IHK Rhein-Neckar schlägt evidenzbasierte Öffnung der Wirtschaft vor

Mannheim, 5. Februar 2021. In wenigen Tagen beraten die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten erneut über Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. Bei ihrem vergangenen Treffen haben sie die Einrichtung einer Arbeitsgruppe aus den Staatskanzleien der Länder und dem Bundeskanzleramt beschlossen. Deren Aufgabe ist es, eine Öffnungsstrategie zu entwickeln. Hierzu gibt es aus den Ländern bereits viele Ideen; auch die Wirtschaft bringt konkrete Vorschläge ein. Zentrales Ziel bleibt der Gesundheitsschutz, zugleich muss aber auch die ökonomische Basis gesichert werden.
„Die ökonomische Basis und damit unser Wohlstand und unsere Zukunftsfähigkeit drohen Schaden zu nehmen“, warnt Manfred Schnabel. Der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar fordert eine Öffnungsperspektive für die bislang direkt und indirekt von Schließungen betroffenen Unternehmen. „Die Situation vieler Unternehmen ist schlecht, in vielen Fällen existenzbedrohend“, mahnt Schnabel. Nach annährend einem Jahr Pandemiebekämpfung müsse die Politik die erheblichen Grundrechtseingriffe besser begründen. „Die simple Alternative ,weiterer Lockdown oder Öffnung‘ wird weder dem Ernst der Lage noch den Erfordernissen einer effektiven Pandemiebekämpfung gerecht“, kritisiert der IHK-Präsident. „Die Politik sollte einen evidenzbasierten Ansatz wählen, statt an pauschalen Schließungen ganzer Branchen festzuhalten.“
In diesem Sinne schlägt die IHK Rhein-Neckar zur Öffnung von Wirtschaftsbetrieben vor:
  1. Unternehmen sollten ab dem 15. Februar 2021 unter bestimmten Bedingungen wieder öffnen dürfen, soweit sie durch Infektionsschutzpläne und eine geringe Kontaktintensität den Schutz von Kunden und Mitarbeitern gewährleisten können.
  2. Falls mit Blick auf den langsamen Impffortschritt, die Probleme bei der digitalen Nachverfolgung und dem Auftreten von Virus-Mutationen eine breite Öffnung zunächst nur unter zusätzlichen Voraussetzungen erfolgen könnte, wäre eine vorübergehende Erhöhung der Anforderungen denkbar, die zum Beispiel die pro Kunde erforderlichen Flächen betreffen. So könnte die Mindestfläche pro Kunde erhöht und gleichzeitig die Betrachtungsweise von Einzelpersonen auf Haushalte umgestellt werden.
  3. Eine Differenzierung indes nach Bundesländern oder gar nach Stadt- und Landkreisen ist nicht zielführend. Das gilt insbesondere für die Metropolregion Rhein-Neckar mit ihren 15 Stadt- und Landkreisen in drei verschiedenen Bundesländern.
  4. Falls sich die grundsätzliche Öffnung weiter verzögern sollte, sollte es Betrieben ab dem 15. Februar 2021 zumindest ermöglicht werden, unter hohen Sicherheitsstandards, Kundentermine mit einer entsprechenden Kontaktdatenerfassung zu vereinbaren. Mit einem solchen ersten Schritt könnte beispielsweise der drohenden Abwanderung von Stammkunden entgegengewirkt werden.
Begleitend zu allen Öffnungsszenarien wäre eine Intensivierung der Corona-Tests eine zielführende Maßnahme. Aus der Wissenschaft kommen eindeutige Hinweise, dass durch eine erhebliche Steigerung der Testintensität und anschließend konsequenter digitaler Nachverfolgung der Infektionsketten ein hohes Niveau des Gesundheitsschutzes erzielt werden kann. Im Vergleich zum Gesundheitsschutz im Wege des Lockdowns ist dieses Instrument mindestens gleich geeignet und deutlich weniger belastend. Anders als noch vor wenigen Monaten stehen jetzt preisgünstige und in der Handhabung vereinfachte Tests zur Verfügung.
„Sollte die Politik indes lediglich den bestehenden Lockdown pauschal verlängern, müssen die geschlossenen Betriebe für ihr Sonderopfer entschädigt werden. Hilfsangebote, die nur schleppend ausbezahlt werden und deren Kriterien von vielen Unternehmen nicht erfüllt werden können, reichen nicht aus“, fordert der IHK-Präsident abschließend.