Besondere Rechtsvorschrift für die "Zusatzqualifikation Europakaufmann / Europakauffrau"

Die Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen erlässt aufgrund des Beschlusses im Umlaufverfahren (im Zeitraum 24.01.2018 – 09.02.2018) des Berufsbildungsausschusses vom 09.02.2018 als zuständige Stelle nach § 9 in Verbindung mit § 79 Abs. 4 Berufsbildungsgesetz vom 23. März 2005 (BGBI. I S. 931), zuletzt geändert durch Art. 14 des Gesetzes vom 17.Juli 2017 (BGBI. I, Seite 2581), folgende besondere Rechtsvorschriften für die “Zusatzqualifikation Europakaufmann / Europakauffrau”.

§ 1 Ziel der Prüfung

(1) Die Prüfung dient dem Nachweis von Kenntnissen, Fertigkeiten und Erfahrungen, die Auszubildende in einem anerkannten kaufmännisch – verwaltenden Ausbildungsberuf über die in der jeweiligen Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Inhalte hinaus erworben haben.
(2) Durch die Prüfung ist festzustellen ob der Prüfungsteilnehmer / die Prüfungsteilnehmerin die in § 3 genannten Prüfungsinhalte beherrscht und diese Kenntnisse praxisgerecht umsetzen bzw. anwenden kann.

§ 2 Zulassungsvoraussetzungen

(1) Zur Prüfung werden Personen zugelassen, die
  • ein bestehendes Berufsausbildungsverhältnis gemäß Berufsbildungsgesetz in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf haben sowie
integriert in die duale Berufsausbildung
  • eine Vorbereitung auf die Prüfung “Internationale Geschäftsprozesse” (Teilnahmebescheinigung der Schule) mit mind. 160 Unterrichtseinheiten im Prüfungsbereich “Internationale Geschäftsprozesse” ergänzend zum regulären Berufsschulunterricht besucht haben,
  • ein Sprachenzertifikat in einer europäischen Fremdsprache in mindestens der Niveaustufe B1 oder vergleichbare Leistungen (z.B. das KMK-Fremdsprachenzertifikat in Englisch in der Niveaustufe B1 (“Threshold”))
  • ein europäische Sprachenzertifikat (z.B. TELC) in einer zweiten europäischen Fremdsprache in mindestens der Niveaustufe A2 oder vergleichbare Leistungen,
  • den Europäischen Computerführerschein “ECDL-Start”
  • insgesamt 3 Wochen Auslandspraktikum im Rahmen der dualen Berufsausbildung inklusive Praktikumsbericht nachweisen.
(2) Es können auch Personen bis zu einem Jahr nach Ende des Berufsausbildungsverhältnisses gemäß Absatz 1 zugelassen werden, welche die Vorbereitung auf diese Prüfung bereits während des Ausbildungsverhältnisses begonnen haben und nicht später als ein Jahr nach Ende des Berufsausbildungsverhältnisses beendet haben.

