„2021 wird ein Schlüsseljahr für Wirtschaft und Politik“

Mannheim, 30. Dezember 2020. Aus Sicht von Manfred Schnabel, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, wird 2021 ein Schlüsseljahr: „Für die Wirtschaft wird entscheidend, wann wir und wie wir die Pandemie durch die Impf-Strategie und flankierende Maßnahmen hinter uns lassen. Das Ziel des Gesundheitsschutzes steht an erster Stelle, es sollte dadurch aber auch gelingen, einen weiteren Lockdown zu vermeiden“, sagt Schnabel. Die Unternehmen erlebten derzeit eine Phase großer Unsicherheiten. „Bei einigen herrscht bloße Existenzangst, namentlich in der Tagungs- und Eventwirtschaft, im Gastgewerbe sowie in Teilen des Handels“, so der IHK-Präsident. Dabei erinnert er daran, dass es selbst innerhalb der Branchen große Unterschiede gibt. Gut zu erkennen ist das im Einzelhandel, wo einige Teilbranchen und Vertriebswege florieren, während andere um das blanke Überleben kämpfen.

Wirtschaftliche Basis bewahren

„Nach Ende der Pandemie wollen wir wirtschaftlich wieder durchstarten. Dabei wird es darauf ankommen, dass die Politik ihre finanziellen Mittel neben der Bekämpfung der Pandemie zielgerichtet zum Überleben der Wirtschaft einsetzt und zugleich die finanzielle Solidität des Staates wahrt. Wir benötigen zukünftig genügend Ressourcen in den Unternehmen und beim Staat, um die großen Herausforderungen der ökologischen und der digitalen Transformation sowie der demographischen Entwicklung in unserem Land zu bewältigen. So kann die ökologische Transformation nur dann gelingen, wenn sie in Deutschland und der Europäischen Union auch zu einem ökonomischen Erfolg wird und somit für den Rest der Welt als Vorbild attraktiv ist“, sagt Schnabel. „Um die wirtschaftliche Basis dafür zu festigen, dürfen die Unternehmen jetzt in der Corona-Krise und auch nach deren Ende nicht zusätzlich belastet werden. Wir brauchen ein Belastungsmoratorium bei Steuern, Abgaben und Bürokratie. Das betrifft alle politischen Ebenen“, betont der IHK-Präsident. So stehen im Koalitionsvertrag der Bundesregierung noch einige Gesetzesvorhaben, die die Wirtschaft zusätzlich stark beeinträchtigen würden. In Baden-Württemberg werde die Gestaltung der Grundsteuerreform viele Unternehmen zusätzlich belasten, besonders die schon angeschlagenen Betriebe in den Innenstädten. Auch die Kommunen seien gefordert. „So haben 2020 im IHK-Bezirk bereits zehn von 83 Städten und Gemeinden die Gewerbesteuerhebesätze erhöht. Das sind in einem Jahr deutlich mehr Erhöhungen als in den vergangenen drei Jahren zusammen!“, mahnt Schnabel.

Chancen und Grenzen der Digitalisierung

„In puncto Digitalisierung gibt es für die Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen kein Zurück zur Situation vor der Corona-Krise“, so Schnabel. Die Corona-Krise habe dabei die Chancen und auch die Grenzen digitalisierter Arbeitsprozesse aufgezeigt. „Wir werden an vielen Stellen eine neue Balance finden müssen zwischen persönlicher Begegnung und digitaler Kommunikation. Kongresse, Messen, Tagungen werden wirtschaftlich ebenso eine Zukunft haben wie normale Geschäftsbegegnungen, aber voraussichtlich jeweils in anderen Formen als vor der Pandemie. Die Corona-Krise hat mit Blick auf eine digitalisierte Wirtschaft aber auch schonungslos Schwächen aufgezeigt: mangelhafte Internet- und Mobilfunkanbindung von Mitarbeitern im Homeoffice, ein Bildungssystem, das den Herausforderungen der Digitalisierung oft nicht gerecht wird, und eine Regulatorik, die den Erfordernissen der digitalen Wirtschaft hinterherhinkt“, sagt der IHK-Präsident.

Multilateralismus statt Alleingänge

Mit Blick auf den anstehenden Amtswechsel in Washington verbindet der IHK-Präsident die Hoffnung, dass die neue US-Regierung wieder stärker auf Kooperation und multilaterales Vorgehen setze. „Die Industrie stützt gerade die Konjunktur, da China boomt. Wenn 2021 die Weltwirtschaft insgesamt wieder anzieht, wäre das für unsere exportorientierte Industrie in der Region eine sehr gute Nachricht.“ Durch den Abschluss des Brexit-Vertrages kurz vor Jahresende sei glücklicherweise ein harter No-deal-Ausstieg Großbritanniens aus dem EU-Markt verhindert worden. Der Handel der Unternehmen mit der britischen Insel werde aber voraussichtlich durch zahlreiche bürokratische Auflagen, Unsicherheiten und neue Grenzformalitäten belastet. Insgesamt sehe die hiesige Wirtschaft mit Zuversicht der Entwicklung des internationalen Handels im nächsten Jahr entgegen.

MRN: Verkehr und Flächenentwicklung im Fokus

Für die Metropolregion stehen 2021 wichtige Weichenstellungen in der Flächenplanung und in der Infrastruktur an. „Attraktive Gewerbeflächen und eine leistungsfähige Infrastruktur sind wichtige Faktoren im Standortwettbewerb. Der Verband MRN hat zur Fortschreibung des Regionalplans einen guten Entwurf vorgelegt. Wir werden ihn dabei unterstützen, um die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen sicherzustellen. Das ist Voraussetzung dafür, dass die Wirtschaft der Region Arbeitsplätze und Wohlstand auf Dauer sichern kann“, sagt der IHK-Präsident. Bei der Verkehrsinfrastruktur haben die „Erreichbarkeitsanalysen“ gezeigt, dass in der Metropolregion Rhein-Neckar die innerstädtischen Rheinquerungen bis an die Grenze belastet sind und gerade dort, im Kernraum der Region, mit weiterem Wachstum zu rechnen ist. „Diese Erkenntnisse werden in den Mobilitätspakt Metropolregion Rhein-Neckar einfließen“, sagt Schnabel. Partner des Pakts sind die drei Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen, die sich mit den Akteuren der Region gemeinsam darauf verständigt haben, an welchen Stellen die Infrastruktur verbessert und ausgebaut werden muss. Der Pakt unterscheidet dabei kurzfristige, mittelfristige und langfristige Maßnahmen. „Bisher endete Verkehrsplanung zu oft an den Landesgrenzen. Wir versprechen uns von diesem bundesländerübergreifenden Ansatz schnellere und vor allem bessere Lösungen für unsere Verkehrsprobleme. Es wird 2021 darauf ankommen, den Mobilitätspakt zeitnah und konsequent umzusetzen“, sagt der IHK-Präsident abschließend. Die IHK Metropolregion Rhein-Neckar ist in diesem Prozess sehr aktiv und bringt dabei die Interessen der Wirtschaft ein.