Home-Office im Ausland

Die Digitalisierung macht es möglich: Grenzenlos Arbeiten, von wo aus man möchte, auch über Landesgrenzen hinaus. Was technisch möglich ist, sollte auch rechtlich geprüft werden.

Erste Schritte

Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt verändert. Neben dem traditionellen Home-Office haben Arbeitsmodelle wie Remote Work und mobiles Arbeiten an Bedeutung gewonnen, die es ermöglichen, auch aus dem Ausland zu arbeiten. Diese Flexibilität eröffnet nicht nur neue Perspektiven für Arbeitnehmer, sondern auch für Unternehmen. Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels können Unternehmen international agieren und die besten Talente über Grenzen hinweg gewinnen und halten. Doch dieser Schritt muss sorgfältig geprüft und gut vorbereitet werden.
Im ersten Schritt sollten Sie sich mit Ihrem Mitarbeiter darauf verständigen, wann, wie lange, unter welchen Umständen, für welche Zwecke und in welchem Land die Tätigkeit ausgeübt werden soll. Dauer, Art und Ort der Tätigkeit wirken sich unterschiedlich auf arbeitsrechtliche, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Aspekte aus. Je nach Land müssen Sie darüber hinaus auch aufenthalts-, arbeitsschutz- oder datenschutzrechtliche Aspekte prüfen.
Wir haben die wichtigsten Regelungen in der Europäischen Union (EU), den USA und Thailand näher angeschaut. Anhand dieser Beispiele möchten wir Ihnen einen Überblick geben, was Sie alles beachten müssen, wenn Sie Mitarbeiter beschäftigen, die mobil im Ausland arbeiten.

Aufenthaltsrecht

EU

Innerhalb der EU gilt das Prinzip der Freizügigkeit. Der Aufenthalt in einem anderen EU-Land ist demnach auch zu Arbeitszwecken ohne behördliche Genehmigung möglich.

USA

In den USA erfordert eine Arbeitsaufnahme ein entsprechendes Visum. Da für die Vereinigten Staaten jedoch keine eigene Visa-Kategorie für den Anwendungsfall “Home-Office” und “Remote Work” existiert, muss im Einzelfall geprüft werden, welche Visa-Kategorie infrage kommt und ob eine Beschäftigung aus den USA heraus überhaupt möglich ist. Dies hängt oft davon ab, ob das beschäftigende Unternehmen eine Tochtergesellschaft in den USA hat, an die die Tätigkeit des Mitarbeiters angeschlossen werden kann. Für Firmen ohne US-Gesellschaft ist die Beschäftigung von Mitarbeitern in den USA oft nur möglich, wenn diese bereits über einen US-Aufenthaltstitel mit Arbeitserlaubnis (zum Beispiel eine Greencard) verfügen. Doch auch diese Konstellation bietet rechtliche Risiken, vor allem in Bezug auf das Steuerrecht.

Thailand

Für eine Erwerbstätigkeit in Thailand ist grundsätzlich ab dem ersten Arbeitstag eine gültige Arbeitserlaubnis notwendig.
Ebenso ist ein Visum erforderlich. Für das mobile Arbeiten in Thailand sind je nach Aufenthaltsdauer zwei Visa-Arten interessant. Hierbei ist grundsätzlich Rücksprache mit der thailändischen Auslandsvertretung zu halten, welche Tätigkeiten in Thailand erlaubt sind.
Zum einen gibt es seit dem 15. Juli 2024 eine neue Visumkategorie, welche mobiles Arbeiten oder “Workation” rechtlich ermöglicht – das “Destination Thailand Visa (DTV-1)”. Das Visum ist fünf Jahre ab Ausstellungsdatum gültig. Dem Visuminhaber ist eine mehrfache Einreise mit einer maximalen Aufenthaltsdauer von 180 Tagen erlaubt. Erforderliche Dokumente sind ein finanzieller Nachweis von mindestens 500.000 Thailändischen Baht (rund 13.700 Euro) sowie ein Arbeitsvertrag oder eine Arbeitsbescheinigung, aus der hervorgeht, dass der Arbeitnehmer eine Genehmigung für das mobile Arbeiten in Thailand hat.
Zum anderen kann das “Long Term Resident Visa (LTR)” attraktiv sein, da hier die Arbeitserlaubnis nicht gesondert eingeholt werden muss. Das Visum ist für zehn Jahre gültig mit der Option auf mehrfache Wiedereinreise. Allerdings wird dieses Visum nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgestellt – unter anderem nur bei einem persönlichen Mindesteinkommen von 80.000 US-Dollar/Jahr und mindestens fünf Jahren Berufserfahrung.
Die Beantragung erfolgt in beiden Fällen als e-Visum über die Thai E-Visa Official Website.

