Gesellschaftsrecht

Für die Marktentwicklung stehen ausländischen Investoren in der Ukraine verschiedene Rechtsformen zur Verfügung. Es gibt zwei Grundtypen: die Repräsentanz und die juristische Person. Daneben gibt es eine Sonderform des Joint Venture durch einen sogenannten "Vertrag über die gemeinsame Tätigkeit", der jedoch in der Praxis fast nie vorkommt und daher hier nicht weiter betrachtet wird.
Die Repräsentanz ist im Prinzip eine Zweigniederlassung der ausländischen Muttergesellschaft und keine eigenständige juristische Person. Die Muttergesellschaft ist immer berechtigt und verpflichtet. Je nach Umfang ihrer Tätigkeit ist sie häufig eine steuerliche Betriebsstätte. Für die Errichtung einer Produktionsstätte in der Ukraine kommt eine Repräsentanz jedoch praktisch nicht in Frage.
Gebräuchliche juristische Personen sind vor allem die Aktiengesellschaft und die GmbH. Sie haften nur mit ihrem eigenen Vermögen; ein Vorgehen gegen den Gesellschafter ist kaum möglich (sog. "Durchgriffshaftung"). Die häufigste Rechtsform ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, auf Ukrainisch abgekürzt TOV. Die TOV ist weitgehend mit der GmbH westlicher Rechtsordnungen vergleichbar, wobei natürlich Besonderheiten im Detail zu beachten sind.
Sonderformen wie die aus dem deutschen Recht bekannte GmbH & Co KG sind nach ukrainischem Recht theoretisch möglich. Da ukrainische Personengesellschaften aber wie juristische Personen besteuert werden, gibt es dafür keinen steuerlichen Anreiz.

I. Übersicht Unternehmen

Typische Gesellschaftsformen in der Ukraine ist die TOV sowie die öffentliche (PAT) und private (PrAT) Aktiengesellschaft. Diese unterliegen einem besonderen und Gründungs- und Registrierungsverfahren. Kapitalgesellschaften verfügen über ein eigenes Vermögen, mit dem für ihre Verbindlichkeiten gehaftet wird. Sie können im eigenen Namen Eigentumsrechte und persönliche Nicht-Eigentumsrechte erwerben, diese Rechte geltend machen und vor Gericht als Kläger und Beklagte auftreten.

II. Registrierung von juristischen Personen

Eine juristische Person entsteht mit ihrer staatlichen Registrierung. Grundsätzlich sind alle juristischen Personen registrierungspflichtig, unabhängig von ihrer Organisations- und Rechtsform.
Die Eintragung erfolgt im Firmenregister am Sitz der juristischen Person. Innerhalb von drei Arbeitstagen nach der Anmeldung stellt der Registrator den Auszug aus dem Einheitlichen staatlichen Register juristischer Person, privater Unternehmer und sozialer Vereinigungen (Unternehmensregister) aus.
Dieser Register steht zur allgemeinen Einsichtnahme, auch über das Internet, zur Verfügung. Es enthält u.a. Informationen über die Personen, die befugt sind, die Gesellschaft ohne weitere Vollmacht.

III. Organisatorische Verfassung von Unternehmen

Die Gesellschafterversammlung ist das höchste Entscheidungsgremium in jeder Gesellschaft. Sie trifft grundlegende Entscheidungen wie Kapitalmaßnahmen, Kompetenzverteilung, Geschäftsausrichtung, Gewinnverwendung und Liquidation. Die laufende Verwaltung der TOV obliegt entweder dem Generaldirektor als Einzelorgan oder dem Direktorenrat als Kollegialorgan.
Es können besondere Vertretungsregelungen wie das "Vier-Augen-Prinzip" und/oder Summenbeschränkungen und Genehmigungsvorbehalte festgelegt und im Unternehmensregister eingetragen werden. Der Begriff "Prokura" existiert im Geschäftsleben nicht, aber es können Vollmachten erteilt werden, die jedoch nicht im Unternehmensregister eingetragen werden.
Zur Überwachung der Geschäftsführung kann ein Aufsichtsrat gebildet werden, auch bei der TOV. Bei Aktiengesellschaften ist die Bestellung eines Aufsichtsrats zwingend erforderlich. Zusätzlich kann eine Revisionskommission gebildet werden, um die finanziellen und wirtschaftlichen Aktivitäten des Exekutivorgans zu überwachen. In der Praxis wird die Revisionskommission in TOVs jedoch selten gebildet, während sie in Aktiengesellschaften regelmäßig vorhanden ist.

IV. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (TOV)

In der Praxis ist die TOV die populärste Rechtsform, weil sie am einfachsten zu gründen und zu betreiben ist. Sie wird auch von ausländischen Investoren regelmäßig bevorzugt.
Sie wird daher im Folgenden ausführlicher beschrieben.

