Verfahrensordnung des Schlichtungsausschusses

Der Berufsbildungsausschuss der Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen hat am 08.06.2016 diese Schlichtungsordnung beschlossen:

§ 1 Errichtung und Zusammensetzung

  1. Die Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen errichtet gem. § 111 Abs. 2 ArbGG einen Ausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis innerhalb des Kammerbezirks.
  2. Der Ausschuss setzt sich aus je einem Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zusammen. Die Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen beruft zusätzlich einen Vertreter der Lehrer. Im Fall des § 10 Abs. 2 muss eine Stellvertreterin oder ein Stellvertreter berufen werden.
  3. Die Mitglieder des Ausschusses werden von der Kammer für höchstens fünf Jahre berufen. Für die Berufung legt der Berufsbildungsausschuss Vorschläge vor.
  4. Die Mitglieder üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Für bare Auslagen und für Zeitversäumnis wird eine Entschädigung gewährt.

§ 2 Zuständigkeit

  1. Der Ausschuss entscheidet über Streitigkeiten
    1. aus einem bestehenden Ausbildungsverhältnis
    2. über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Ausbildungsverhältnisses
    3. aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Ausbildungsverhältnis im Zusammenhang stehen.
  2. Die Zuständigkeit des Ausschusses entfällt, nach Abschluss der Ausbildung.
  3. Die Geschäftsstelle entscheidet über die Nichtzuständigkeit des Ausschusses.

§ 3 Vorsitz

Den Vorsitz übernimmt ein Mitglied des Ausschusses nach vorausgegangener Verständigung oder nach Losentscheid. Der Vorsitz leitet die Sitzung.

§ 4 Beschlüsse

Sprüche und Beschlüsse bedürfen der Stimmenmehrheit der Ausschussmitglieder.

§ 5 Anrufung des Ausschusses

  1. Der Ausschuss wird nur auf Antrag der Auszubildenden oder des Auszubildenden oder des Ausbildenden tätig. Ist die Antragstellerin oder der Antragssteller minderjährig, so kann der Antrag nur von den gesetzlichen Vertretern gestellt werden.
  2. Der Antrag ist bei der Geschäftsstelle der Kammer schriftlich einzureichen oder mündlich zu Protokoll zu geben. Die Geschäftsstelle gibt den Antrag unverzüglich dem Ausschuss zur Kenntnis.

§ 6 Inhalt des Antrags

  1. Der Antrag soll enthalten:
    1. die Bezeichnung der Beteiligten (Antragstellerin oder Antragssteller und Antragsgegne rin oder Antragsgegner)
    2. ein bestimmtes Antragsbegehren
    3. eine Begründung des Antragsbegehrens
    4. die Unterschrift der Antragstellerin oder des Antragsstellers
  2. Bei unvollständigen oder unklaren Anträgen wirkt die Geschäftsstelle auf Ergänzung oder Richtigstellung hin.

§ 7 Ladung und Zustellung

  1. Die Geschäftsstelle setzt den Verhandlungstermin fest und beruft den Ausschuss ein. Sie lädt die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung durch Postzustellungsurkunde und ordnet in der Regel ihr persönliches Erscheinen an.
  2. Der Antragsgegnerin oder dem Antragsgegner ist die Ladung mit einer Ausfertigung des Antrags zuzustellen. Es ist der Antragsgegnerin oder dem Antragsgegner anheimzustellen, zu dem Antrag bereits vor dem Schlichtungstermin schriftlich Stellung zu nehmen
  3. Bei minderjährigen Beteiligten sind auch deren gesetzliche Vertreter zu laden.
  4. Die Beteiligten sind in der Ladung auf die Folgen ihres Nichterscheinens (§ 17) sowie auf die Zulässigkeit einer Vertretung (§ 8) hinzuweisen.
  5. Die Ladungsfrist beträgt mindestens eine Woche.

