Dienstleistungen und Geschäftsreisen im Vereinigten Königreich
Seit dem EU-Austritt Großbritanniens regeln neue Vorschriften Arbeitseinsätze und Mitarbeiterentsendungen im Vereinigten Königreich.
- Veranstaltungshinweis
- Einreise nach Großbritannien
- Elektronische Einreisegenehmigung (ETA)
- Short-term business visitors
- Neuerungen auf der Besucherroute ab Februar 2024
- Dienstleistungserbringung
- IHK-Tipps
- Anerkennung beruflicher Qualifikationen
- Sozialversicherung – A1-Bescheinigung
- Lizenzen
- Anerkennung von deutschen Führerscheinen in UK
- Weitere Hinweise
- Weiterführende Links
Veranstaltungshinweis
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Einreise nach Großbritannien
Die britische Regierung erlaubt EU-Bürgern die Einreise nach Großbritannien als “Visitors” über die sogenannte “Besucher-Route” für maximal sechs Monate ohne Visum. Für längere Aufenthalte und bestimmte Tätigkeiten müssen im Vorfeld Einreisegenehmigungen beantragt werden. Informationen zur Einreise ins Vereinigte Königreich finden sich in den Leitlinien des neuen auf Punkten basierenden Einwanderungssystems. Ob und welches Visum für die Einreise erforderlich ist, kann auf der britischen Webseite interaktiv geprüft werden: “Check if you need a UK visa”.
Für kurze Geschäftsreisen und für vorübergehende Arbeitseinsätze hoch-qualifizierter angestellter Mitarbeiter sieht das Handelsabkommen Vereinfachungen bei den Einreisebeschränkungen vor. Dennoch müssen deutsche Unternehmen für Inbetriebnahmen, Montage- oder Reparatureinsätze auf der Insel grundsätzlich mit bürokratischem Mehraufwand und Zusatzkosten rechnen.
Elektronische Einreisegenehmigung (ETA)
Großbritannien führt die elektronische Einreisegenehmigung ein. Ab Ende 2024 soll dies auch für Reisende aus EU-Staaten verpflichtend sein. EU-Staatsangehörige benötigen voraussichtlich erst ab Ende 2024 eine ETA. Die Bearbeitung soll bis zu 3 Tagen dauern, wobei Kosten von 10 britischen Pfund entstehen.
Short-term business visitors
Für einige geschäftlich begründete Aktivitäten sind kurzfristige Aufenthalte in Großbritannien als “Visitor” ohne Visum möglich. Das Handelsabkommen erlaubt die Einreise für sogenannte “Short-term business visitors” (kurze Geschäftsreisen) für die Dauer von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ohne Visum und ohne Arbeitserlaubnis. (Im Handelsabkommen geregelt unter Artikel SERVIN.4.3 sowie im Anhang SERVIN-3.)
Auf ihrer Webseite “Permitted Activities for visitors” weist die britische Regierung erlaubte Tätigkeiten aus, die als “Visitor” visumsfrei ausgeführt werden dürfen. Zu den erlaubten Aktivitäten zählen unter anderem:
- Teilnahme an Sitzungen und Konferenzen
- Markterkundung
- Teilnahme an Messen für Werbezwecke (kein Direktverkauf)
- Annahme von Bestellungen, Vertragsverhandlungen über Dienstleistungen oder Waren
- Einkauf von Waren oder Dienstleistungen für die Zwecke des heimischen Unternehmens
- Beteiligung an geschäftlichen Transaktionen (gilt für das Management und für befasste Finanzdienstleister)
- Als kurze Geschäftsreise sieht das Handelsabkommen auch die Erbringung verkaufsnaher Dienstleistungen im Rahmen von Garantie- oder Dienstleistungsverträgen vor (“after-sales” oder “after-lease services“):
Mitarbeiter eines deutschen Herstellers dürfen Anlagen, Computer-Hard oder Software installieren, abbauen, reparieren, warten oder Schulungen durchführen, wenn der Hersteller dafür einen Kauf-, Liefer- oder Leasingvertrag mit einem britischen Unternehmen oder einer britischen Organisation abgeschlossen hat.
Mitarbeiter eines Herstellers oder Lieferanten von zu installierenden/reparierenden Gegenständen dürfen bereits seit dem Brexit visumsfrei einreisen. Nun gilt diese Sonderregelung der visumsfreien Einreise auch für Mitarbeiter ausländischer Gesellschaften, die Teil einer vertraglichen Vereinbarung über Kundendienstleistungen ist, insbesondere in Form eines Garantie- oder sonstigen Dienstleistungsvertrages. Wichtig: Diese Vereinbarung muss zum Zeitpunkt des Verkaufs oder der Vermietung getroffen worden sein. Eine nachträgliche Vereinbarung fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Regelung. Der bisherige Geltungsbereich für Gegenstände, auf die sich der Dienstvertrag bezieht: “equipment, computer software or hardware”, wurde ausdrücklich um “machinery” ergänzt. Die britische Regierung hat ein entsprechendes Statement of Changes veröffentlicht.