Gesellschafter

Eine TOV kann verschiedene Gesellschafter haben, darunter natürliche und juristische Personen sowie Alleingesellschafter. Jeder Gesellschafter hat das Recht, seinen Anteil an der Gesellschaft ganz oder teilweise an andere Gesellschafter zu verkaufen oder anderweitig abzutreten. Wenn ein Verkauf an Dritte stattfindet, gelten Vorkaufsrechte, und es können besondere Genehmigungserfordernisse in der Satzung festgelegt werden.
Minderheitsgesellschafter haben das Recht, sich ohne besonderen Grund jederzeit aus dem Unternehmen zurückzuziehen. Der Austritt des Mehrheitsgesellschafters (mehr als 50 Prozent der Anteile) erfordert jedoch die Zustimmung der Mitgesellschafter. Gesellschafter können ihre Beziehungen untereinander zusätzlich durch Gesellschaftsverträge regeln, einschließlich Stimmrechtsvereinbarungen.
Solche Vereinbarungen können auch Kauf- und Verkaufsoptionen sowie Dragalong- und Tagalong-Rechte beinhalten. Gesellschafter können unwiderrufliche Vollmachten erteilen, um ihre Verpflichtungen aus Aktionärsvereinbarungen zu erfüllen.

Satzungskapital

Das Satzungskapital einer Gesellschaft besteht aus den Beiträgen der Gesellschafter, deren genaue Höhe in der Satzung festgelegt wird. Es gibt kein festgelegtes Mindestkapital, jedoch wird empfohlen, die Gesellschaft ausreichend zu kapitalisieren.
Die Einzahlung muss innerhalb von sechs Monaten nach Gründung erfolgen, es sei denn, die Satzung sieht etwas anderes vor. Die Leistung erfolgt üblicherweise in Geld, kann aber auch durch Sachleistungen erfolgen. Bei Sachleistungen durch ausländische Gesellschafter ist die Einfuhr zollfrei, jedoch fällt Einfuhrumsatzsteuer an, es sei denn, es liegt eine Befreiung im Rahmen von Investitionsförderprogrammen vor.

Gründung der TOV

Die Registrierung der TOV im Handelsregister ist nach einem Tag abgeschlossen. Für die Vorbereitung der Gründung, sollte allerdings mehr Zeit geplant werde, insbesondere für die Vorbereitung allfähiger Dokumente im Ausland (Handelsregisterauszug, Vollmachten), da diese Dokumente regelmäßig einer Apostille bedürfen. Insgesamt dauert die Gründung einer TOV etwa zwei bis vier Wochen.

Gesellschafterversammlungen

Die Gesellschafter nutzen ihre Rechte in der Gesellschafterversammlung aus, die mindestens einmal jährlich innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Geschäftsjahres einberufen werden muss.
Auf der ordentlichen Gesellschafterversammlung wird zumindest über die Gewinnverwendung entschieden; eine förmliche "Entlastung der Geschäftsführung" ist jedoch nicht erforderlich. Gesellschafterversammlungen können persönlich, telefonisch oder per Videokonferenz abgehalten werden.
Zudem können Gesellschafterbeschlüsse schriftlich im Umlaufverfahren gefasst werden, wobei es bestimmte Einschränkungen gibt. Im Fall eines Alleingesellschafters erfolgen Beschlüsse durch schriftlichen Beschluss des Gesellschafters.

Geschäftsführung

Die Geschäftsführung kann aus einer Person (Direktor) oder aus mehreren Personen als Kollegialorgan (Direktion) bestehen. Auch Personen, die nicht Gesellschafter sind, können als Direktor oder Mitglieder der Direktion ernannt werden.
Die Geschäftsführung wird von der Gesellschafterversammlung bestellt. Die Geschäftsführung ist für die Umsetzung der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verantwortlich.
Das Gesetz über die TOV sieht ausdrücklich ein Wettbewerbsverbot und eine Geheimhaltungspflicht vor und verpflichtet die Geschäftsführung, die mit ihnen verbundenen Personen offenzulegen und gegebenenfalls auf Interessenkonflikte hinzuweisen.

Kapitalmaßnahmen und finanzielle Ressourcen des Unternehmens

Die Erhöhung oder Herabsetzung des satzungsgemäßen Kapitals einer TOV erfordert einen Beschluss der Gesellschafterversammlung und die Eintragung entsprechender Änderungen in das Unternehmensregister.
Viele Unternehmen erhalten Gesellschafterdarlehen, insbesondere in der Anfangsphase. Dazu ist es erforderlich, dass die betreuende Bank den Kredit bei der Nationalbank registriert. Dies ist ein bankinterner Prozess; allerdings sind die KYC-Anforderungen in den Banken in den letzten Jahren erheblich gestiegen.
Darüber hinaus müssen steuerrechtliche Aspekte wie die "Thin Capitalization Rule" berücksichtigt werden. Ukrainische Gewinnsteuerzahler unterliegen Abzugsbeschränkungen beim Zinsaufwand, wenn Darlehen von ausländischen Kreditgebern das 3,5-fache des Eigenkapitals übersteigen.
Autor: Dr. Julian Ries
Rechtsanwalt und Partner bei INTEGRITES International Law Firm München / Kiew
Julian.ries@integrites.com