Arbeitsrecht
EU

Grundsätzlich findet in der EU das Arbeitsrecht des Landes Anwendung, in dem der “gewöhnliche Arbeitsort” des Mitarbeiters liegt. Darüber hinaus gilt das Prinzip der Vertragsfreiheit und Arbeitgeber und Mitarbeiter können frei entscheiden, welches Arbeitsrecht angewendet werden soll. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Mitarbeiter durch das vereinbarte Arbeitsrecht nicht schlechter gestellt wird als nach dem an seinem “gewöhnlichen Arbeitsort” geltenden Arbeitsrecht.
In der EU existieren zudem Mindeststandards in Bezug auf Arbeitsschutz, Datenschutz und Arbeitsbedingungen, die in allen Mitgliedsstaaten gelten und beachtet werden müssen. Besondere Aufmerksamkeit sollten Arbeitgeber auf Feiertagsregelungen und die Entlohnung legen, die individuelle Vereinbarungen erfordern können.

USA

Das Arbeitsrecht in den USA bietet Arbeitgebern und Arbeitnehmern große Freiheiten bei der Gestaltung eines Arbeitsvertrages. Oft werden Arbeitsverhältnisse sogar gänzlich ohne schriftlichen Vertrag geschlossen. So gibt es auch für das mobile Arbeiten eines Mitarbeiters in den USA keine verpflichtenden Bestimmungen.
In der Praxis ist es üblich, dass bei kurzzeitigen Aufenthalten das nationale deutsche Arbeitsverhältnis unverändert bleibt. Insbesondere bei längeren Auslandseinsätzen sollte jedoch eine einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrags oder eine arbeitsrechtliche Zusatzvereinbarung zum bestehenden Vertrag erfolgen – etwa über die Dauer des Aufenthalts in den USA oder mögliche Zusatzleistungen.
Grundsätzlich müssen in jedem Fall die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der USA befolgt und geltende Arbeitszeitregelungen und Sicherheitsvorschriften für Arbeitnehmer beachtet werden. Neben den föderalen Gesetzen gilt dies auch für die jeweiligen lokalen Bestimmungen der einzelnen Bundesstaaten.

Thailand

Grundsätzlich müssen alle arbeitsrechtlichen Regelungen in Thailand beachtet werden.
Am 18. April 2023 wurden Neuerungen im thailändischen “Labour Protection Act” in Bezug auf die Ermöglichung von Home-Office ("Work From Home Bill") eingeführt. Damit haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine gesetzliche Grundlage, Vereinbarungen bezüglich einer Tätigkeit im Home-Office zu treffen. Eine entsprechende Vereinbarung kann entweder schriftlich im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in elektronischer Form festgelegt werden. Im Einzelnen sollten folgende Aspekte enthalten sein: Anfangs- und Enddatum der Vereinbarung, Arbeitstage und -zeiten, Ruhezeiten, Überstunden, Urlaub und Arbeitsumfang sowie Einzelheiten über die Bereitstellung von Arbeitsmitteln durch den Arbeitgeber.