Bei der Einreise sollten Geschäftsreisende den Grund der Einreise durch geeignete Dokumente belegen können, beispielsweise durch Verträge, Eintrittskarten für Messen oder Terminabsprachen mit Kunden. Ein Leitfaden der britischen Regierung informiert zu den erforderlichen Unterlagen, die mitzuführen sind, um den Grund der Einreise zu dokumentieren.
Tipp:
Prüfen Sie generell bei allen geschäftlich veranlassten Reisen, welche Tätigkeiten erbracht werden sollen und wie lange der Aufenthalt in Großbritannien dauert.
Prüfen Sie generell bei allen geschäftlich veranlassten Reisen, welche Tätigkeiten erbracht werden sollen und wie lange der Aufenthalt in Großbritannien dauert.
Orientieren Sie sich dabei an den Webseiten der britischen Regierung:
- ”Visa-Check“: zum Prüfen Sie, ob Sie ein Visum benötigen
- Arbeits-Visa: zum Beantragen eines Arbeitsvisums
Neuerungen auf der Besucherroute ab Februar 2024
Die Einreise über die Besucherroute wird für weitere Anlässe möglich: Konzernintern (Intra-Corporate Activities - PA5 im Permitted Activities Katalog) können nicht nur interne Projekte innerhalb der britischen Tochter- oder Muttergesellschaft unterstützt werden. Zusätzlich dürfen Aufträge bei Kunden der britischen Konzerngesellschaft ausgeführt werden. Allerdings nur gelegentlich. Außerdem müssen diese Aktivitäten Teil eines Projektes oder einer Dienstleistung sein, die von der britischen Gesellschaft an den Kunden erbracht wird, nicht direkt von der deutschen.
Das Arbeiten im Home Office, wird leichter. Zukünftig darf man als Visitor in das Vereinigte Königreich einreisen und von dort aus für seinen deutschen Arbeitgeber arbeiten, vorausgesetzt, das Arbeiten ist nicht der Hauptzweck des Aufenthalts. Die neue Regelung (remote working – Permitted Activity PA4 (h)) erlaubt nicht, britischen Kunden vor Ort irgendwelche Dienstleistungen zu erbringen.
Dienstleistungserbringung
Wer in das Vereinigte Königreich einreist, um dort Dienstleistungen zu erbringen, benötigt eine vorherige Genehmigung. Der Umfang des Marktzugangs hängt davon ab, in welcher Form die Dienstleistung erbracht wird. Im Handelsabkommen wird nach vier verschiedenen Modi unterschieden:
- Die Dienstleistung wird grenzüberschreitend vom Heimatstaat des Dienstleisters aus erbracht, zum Beispiel per Internet oder Telefon (Modus 1).
- Die Dienstleistung wird im Land des Dienstleisters erbracht, beispielsweise an einem Kunden, der ins Ausland reist und dort eine Dienstleistung empfängt (Modus 2).
- Die Dienstleistung wird über eine Niederlassung im Ausland erbracht (Modus 3).
- Der Dienstleistungserbringer reist ins Ausland und erbringt die Dienstleistung im Hoheitsgebiet eines anderen Staates (Modus 4).
Neben zahlreichen Einschränkungen und Vorbehalten enthält das Abkommen auch eine Positivliste. Hier sind Dienstleistungen beispielsweise aus den Bereichen, Wartung und Reparatur bestimmter Maschinen sowie Bau und verwandte Ingenieurtätigkeiten genannt. Die komplette Liste findet sich auf den Seiten 838 ff im Anhang Servin-4 des Abkommens. Die Vorbehalte finden sich im Anhang Servin-2 des Abkommens auf den Seiten 807 ff.
Das Abkommen erlaubt die Einreise und den vorübergehenden Aufenthalt von Erbringern vertraglich geschuldeter Dienstleistungen “Service Supplier Visum“; dasselbe gilt für selbständig tätige Dienstleister (“independent professionals“). Allerdings sind die Berechtigungen nur im Rahmen konkreter Regelungen für bestimmte Branchen und Aktivitäten gewährleistet. Es gibt erhebliche Einschränkungen, und das Beantragen von vorherigen Genehmigungen ist aufwändig.
Service Supplier Visa
Für vorübergehende Dienstleistungen kann ein “Service Supplier Visum“ beantragt werden. Voraussetzung für den Antrag ist, dass für jeden Facharbeiter ein sogenanntes “Certificate of Sponsorship“ ausgestellt wurde. Dieses Sponsoring-Zertifikat kann nur von einem registrierten und von der britischen Regierung anerkannten “Licensed Sponsor” ausgestellt werden. Mit diesem Zertifikat erklärt sich der “Licenced Sponsor“ gegenüber der britischen Ausländerbehörde unter anderem verantwortlich, dass ausländische Dienstleister über die erforderlichen Qualifikationen für die durchzuführenden Arbeiten verfügen.