§ 8 Bevollmächtigte

Die Beteiligten können die Verhandlung vor dem Ausschuss selbst führen oder sich vertreten lassen. Für die Vertretung gilt § 11 Abs. 2 ArbGG.

§ 9 Öffentlichkeit

  1. Die Verhandlung vor dem Ausschuss ist nicht öffentlich.
  2. Der Ausschuss kann Personen zur Verhandlung zulassen, wenn diese ein berechtigtes Interesse nachweisen.

§ 10 Ablehnung des Vorsitzes und der beisitzenden Personen

  1. Die Ausschussmitglieder können von den Beteiligten wegen Besorgnis der Befangenheit zu Beginn der Sitzung gem. § 42 ZPO abgelehnt werden.
  2. Die Entscheidung über die Befangenheit fällt der Ausschuss mit der Geschäftsstelle; hierbei darf die betroffene Person nicht mitwirken. Liegt Befangenheit vor, ist eine Stellvertreterin oder ein Stellvertreter zu berufen.

§ 11 Verfahren vor dem Ausschuss

  1. Den Beteiligten ist ausreichend Gehör zu gewähren. Während des Verfahrens soll eine gütliche Einigung angestrebt werden. Das Verfahren ist so schnell wie möglich durchzuführen.
  2. Der Vorsitzende soll die der Aufklärung der Streitigkeit dienenden Beweismittel in die Verhandlung einbeziehen. Bildet der Ausbildende nicht selbst aus, kann das persönliche Erscheinen der mit der Ausbildung beauftragten Person angeordnet werden.
  3. Eine Beeidigung der Beteiligten, Zeugen oder Sachverständigen ist unzulässig. Zur Entgegennahme von eidesstattlichen Versicherungen ist der Ausschuss nicht berechtigt.

§ 12 Vertagung

Falls für die Aufklärung des Streitfalles ein weiterer Verhandlungstermin erforderlich ist, kann der Ausschuss die Vertagung der Verhandlung beschließen. Mit dem Beschluss über die Vertagung ist zugleich der neue Verhandlungstermin festzusetzen; der Ausschuss soll nach Möglichkeit in gleicher Besetzung zusammentreten.

§ 13 Abschluss der Verhandlung

Die Verhandlung kann abgeschlossen werden durch:
  1. gütliche Einigung (§ 14 Vergleich);
  2. einstimmigen Spruch des Ausschusses (§ 15);
  3. die Feststellung des Ausschusses, dass weder eine Einigung noch ein Spruch möglich war (§ 16);
  4. Säumnisspruch (§ 17);
  5. Rücknahme des Antrages, die vom Ausschuss festzustellen ist.

§ 14 Vergleich

Ein vor dem Ausschuss geschlossener Vergleich ist unter Angabe des Tages seines Zustandekommens von den Mitgliedern des Ausschusses und den Beteiligten unterzeichnen.

§ 15 Spruch

  1. Sofern das Verfahren keine anderweitige Erledigung findet, hat der Ausschuss einen einstimmigen Spruch zu fällen.
  2. Über den Spruch wird in Abwesenheit der Beteiligten beraten. Der Spruch wird im Anschluss daran verkündet. Dabei soll der wesentliche Inhalt der Entscheidungsgründe mitgeteilt werden.
  3. Der Spruch ist unter Angabe des Tages seines Zustandekommens von den Mitgliedern des Ausschusses zu unterzeichnen. Der Spruch ist schriftlich zu begründen, soweit die Beteiligten hierauf nicht verzichtet haben.
  4. Den Beteiligten ist unverzüglich eine vom Ausschuss unterzeichnete Ausfertigung des Spruches mit Rechtsmittelbelehrung (§ 20) auszuhändigen oder innerhalb von zwei Wochen durch Postzustellungsurkunde zuzustellen.

