprünglichen Zweck verwendet und nicht anderweitig ausgewertet werden dürfen.
Wenn der Arbeitgeber also seine Verkaufsräume videoüberwacht, um Diebstahl zu verhindern (berechtigtes Interesse), darf er die Videoaufnahmen nicht dazu benutzen, das Arbeitsverhalten seiner Mitarbeiter zu kontrollieren. Eine solche Videokontrolle am Arbeitsplatz ist ohnehin grundsätzlich nicht zulässig, weil sie das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers verletzt (siehe oben). Der durch eine sichtbare Videoüberwachung auf dem Arbeitnehmer lastende Überwachungsdruck stellt einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Er ist nur dann gerechtfertigt, wenn bei einer umfassenden Interessenabwägung das Kontrollinteresse des Arbeitgebers ausnahmsweise das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eindeutig überragt. Die Arbeitgeberinteressen überwiegen dann, wenn schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers schwer beeinträchtigt sind, wie etwa bei gegen ihn gerichteten Straftaten. Es muss also beispielsweise ein konkreter Tatverdacht (z. B. Diebstahl, Unterschlagung) gegen eine Person oder Personengruppe bestehen, damit die vorübergehende und verdachtsabhängige Kontrollmaßnahme des Arbeitgebers zulässig ist. Außerdem darf Abhilfe nicht auf anderem Wege erreicht werden können.
Eine dauerhafte und verdachtsunabhängige Videoüberwachung am Arbeitsplatz hingegen ist unverhältnismäßig und damit unzulässig. Die bisherigen Entscheidungen insbesondere des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Zulässigkeit von heimlichen - also dem Arbeitnehmer nicht bekannten – Videoaufnahmen in öffentlich zugänglichen Verkaufsräumen gleichen sich darin, dass die Videoüberwachung stets als nicht erforderlich abgelehnt wurde (vgl. BAG-Urteile vom 29.06.2004, 27.03.2003, 07.10.1987 u. a.). Mehrfach findet sich dabei der gerichtliche Hinweis, dass auch eine offene – also für den Arbeitnehmer erkennbare - Überwachung ihren Zweck erfüllt hätte.

Formulierungshilfe / Zusammenfassung

Formulierungshilfe:
„Der Mitarbeiter erklärt sich damit einverstanden, dass die Verkaufsräume und insbesondere der Eingangs- und Kassenbereich videoüberwacht wird. Dies erfolgt zur Verringerung und Verhütung von Ladendiebstählen und Raubüberfällen und um die Ermittlung der Täter zu erleichtern.” (Ggf. ist zu ergänzen, wer zugriffsberechtigt auf die Daten ist, wie lange die Aufzeichnungen aufbewahrt werden bzw. wann sie gelöscht werden).
Zusammenfassung:
Videoüberwachung von Arbeitnehmern ist damit regelmäßig nur in engen Grenzen zulässig. Offene Videokontrolle ist eher zulässig als eine heimliche Kamera. Zum einen dürfen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter bei konkretem Straftatverdacht vorübergehend heimlich per Video überwachen, soweit andere weniger einschneidende Maßnahmen nicht zum Erfolg führen. Die mittels Videoaufnahmen erlangten Erkenntnisse sind dann auch gerichtlich verwertbar. Auch sichtbare Kameras, die systematisch, dauerhaft und verdachtsunabhängig filmen, sind nur zulässig, wenn sie das einzig mögliche Kontrollmittel sind. Dies ist beispielsweise der Fall in Kaufhäusern zur Aufklärung von Ladendiebstählen, da dort ein ständiger Warenverlust droht oder bei Bankschaltern, wo die Videoüberwachung regelmäßig das einzige Mittel darstellt, um Täter zu ermitteln. In jedem Fall sollte der Arbeitgeber die möglichen negativen Folgen, die mit der Einführung einer Überwachungsanlage verbunden sind, nicht außer Acht lassen. Zu denken ist hier insbesondere an die Gefahr eines erhöhten Krankenstandes sowie einer Verschlechterung des Betriebsklimas, ausgelöst durch den zunehmenden Kontrolldruck, dem sich die Mitarbeiter ausgesetzt sehen.