Zu den Voraussetzungen des deutschen Arbeitnehmers für das Beantragen eines Visums zählt unter anderem:
- Mindestens 12 Monate Betriebszugehörigkeit bei Antragstellung oder 12 Monate Berufserfahrung als Selbstständiger
- Liste zugelassener Tätigkeiten: eligible occupations
- Wenn Tätigkeit nicht auf Liste der “eligible occupations” ist ein Hochschulabschluss oder vergleichbare technische Qualifikation notwendig oder 3 Jahre relevante Berufserfahrung als Angestellter, bzw. 6 Jahre Berufserfahrung als Selbstständiger
- Dienstleistung für britisches Unternehmen das als “sponsor” zugelassen ist
Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, können sich Dienstleistungserbringer für die Dauer des Vertrags, längstens aber für bis zu zwölf Monate im Vereinigten Königreich aufhalten. Die betreffende Kategorie ist das Service Supplier Visa.
IHK-Tipps
- Einreisegenehmigungen für Mitarbeiter rechtzeitig beantragen; Über diesen Link können Sie prüfen, ob ein britisches Visum erforderlich ist. EU-Bürger können Visa Online beantragen (digitales Foto erforderlich).
- Seit dem 1. Oktober 2021 ist ein gültiger Reisepass erforderlich
- Längere Vorlaufzeiten für administrative Vorbereitungen einplanen
- Mehrkosten bei der Mitarbeiterentsendung einkalkulieren und bei der Angebotserstellung einplanen
- Wechselkursschwankungen berücksichtigen
- Längere Wartezeiten bei der Ein- und Ausreise durch Grenzkontrollen einplanen
Anerkennung beruflicher Qualifikationen
Wer in Großbritannien eine reglementierte Tätigkeit ausüben will, benötigt eine entsprechende Qualifikation und Genehmigung. Berufliche Qualifikationen müssen durch britische Behörden anerkannt werden. Die britische Regierung informiert in einem Leitfaden zur Anerkennung von EU-Qualifikationen.
Sozialversicherung – A1-Bescheinigung
Das Abkommen regelt, dass Sozialversicherungsbeiträge für vorübergehende Dienstleistungen von Mitarbeitern deutscher Unternehmen in Großbritannien nur in Deutschland abzuführen sind, wenn die Dauer der Auslandsbeschäftigung 24 Monate nicht überschreitet und der entsandte Mitarbeiter nicht einen anderen Entsendemitarbeiter ablöst. Die Bundesregierung muss dieser Regelung noch zustimmen. Voraussichtlich wird die A1-Bescheinigung für Großbritannien auch künftig ausgestellt. Setzen Sie sich dazu mit Ihrer zuständigen Krankenkasse in Verbindung und verfolgen Sie die Informationen für Informationen für Entsendemitarbeiter der DVKA (Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland).
Lizenzen
Die britische Regierung hat ein Tool “Licence Finder“ eingerichtet, das Auskunft über die zur Dienstleistungserbringung potenziell notwendigen Lizenzen gibt. Nach Eingabe des Dienstleistungssektors und der konkreten Tätigkeit sowie dem Ort der Dienstleistungserbringung werden entsprechende Suchergebnisse angezeigt.
Anerkennung von deutschen Führerscheinen in UK
Deutsche Führerscheine werden für vorübergehende Aufenthalte in Großbritannien weiterhin anerkannt werden. Darauf weist die Deutsche Auslandsvertretung im Vereinigten Königreich hin.
Weitere Hinweise
Seit dem 1. Januar 2021 genießen Reisende zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nicht mehr das gleiche Schutzniveau. Fahrgäste sind bei Reisen in das Vereinigte Königreich oder aus dem Vereinigten Königreich nicht mehr durch die EU-Fahrgastrechte geschützt. Bei Reisen in das Vereinigte Königreich und aus dem Vereinigten Königreich sollten Reisende prüfen, welche Regeln in Bezug auf Grenzkontrollen, Visumpflicht, Führerscheine und Roaminggebühren gelten.
Weiterführende Links
- Brexit FAQs: Praktische Hinweise der AHK Großbritannien
- Beyond Brexit Leitfaden Informationen zu zentralen Handlungsfeldern zusammengefasst von Germany Trade & Invest (GTAI)
- Warenverkehr nach UK Leitfaden der IHK Rhein-Neckar
- Produktzulassungen und Kennzeichnungspflichten in UK Leitfaden der IHK Rhein-Neckar
- Umsatzsteuer in UK Leitfaden der IHK Rhein-Neckar
- Handels- und Kooperationsabkommen zwischen EU und GB (PDF zum Download)
- UK-Einwanderungssystem Leitfaden der britischen Regierung
- Brexit-Checkliste der Industrie- und Handelskammern