§ 3 Gliederung der Prüfung und Prüfungsanforderungen

(1) Die Prüfung im Bereich “Internationale Geschäftsprozesse“ wird schriftlich durchgeführt,
(2) Die Prüfung gliedert sich in zwei Prüfungsbereiche:
  1. Ein Produkt auf einem ausländischen Markt positionieren.
  2. Auslandsaufträge anbahnen, abwickeln und bewerten.
Im Prüfungsbereich “Ein Produkt auf einem ausländischen Markt positionieren” sind mehrere praxisbezogene Aufgaben zu bearbeiten. In diesem Rahmen können insbesondere folgende Inhalte geprüft werden:
  1. Grundlagen des Außenhandels:
    a) Geschichtlicher Hintergrund und Ursachen der Globalisierung
    b) Entwicklung des Welthandels
    c) Anlässe und Motive zur Internationalisierung
    d) Ziele und Bedeutung des Außenhandels/ internationaler Tätigkeiten
    e) Probleme und Formen des Außenhandels
    f) Internationale Organisationen und Außenhandelsinstitutionen
  2. Entwicklung und Bedeutung des internationalen Marketings
    a) Vergleich nationales und internationales Marketing
    b) Herausforderungen an das internationale Marketing
  3. Internationale Marktforschung Schwerpunkt Europa
    a) Internationale Marktforschung (Informations-/ Risiko-/ Perspektivanalyse)
    - Analyse der globalen Rahmenbedingungen
    - Analyse von Branche und Wettbewerb
    - Unternehmensanalyse
    b) Prognose
  4. Ziele und Strategien des internationalen Marketings
    a) Marktsegmentierung und Positionierung
    b) Marktselektion
    c) Formen des Markteintritts
    d) Marktbearbeitungsstrategien
  5. Marketing-Mix und Controlling im internationalen Marketing
    a) Internationale Produkt-, Preis-, Kommunikations- und Distributionspolitik
    b) Internationaler Marketingmix
    c) Marketing-Audits
    d) Ursachenanalyse und Planung von Anpassungsmaßnahmen
Im Prüfungsbereich “Auslandsaufträge anbahnen, abwickeln und bewerten” sind mehrere praxisbezogene Aufgaben zu bearbeiten. In diesem Rahmen können insbesondere folgende Inhalte geprüft werden:
  1. Geschäftsanbahnung
    a) Außenwirtschaftsgesetz
    b) Institutionen des Außenhandels
    c) Formen des Außenhandels
  2. Internationales Kaufvertragsrecht
    a) UN-Kaufrecht
    b) Allgemeine Geschäftsbedingen
  3. Lieferbedingungen (einschließlich Incoterms)
  4. Zahlungsbedingungen und Auslandszahlungsverkehr insbesondere
    a) Nichtdokumentärer Zahlungsverkehr
    b) Dokumenten-Akkreditiv und Dokumenteninkasso
    c) Währungsrechnen
    d) Absicherung von Währungsrisiken
    e) Außenhandelsfinanzierung
    f) Sicherungsarten im Außenhandel
  5. Außenhandelskalkulation
    a) Kalkulation eines Angebotes auf der Basis der Incoterms
    b) Kalkulation im Import
  6. Dokumentation von Warensendungen
    a) Transportdokumente
    b) Versicherungsdokumente
    c) Handels- und Zolldokumente
  7. Zollwesen und Außenwirtschaftsrecht
    a) Verbote und Beschränkungen im Warenverkehr
    b) Zolltarife und zollrechtliche Bestimmungen
    c) Warenursprung und Präferenzen
    d) Umsatzsteuer
(3) Die Bearbeitungszeit beträgt insgesamt höchstens 240 Minuten, wobei jeder Prüfungsbereich höchstens 120 Minuten umfasst.

§ 4 Bestehen der Prüfung

(1) Die Prüfungsbereiche sind einzeln zu bewerten und mit jeweils 50 Prozent zu gewichten.
(2) Die Prüfung ist bestanden, wenn die Leistungen im Gesamtbereich mit mindestens “ausreichend” und in keinem Prüfungsbereich mit “ungenügend” bewertet worden sind.

§ 5 Anwendbare Prüfungsordnung

Soweit diese besonderen Rechtsvorschriften kein abweichenden Regelungen enthalten, ist die Prüfungsordnung für die Durchführung von Abschluss- und Umschulungsprüfungen der IHK für Rheinhessen in ihrer jeweils geltenden Fassung angzuwenden.

§ 6 Zeugnis

Das Zeugnis enthält
  • das Gesamtergebnis der Prüfungsleistung “Internationale Geschäftsprozesse” sowie die Ergebnisse der beiden Prüfungsbereiche als Punktzahl und Note,
  • einen Vermerk auf die in § 2 beschriebenen Zulassungsvoraussetzungen.

§ 7 Inkrafttreten

Diese Rechtsvorschrift für die Durchführung von Prüfungen für die “Zusatzqualifikation Europakaufmann / Europakauffrau tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung im Wirtschaftsmagazin der Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen in Kraft.
Mainz, 09.08.2018
Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen
Dr. Engelbert Günster
Präsident
Günter Jertz
Hauptgeschäftsführer