Steuerliche Aspekte

EU

In der EU hängt die Frage, in welchem Land der Arbeitslohn des Mitarbeiters besteuert wird, von der Dauer des Arbeitsaufenthaltes ab. Grundsätzlich gilt die sogenannte 183-Tage-Regelung, nach der die Steuerpflicht in dem Land greift, in dem sich der Mitarbeiter länger als 183 Tage innerhalb eines bestimmten Zeitraums aufhält. Der Zeitraum wird im jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) definiert und kann dadurch von Land zu Land variieren. So wird zum Beispiel in Frankreich und in Schweden das Kalenderjahr zugrunde gelegt, während in Italien das Steuerjahr als Referenz dient. Im deutsch-polnischen DBA sind es “183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahrs beginnt oder endet”.
Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob durch die Tätigkeit des Mitarbeiters eine “Betriebsstätte” im jeweiligen Land begründet wird. Dies ist entscheidend für die steuerlichen und rechtlichen Verpflichtungen des Unternehmens. Die Definition einer Betriebsstätte findet sich ebenfalls im jeweiligen DBA. Eine Betriebsstätte wird beispielsweise dann begründet, wenn der Mitarbeiter vor Ort befugt ist, Verträge zu unterzeichnen oder wenn es eine feste Geschäftseinrichtung gibt, in der er seine Tätigkeit ausübt.

USA

Durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit in den USA kann sich für den Mitarbeiter eine US-Steuerpflicht ergeben. Das DBA zwischen Deutschland und den USA legt fest, dass bei einem Aufenthalt in den USA von maximal 183 Tage pro Kalenderjahr das Besteuerungsrecht in Deutschland verbleibt. Dies gilt, wenn der Mitarbeitende seinen Wohnsitz in Deutschland behält und die Vergütung weiterhin durch den deutschen Arbeitgeber erfolgt. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil beispielsweise das Gehalt von der amerikanischen Tochtergesellschaft getragen wird, ist die Vergütung in den USA zu versteuern.
Bezüglich der möglichen Begründung einer Betriebsstätte, ist eine Einzelfallprüfung erforderlich. Da die Steuerhoheit in den USA auf Bund, Einzelstaaten und Gemeinden aufgeteilt ist, können sich die Regelungen je nach Einsatzort signifikant unterscheiden.

Thailand

Auch in Thailand können Mitarbeiter, die dort mobil arbeiten, steuerpflichtig werden. Die Bedingungen hierfür sind im deutsch-thailändischen DBA definiert. Entscheidend ist hier, in welchem der beiden Vertragsstaaten der Mitarbeiter als “ansässig” gilt. Laut DBA ist dies dort, wo der Mitarbeiter “über eine ständige Wohnstätte verfügt”. Hat er diese in beide Ländern, so gilt er dort als “ansässig”, wo er “enge persönliche und wirtschaftliche Beziehungen” pflegt – er also seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Ist dieser ebenfalls in beiden Ländern (oder in einem anderen Land), entscheidet die Staatsangehörigkeit. Sollte der Mitarbeiter in Thailand steuerpflichtig sein, kommt das thailändische Einkommensteuerrecht ("Personal Income Tax") nach dem “Revenue Code (RC)” zur Anwendung.
Eine Betriebsstätte wird nach dem deutsch-thailändischen DBA grundsätzlich nach drei Monaten begründet – unabhängig von der Tätigkeit. Unter Umständen kann es aber passieren, dass durch die Tätigkeit des Mitarbeiters unbeabsichtigt bereits früher eine Betriebsstätte begründet wird. Dies ist etwa der Fall, wenn der Mitarbeiter befugt ist, in Thailand Verträge für das deutsche Unternehmen abzuschließen oder es zu seinen Aufgaben gehört, Aufträge einzuholen. Davon ausgenommen ist der Abschluss von Verträgen zum Einkauf von Gütern. Arbeitgeber sollten sich dessen bewusst sein, da die Begründung einer Betriebstätte für das Unternehmen erheblich höhere steuerliche Belastungen sowie mehr Aufwand durch etwaige Steuererklärungspflichten auslösen kann.

