"Indien wird immer wichtiger"
Indien wächst – nicht nur demographisch. Auch die Wirtschaft legt deutlich zu. 2023 wuchs sie mit 7,8 Prozent am stärksten unter den G20-Staaten.
Ralf Rohmann, Geschäftsführer der Gustav Eirich Maschinenfabrik GmbH & Co KG, kennt die Lage vor Ort gut. Wir fragten ihn nach Perspektiven und Herausforderungen.
Herr Rohmann, Eirich blickt auf eine lange Firmengeschichte in Indien zurück. Welche Rolle spielt das Land für Ihr Unternehmen?
Eirich ist jetzt seit über 20 Jahren aktiv in Indien. In dieser Zeit ist der indische Markt immer wichtiger für die gesamte Gruppe geworden. Wir haben mit 500.000 Euro Umsatz in Indien begonnen, aktuell liegen wir bei 5 Millionen Euro und rechnen mit 15 bis 20 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren.
Aktuell ziehen Sie von Mumbai nach Pune um. Was waren die Gründe?
Schon seit einigen Jahren war klar, dass der Standort in Mumbai zu klein wird. Mumbai entwickelt sich zudem sehr stark zu einem Dienstleistungszentrum, urbane Produktionsstandorte haben dort keine Überlebenschancen. Da ist Pune als Alternative in den Fokus geraten: eine sehr wirtschaftsstarke Region mit hoher Facharbeiterdichte, vielen internationalen und deutschen Unternehmen, einer sehr guten Infrastruktur und renommierten Universitäten mit Schwerpunkt für Ingenieure, Mechanik und Elektrotechnik.
Welche Bedeutung hat der neue Standort für Ihr Unternehmen?
In Pune werden wir Produkte in Lizenz herstellen. Indien soll sich als Gruppenlieferant für verschiedene Komponenten entwickeln und Engpässe in Hardheim ausgleichen. Unsere aktuelle Strategie setzt gleichermaßen auf die Standorte in Indien und China. Ich möchte hier betonen, nicht als Produktionsverlagerung aus Deutschland, sondern zur Kapazitätserweiterung und zur Erschließung weiterer Märkte in Asien und Afrika.
Welche Herausforderungen bringt so eine Standortverlagerung in Indien mit sich?
Die Grundstückssuche ging über die staatliche MIDC, die Maharashtra Industrial Development Corporation. Das Grundstück kann man nicht direkt erwerben, man erkauft sich ein Recht auf 99 Jahre, mit der Option der Verlängerung. Zu den Auflagen zählt auch, dass die Investition zu einem bestimmten Prozentsatz durch den ausländischen Shareholder, also die deutsche Muttergesellschaft oder einen Investor, abgesichert sein muss. Für uns war das kein Problem, wir wollten ja genau dieses Commitment eingehen. Für den Bau haben wir uns für einen Generalunternehmer entschieden, der direkt mit MIDC zusammenarbeitet. Zwischenzeitlich sind zwar zwei Unterlieferanten insolvent gegangen, hier konnte aber schnell Ersatz gefunden werden.
Wann wollen Sie in Pune starten?
Wir sind voll im Zeitplan: Am 30. Juni werden die Tore in Mumbai geschlossen und alle Maschinen auf 30 bis 40 Trucks verladen und nach Pune transportiert. Nach einer Woche Pause für die Aufbauphase werden wir dort dann Anfang Juli die Produktion wieder aufnehmen.
So ein Umzug birgt immer die Gefahr Mitarbeiter zu verlieren. Müssen Sie in Pune bei “Null” anfangen?
Gott sei Dank “nein”. Als wir 2019 unsere Pläne bekannt gegeben haben, waren alle 120 Mitarbeiter von Eirich India begeistert und wollten mit umziehen. Inzwischen rechnen wir damit, dass circa 70 Prozent mit nach Pune gehen. Wir unterstützen beim Umzug, mit Reisepauschalen, Sozialleistungen, Hilfe bei der Schulunterbringung und Anpassung der Arbeitszeiten. Unser langjähriger Geschäftsführer in Indien und die gesamte Führungsebene ziehen mit um. Die meisten der Belegschaft sehen es als klare Wachstumsoption. Ich freue mich auf die feierliche Eröffnung unseres neuen Standortes Ende des Jahres in Pune.
Das Interview führte Gabriele Borchard vom Kompetenzzentrum Indien.