IHK-Konjunkturberichte

An der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Rhein-Neckar haben sich 395 regional ansässige Unternehmen aus allen Wirtschaftszweigen beteiligt. Der IHK-Konjunkturklimaindex fällt im Vergleich zum Frühsommer um elf Punkte und liegt aktuell bei 98 Punkten.
"Die vielen strukturellen Probleme bremsen die Entwicklung der Wirtschaft in der Rhein-Neckar Region aus. Es fehlen weiterhin Wachstumsimpulse. Vor allem die Industrie gerät in schwieriges Fahrwasser“, kommentiert Dr. Axel Nitschke, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, die Herbst-Konjunkturumfrage. „Die Stimmung in der Industrie war nur in der Finanzkrise 2008/09 und zu Beginn der Corona-Krise schlechter. Das zeigt den Ernst der Lage.“ Von der zwischenzeitlichen gesamtwirtschaftlichen Stimmungsaufhellung im Frühsommer ist im Herbst nichts mehr zu spüren. Zwar ist die Inflation zurückgegangen, doch das reicht nicht, um die Konjunktur in Schwung zu bringen. Der IHK-Konjunkturklimaindex, Gradmesser für die wirtschaftliche Entwicklung in der Rhein-Neckar-Region, beträgt aktuell 98 Punkte. Der Wert ist damit seit Mai um 11 Punkte gesunken. Erstmals seit zwei Jahren liegt er wieder unter der wichtigen 100-Punkte-Marke, die Wachstum signalisiert.
Die schwache Inlandsnachfrage ist für die Unternehmen das größte Risiko. Der Mangel an Fach- und Arbeitskräften geht etwas zurück, treibt aber immer noch mehr als die Hälfte der Unternehmen um. Jeder zweite Betrieb sieht in hohen Arbeits- und in hohen Energiekosten ein Risiko. Der deutlichste Zuwachs zeigt sich bei der Kritik an den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. 4 von 10 Unternehmen bewerten sie mittlerweile als belastend. "Die Summe von Fehlentscheidungen in den vergangenen zehn Jahren in der Energie-, Umwelt-, Sozial-, Infrastruktur- und Haushaltspolitik verhindert kurzfristig den Aufschwung und schränkt auch langfristig Wachstumspotenziale ein. Was wir jetzt brauchen, ist ein Neuanfang in allen Politikbereichen mit einem klaren Fokus auf Wachstum“, mahnt Nitschke.
Die Lagebeurteilung in den einzelnen Wirtschaftszweigen fällt unterschiedlich aus. Während die Dienstleister ihre Geschäftslage im Saldo positiv bewerten, überwiegen in der Industrie und im Handel die negativen Stimmen. "Die Industrie steckt im Tief. Und nachdem viele Dienstleister direkt oder indirekt von der Industrie abhängen, droht auch hier eine Verschlechterung der bislang noch zufrieden stellenden Geschäftslage“, so Nitschke.
Per saldo melden nur noch 6 Prozent der Unternehmen eine gute Geschäftslage. Im Vergleich zum Frühsommer bedeutet dies einen Rückgang um 13 Prozentpunkte. Auch bei den Geschäftsaussichten zeichnet sich ein Abwärtstrend ab. Sie liegen aktuell mit -10 Punkten im negativen Bereich, der Saldo war im Mai mit -1 Punkt noch nahezu ausgeglichen. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage im Herbst, an der sich 395 Unternehmen der Region aus allen Wirtschaftszweigen beteiligt haben.
Auch die Exportwirtschaft steht zunehmend unter Druck. "Die Weltwirtschaft ist im Herbst 2024 geprägt von geopolitischen Spannungen, kriegerischen Konflikten und protektionistische Maßnahmen. Hohe Kosten, beispielsweise für Energie oder Personal, nagen zudem an der Wettbewerbsfähigkeit der Industriebetriebe“, so Nitschke. Waren die Exporterwartungen in der Region im Frühjahr noch klar positiv, so gehen aktuell wieder mehr Industrieunternehmen von rückläufigen Exporten in den nächsten zwölf Monaten aus. Der Saldo sinkt von +15 Punkten im Mai auf aktuell -4 Punkte. Dabei werden die Ausfuhrpläne für die europäischen Märkte deutlich nach unten korrigiert, während sie für Asien und die USA positiv ausfallen.