§ 16 Nichtzustandekommen eines Spruches

  1. Kommt im Ausschuss keine Entscheidung zustande, sind die Beteiligten durch mündliche Verkündigung zu unterrichten.
  2. Den Beteiligten ist darüber eine Niederschrift zusammen mit einer Rechtsmittelbelehrung (§ 20) auszuhändigen oder innerhalb von zwei Wochen durch Postzustellungsurkunde zuzustellen.

§ 17 Nichterscheinen von Beteiligten im Termin

  1. Erscheint die Antragstellerin oder der Antragsteller ohne ausreichende Entschuldigung nicht zum Verhandlungstermin und lässt er sich auch nicht vertreten (Säumnis), so ist auf Antrag ein Versäumnisspruch dahingehend zu erlassen, dass die Antragstellerin oder der Antragsteller mit seinem Begehren abgewiesen wird.
  2. Bei Säumnis der Antragsgegnerin oder des Antragsgegners ist dem Antragsbegehren stattzugeben, sofern die Begründung den Antrag rechtfertigt.
  3. Den Beteiligten ist der Spruch zusammen mit einer Rechtsmittelbelehrung auszuhändigen oder durch Postzustellungsurkunde zuzustellen.

§ 18 Kosten

  1. Das Verfahren ist gebührenfrei.
  2. Jeder Beteiligte trägt die ihm durch das Verfahren entstandenen Kosten selbst. Zeugen und Sachverständige sind von demjenigen Beteiligten zu entschädigen, der sie zum Beweis seiner Behauptung angeboten hat.
  3. Wenn die Regelung des Abs. 2 zu unbilligen Härten führen würde, kann der Ausschuss durch Spruch eine Kostenentscheidung fällen.

§ 19 Niederschrift

  1. Die Beteiligten erhalten auch in den Fällen des Nichtzustandekommens eines Spruches eine Niederschrift über das Ergebnis der Verhandlung.
  2. Die Niederschrift kann von einem Mitglied des Ausschusses oder von einem Protokollführer aufgenommen werden.
  3. Die Niederschrift muss enthalten:
    1. den Ort und Tag des Verhandlungstermins,
    2. die Namen des Vorsitzenden, der Ausschussmitglieder und des Protokollführers,
    3. die genaue Bezeichnung des Verfahrens nach den Beteiligten und dem Streitgegenstand,
    4. die Angabe der erschienenen Beteiligten sowie die gesetzlichen Vertreter,
    5. die wesentlichen Angaben über den Verlauf und das Ergebnis des Termins.
  4. Die Niederschrift ist vom Vorsitz und von den Protokollführenden zu unterzeichnen.

§ 20 Fristen für Anerkennung und Klage

  1. Ein vom Ausschuss gefällter Spruch (§§ 15, 17) wird nur wirksam, wenn er innerhalb einer Woche nach Aushändigung oder Zustellung anerkannt wird. Die Anerkennung des Spruches kann im Verhandlungstermin schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Ausschusses erklärt werden.
  2. Die Geschäftsstelle der Kammer hat die Beteiligten unverzüglich davon zu unterrichten, ob der Spruch anerkannt wurde. Bei Nichtanerkennung sind die Beteiligten darauf hinzuweisen, dass eine Klage beim zuständigen Arbeitsgericht nur binnen zwei Wochen nach Aushändigung oder Zustellung des Spruches zulässig ist.
  3. Ein von den Beteiligten anerkannter Spruch besitzt die Rechtskraft eines Urteils.

§ 21 Zwangsvollstreckung

Aus den Vergleichen, die vor dem Ausschuss geschlossen worden sind (§ 14) und aus Sprüchen des Ausschusses, die von den Beteiligten anerkannt sind, findet die Zwangsvollstreckung statt, wenn der Spruch von dem Vorsitzenden des Arbeitsgerichts, das für die Geltendmachung des Anspruchs zuständig wäre, für vollstreckbar erklärt worden ist.

§ 22 Inkrafttreten

Diese Verfahrensordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Mit Inkrafttreten dieser Verfahrensordnung tritt die bisherige Verfahrensordnung von April 2013 außer Kraft.