Chance auf Strategiewechsel vertan
Statement von IHK-Präsident Manfred Schnabel zu den Beschlüssen von Länderchefs und Kanzlerin am 3. März 2021
Die geschlossenen Unternehmen sind von den Beschlüssen sehr enttäuscht. Es ist frustrierend, dass das Impfen und Testen weiterhin nur schleppend verläuft und die digitale Nachverfolgung immer noch nicht zufriedenstellend funktioniert. Der dringend erforderliche Strategiewechsel weg von einer inzidenzorientierten Schließung ganzer Branchen hin zu einer evidenzbasierten Öffnungsstrategie ist so ein weiteres Mal unterblieben. Solch ein Ansatz würde effektiven Gesundheitsschutz mit Perspektiven fürdie Wirtschaft verbinden.Die betroffenen Unternehmen verstehen nicht, warum sie weiterhin geschlossen bleiben müssen, obwohl sie ausgefeilte Hygienekonzepte umgesetzt haben und von ihnen kein erkennbares Risiko ausgeht. So hat das RKI gerade in seinem Strategiepapier „Control Covid“ Hotels und dem Einzelhandel ein niedriges und Kinos sowie Gastronomie ein moderates bis niedriges Risiko bescheinigt. Betriebe, die mit effektiven Hygienekonzepten und einer geringen Kontaktintensität die Sicherheit von Mitarbeitern und Kunden gewährleisten können, müssen öffnen dürfen.Die jetzt beschlossenen inzidenzorientierten Öffnungsschritte werden in der verdichteten Metropolregion Rhein-Neckar mit sehr unterschiedlichen Inzidenzzahlen bei unterschiedlich regulierten Stadt- und Landkreisen zu Verunsicherung, Rechtsunsicherheit, Wettbewerbsverzerrungen und zu mehr unerwünschter Mobilität führen. Die noch geschlossenen Unternehmen stehen zudem vor dem Problem, dass jegliche Öffnung abrupt beendet werden kann und so eine Planung kaum möglich ist. Das ist das Gegenteil von verlässlicher Öffnungsperspektive. Wir appellieren daher an das Land, bei seiner Umsetzungsverordnung auf größtmögliche Einheitlichkeit mit seinen Nachbarbundesländern zu achten. Bei der Umsetzung der „Click & Meet“-Angebote sollten die Länder bei der Personengrenze auf Haushalte abzielen und nicht auf einzelne Kunden.Gefordert ist nun eine ehrgeizige Impfstrategie, ein kluger Einsatz von Tests sowie eine zeitgemäße digitale Nachverfolgung der Infektionsketten, damit der Gesundheitsschutz und der Schutz unserer wirtschaftlichen Basis gleichzeitig gewährleistet werden können. Der Aufbau von Testzentren muss mit der digitalen Nachverfolgung verbunden werden. Der Beschluss lässt den Einsatz von Schnelltests in Unternehmen offen. Wichtig ist, dass diese Tests abhängig von den sehr unterschiedlichen Situationen angemessen und sinnvoll sein müssen. Zudem sollte der Bund diese Tests in den Unternehmen ebenso finanzieren wie bei der Bevölkerung. Wenn wie angekündigt deutlich mehr getestet werden sollte, wird dies voraussichtlich zu mehr erkannten Infektionen und damit zu einem Anstieg der Inzidenzzahlen führen. Solange die Politik ihren inzidenzorientierten Ansatz weiterverfolgt, muss sie diesen testbedingten Anstieg der Inzidenzzahl bei den Schwellenwerten berücksichtigen.
Mannheim, 4. März 2021