In der Industrie gehen die Lagebeurteilungen im Vergleich zur letzten Umfrage um 13 Prozentpunkte zurück, der Saldo rutscht hier erstmals seit vier Jahren wieder in den negativen Bereich (-3 Punkte). Die Industrieumsätze im In- und Ausland sind weiterhin rückläufig. Im Branchendurchschnitt meldet per saldo knapp jedes vierte Unternehmen sinkende Umsätze. Im Unterschied zur Umfrage im Mai sind auch die Umsatzerwartungen dramatisch eingebrochen: Der Wert fällt von +11 auf -18 Saldopunkte. Insgesamt sind die Geschäftserwartungen der Industriebetriebe besorgniserregend schlecht. Der Saldo sinkt ebenfalls dramatisch von +8 im Mai auf aktuell -23 Punkte. Dabei blickt das verarbeitende Gewerbe vor allem auf die schwache Inlandsnachfrage, die hohen Energie- und Arbeitskosten sowie die schlechten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen mit großer Sorge.
Die Einzelhändler schätzen ihre Lage ebenfalls schlechter ein als im Frühsommer. Der Lage-Saldo liegt aktuell bei -6 Punkten, im Mai waren es +6 Punkte. Bei den Erwartungen für die kommenden zwölf Monate zeigt sich im Einzelhandel seit Mai keine weitere Eintrübung. Der Saldo steigt mit Hinblick auf das Weihnachtsgeschäft um drei Prozentpunkte an, liegt mit -21 Punkten jedoch weiterhin klar im negativen Bereich.
Auch die regionalen Großhändler und Handelsvermittler schätzen ihre Geschäftslage aktuell schwächer ein als im Mai. Der Saldo sinkt um 6 Prozentpunkte und liegt mit -2 Punkten knapp im negativen Bereich. Die Aufträge und Umsatzerwartungen sind per saldo weiterhin negativ, die Geschäftserwartungen bleiben dementsprechend eingetrübt. Jedoch hat sich der Erwartungssaldo im Großhandel nicht weiter verschlechtert. Der Wert liegt aktuell bei -23 Punkten, im Mai waren es -30 Punkte.
"Das Dienstleistungsgewerbe schlägt sich wacker, muss jedoch auch Federn lassen“, so Nitschke. Aktuell liegt der Lagesaldo mit +12 Punkten im positiven Bereich, im Mai waren es +26 Punkte. Auch die Geschäftserwartungen gehen zurück. Sie sinken im Vergleich zum Mai um 7 Prozentpunkte, was dazu führt, dass dich positive und negative Erwartungen aktuell die Waage halten. Dabei ist die Stimmung bei unternehmensnahen Dienstleistern und im Finanzwesen noch vergleichsweise gut, Hotels und Gaststätten sowie Verkehrsunternehmen melden hingegen düstere Zahlen.
Die Investitionsabsichten der Unternehmen gehen im Vergleich zum Frühsommer um 4 Prozentpunkte zurück. Zu- und abnehmende Investitionen halten sich aktuell die Waage. Dabei besteht laut Nitschke die Gefahr, dass wichtige zukunftsträchtige Investitionen, vor allem solche in Kapazitätserweiterungen und Produktinnovationen, im Ausland getätigt werden. Vor Ort wird dagegen in erster Linie in Ersatzbeschaffungen und Rationalisierungen investiert. “Die Unternehmen stimmen aktuell mit den Füßen über den Standort ab“, warnt Nitschke. ”Die Politik muss dringend die Standortbedingungen verbessern, um diese Tendenz umzukehren.“
Die schwachen Konjunkturdaten bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die erwartete Beschäftigtenentwicklung. So sinkt der Beschäftigungssaldo im Vergleich zum Mai von -3 auf -14 Punkte. Dabei zeigen die Beschäftigungspläne in der Industrie den deutlichsten Rückgang. Lag der Saldowert im Mai bei -9 Punkten, so liegt er im Herbst bei -29 Punkten. Auch der Handel geht von geringeren Beschäftigtenzahlen aus. Der Beschäftigungssaldo lag hier zuletzt bei -8 Punkten, aktuell liegt der Wert bei -18 Punkten. Im Dienstleistungsgewerbe zeigte sich im Frühjahr noch ein positiver Trend bei den Beschäftigungsplänen, mittlerweile liegt der Saldo jedoch auch hier im negativen Bereich. Der Wert sinkt von +6 auf aktuell -3 Punkte.