Trotz Corona: Kaufkraft in der Region weiterhin hoch

Mannheim, 13. Oktober 2021. Die einzelhandelsrelevante Kaufkraft ist in den meisten Kommunen im Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar wieder gestiegen, nachdem sie 2020 aufgrund der Corona-Pandemie geschrumpft ist. Gleichzeitig sanken die Einzelhandelsumsätze ein weiteres Jahr in Folge.
Im deutschland- und Baden-Württemberg-weiten Vergleich zählt die Region dabei weiterhin zu den attraktivsten Handelsregionen: Es gelingt ihr besonders gut, die vorhandene Kaufkraft zu binden. Das sind zentralen Ergebnisse der Kaufkraftanalyse 2021 der IHK Rhein-Neckar. “Das ist ermutigend in einer Zeit, in der immer noch viele Einzelhandelsunternehmen unter der Krise leiden”, kommentiert IHK-Präsident Manfred Schnabel.
Sorge bereite jedoch der abermalige Rückgang des Einzelhandelsumsatzes. “Auch wenn der größte Umsatzanteil weiterhin auf den stationären Handel entfällt, stehen die Ladengeschäfte zunehmend unter dem Druck der Online-Konkurrenz. Die Politik muss daher dafür sorgen, dass faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen für beide Vertriebsarten gelten”, fordert der IHK-Präsident.
Die zum siebten Mal erstellte Kaufkraftanalyse betrachtet alle 18 Ober-, Mittel- und Unterzentren im Bezirk der IHK Rhein-Neckar. Der Blick in die einzelnen Kommunen ergibt wie gewohnt ein differenziertes Bild.
In Mannheim ist der Anteil der Kaufkraft, der für Ausgaben im Einzelhandel zur Verfügung steht, unterdurchschnittlich. Dennoch erreicht der in den Mannheimer Ladengeschäften generierte Umsatz pro Kopf im deutschlandweiten Vergleich einen Spitzenwert unter Städten ähnlicher Größe. “Das zeigt die hohe Attraktivität Mannheims für Kundschaft von außerhalb. Umso wichtiger ist es, dass die Erreichbarkeit der Innenstadt trotz der aktuellen Herausforderungen gewährleistet werden muss”, appelliert der IHK-Präsident an Politik und Verwaltung. Die Leistungsfähigkeit der Innenstadt Mannheims wird zudem im regionalen Vergleich deutlich: In die Mannheimer Innenstadt fließt jeder zehnte Euro, der in der Region im stationären Einzelhandel ausgegeben wird.
In Heidelberg tritt erstmals das ein, was sich schon seit Jahren in den IHK-Kaufkraftanalysen angedeutet hat: Die Stadt am Neckar hat die Schwelle zum Kaufkraftabfluss überschritten. Im Vergleich mit den Vorjahreswerten steigen sowohl die einzelhandelsrelevante Kaufkraft (plus 2,24 Prozent) als auch der Einzelhandelsumsatz (plus 0,22 Prozent). Die stärkere Zunahme der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft bedeutet jedoch, dass trotz mehr verfügbarem Einkommen die Ausgaben verhältnismäßig weniger in den stationären Einzelhandel Heidelbergs fließen. Als Folge dessen sinkt die Kaufkraftbindungsquote von 100 auf 97 Prozent. Damit kann die Stadt ihre Kaufkraft nicht mehr vollständig vor Ort halten. “Die Heidelberger Händler leiden unter den Pandemie-bedingt ausbleibenden Einkäufen von Touristen und Studenten”, so Schnabel.
Die strukturelle Verschiebung der Nachfrage in den Online-Handel macht aber allen Kommunen in der Region zu schaffen und hat sich durch die Pandemie noch einmal beschleunigt. Der Anteil der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft, der im Kammerbezirk der IHK Rhein-Neckar überwiegend in den Online-Handel fließt oder außerhalb der Region ausgegeben wird, steigt um bis zu vier Prozentpunkte auf 15 Prozent.
Kaufkraftbindungsquoten in Mittelzentren von um die 150 Prozent verdeutlichen, dass die Region auch bei Gemeinden dieser Kategorie über wettbewerbsfähige Handelsstandorte verfügt. Vor allem Schwetzingen (156 Prozent), Walldorf (155 Prozent) und Mosbach (140 Prozent) erzielen hervorragende Ergebnisse bei der Bindung der eigenen und der Anziehung auswärtiger Kaufkraft. Dabei spielen auch Standorte außerhalb der Innenstadt eine große Rolle. “Schwetzingen überzeugt mit dem vorhandenen Angebot im Bereich Heimwerken und Sportartikel. In Walldorf ist der hohe Wert insbesondere auf das Sortiment Möbel zurückzuführen. Mosbach profitiert von seiner Anziehungskraft als Einzelhandelsstandort für ein großes Einzugsgebiet im ländlichen Raum”, erklärt der IHK-Präsident.
Das allgemeine Kaufkraftvolumen im IHK-Bezirk ist nach Jahren kontinuierlichen Wachstums und einer Pandemie-bedingten Delle im vergangenen Jahr wieder um 3,3 Prozent auf 29,5 Milliarden Euro gestiegen. “Diese Zunahme fällt stärker aus als im Landes- und Bundesdurchschnitt”, würdigt Schnabel die Entwicklung. Beim durchschnittlichen Einkommen der Einwohner verzeichnen Neckargemünd im Rhein-Neckar-Kreis und Osterburken im Neckar-Odenwald-Kreis die größten Zugewinne. Mit einer allgemeinen Kaufkraft pro Kopf von 25.098 Euro liegt der Bezirk der IHK Rhein-Neckar deutlich über dem Bundesdurchschnitt (24.455 Euro), aber unterhalb des durchschnittlichen Wertes für Baden-Württemberg (26.308 Euro).
Dem Einzelhandel stehen von der allgemeinen Kaufkraft sowohl stationär als auch online etwa 27 Prozent zur Verfügung. Pro Einwohner bedeutet das für das Jahr 2021 eine prognostizierte einzelhandelsrelevante Kaufkraft von 6.851 Euro. Die Menschen mit der höchsten einzelhandelsrelevanten Kaufkraft aus den 18 Ober-, Mittel- und Unterzentren leben in Weinheim. “Mit einer Kaufkraft von 7.454 Euro pro Kopf, die die Weinheimer im Einzelhandel ausgeben, haben in Baden-Württemberg nur acht von 42 vergleichbaren Gemeinden einen höheren Wert vorzuweisen”, so der IHK-Präsident.
Obwohl die Einzelhandelsumsätze vereinzelt leicht abgenommen haben, zeigen sich die Einwohner einkaufsfreudig. Mit durchschnittlich 5.851 Euro erreichen die pro Kopf-Ausgaben im stationären Einzelhandel im IHK-Bezirk einen höheren Wert als auf Bundes- (5.596 Euro) und Landesebene (5.614 Euro). “Diese auf den ersten Blick guten Zahlen sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass es innerhalb des stationären Einzelhandels zu massiven Verschiebungen gekommen ist. Es gibt Sortimente wie Lebensmittel sowie Bau- und Heimwerkerbedarf, die boomen. Auf der anderen Seite haben Sortimente wie Textil und Schuhe große Umsatzeinbußen erlitten”, so Schnabel abschließend.