01 | 2022

"Koalitionsvertrag verschiebt Konflikte ins Kleingedruckte"

“The same procedure as every year”, lautet der Schlüsselsatz in “Dinner for one”, dem Fernsehklassiker zu Sylvester. Eine ganz und gar unlustige Wiederholung erleben wir in der Pandemiepolitik. Auch im zweiten Corona-Jahr setzt die Politik stark auf die Instrumente des ersten Jahres: Kontaktbeschränkungen beispielsweise. Dabei hätte die Politik viel weiter, die vierte Welle viel kleiner sein können. Uns stehen seit mehr als einem Jahr hochwirksame Impfstoffe zur Verfügung. Doch die Impfkampagne lief schleppend an und verlief sich einer Impfquote, die nicht reicht, um das Virus auszubremsen
Ähnlich verzagt die Nutzung digitaler Instrumente: Mal ist es der Datenschutz, mal die mangelnde Vernetzung im Gesundheitswesen, mal die Uneinigkeit der Länder. Es gibt viele Gründe, weshalb die Politik die Möglichkeiten der Digitalisierung in der Pandemiebekämpfung nicht ausschöpft.
Gleichzeitig leiden viele Unternehmen weiter direkt und indirekt unter Corona-bedingten Einschränkungen. Unsere Position von Beginn an: Diese Unternehmen erbringen ein Sonderopfer. Und staatlich angeordnete Sonderopfer sind vom Staat zu entschädigen. Diese Forderung werden wir auch im kommenden Jahr gegenüber der Politik im Land und im Bund erheben.
IHK-Präsident Manfred Schnabel:
„Staatlich angeordnete Sonderopfer sind vom Staat zu entschädigen“
In Berlin haben wir es dabei seit Anfang Dezember mit einer neuen Regierung zu tun. Ihren Start hat die Ampel gut und geräuschlos eingefädelt. Vielleicht liefen die Gespräche aber auch nur deshalb so störungsfrei, da viele Konflikte ins Kleingedruckte verschoben wurden. Teilweise finden sich auch regelrechte Widersprüche im Koalitionsvertrag. Immerhin: Die Überschriften sind richtig gesetzt! Die ökologische Transformation und die Digitalisierung sind auch aus unserer Sicht Themen, bei denen unser Land besser vorankommen muss. Wir werden die Regierung daran messen, wie wirtschaftsfreundlich die Ampel ihre Ziele umsetzt, vor allem mit Blick auf den Mittelstand.
Probleme, vor denen wir seit Jahren warnen, sind die Staatsverschuldung und die damit einhergehende lockere Geldpolitik der EZB. Jetzt fängt die Inflation an, sich zu verfestigen, da die Verknappung an den Märkten wie ein Trigger wirkt. Die Verantwortlichen stehen nun in der historischen Pflicht, eine galoppierende Inflation zu verhindern.
2022 wird also herausfordernd – für uns alle. Ihnen wünsche ich für das neue Jahr alles Gute, Erfolg und Gesundheit! Auf dass es dann in einem Jahr nur noch im Fernsehen heißen wir: Same procedure…