Sozialversicherung

EU

In der EU ist grundsätzlich der physische Arbeitsort entscheidend für die Anwendung des Sozialversicherungsrechts. Dementsprechend kann die Ausübung von mobilem Arbeiten zu einem Wechsel in das Sozialversicherungssystem des Landes führen, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird.
Seit dem 1. Juli 2023 ist ein Rahmenabkommen zwischen einzelnen europäischen Staaten (nicht nur EU-Staaten) in Kraft, das Ausnahmevereinbarungen ermöglicht. Danach verbleiben die Mitarbeiter im Sozialversicherungssystem des gewöhnlichen Beschäftigungsstaates, also des Staates, in dem der Arbeitgeber ansässig ist, wenn ihre Tätigkeit im Ausland bei unter 50 Prozent der Gesamtarbeitszeit liegt. Bislang haben sich folgende Länder dem Rahmenabkommen angeschlossen: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Kroatien, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, die Schweiz, die Slowakei, Slowenien, Spanien und Tschechien.
Weitere EU-Mitgliedsstaaten haben signalisiert, ebenfalls an dem Abkommen teilnehmen zu wollen. Das Vereinigte Königreich hingegen hat bereits erklärt, sich nicht an dem Abkommen zu beteiligen.

USA

Sowohl nach deutschem als auch nach US-amerikanischem Recht gilt im Bereich der Sozialversicherung das so genannte Territorialitätsprinzip, das heißt der Ort der ausgeübten Tätigkeit bestimmt über das anzuwendende Recht. Ist ein Deutscher in den USA tätig, bestimmt sich die Versicherungspflicht grundsätzlich allein nach amerikanischen Recht. Allerdings besteht zwischen Deutschland und den USA – wenn auch nur in Bezug auf die Rentenversicherung – ein Sozialversicherungsabkommen. Demnach unterstehen Mitarbeiter eines deutschen Unternehmens trotz US-Einsatz auch weiterhin der deutschen Rentenversicherung, wenn der Mitarbeiter nicht länger als fünf Jahre in den USA tätig ist, das inländische Arbeitsverhältnis bestehen bleibt und formell eine Entsendung auf Weisung des deutschen Unternehmens erfolgt. Letzteres stellt sich aber oft als schwierig dar, wenn der Wunsch, zeitweise aus den USA heraus zu arbeiten, vom Arbeitnehmer ausgeht. Denn eine Entsendung auf Weisung des Arbeitgebers liegt im Regelfall nicht vor, wenn der Angestellte seine Arbeitsleistung aus privatem Interesse aus den USA heraus erbringt.
Die Sozialversicherungszweige Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung sind nicht vom Sozialversicherungsabkommen gedeckt. Somit besteht das Risiko, dass der Mitarbeitende nicht mehr der deutschen Sozialversicherung in diesen Bereichen unterliegt. Zu empfehlen ist daher, sich frühzeitig in Deutschland mit den bestehenden Versicherern und den Sozialversicherungsträgern in Verbindung zu setzen und anzufragen, ob der Mitarbeiter in den USA unter anderem ausreichend gegen Krankheit und Unfall versichert ist. Im Einzelfall lohnt es sich zu ermitteln, ob eine freiwillige Weiterversicherung in Deutschland möglich und gewünscht ist. Auch kann es aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen sinnvoll sein, bei längerfristigen Aufenthalten in den USA das deutsche Arbeitsverhältnis aufzuheben oder ruhen zu lassen. In diesen Fällen gelten dann in der Regel die arbeitsrechtlichen Bestimmungen des entsprechenden Bundesstaates.

Thailand

Zwischen Deutschland und Thailand besteht kein bilaterales Sozialversicherungsabkommen. Somit ist Thailand ein nichtvertragliches Ausland. Aufgrund des Territorialitätsprinzips kommt bei einer Tätigkeit in Thailand das thailändische Sozialversicherungsrecht zur Anwendung. Die wesentliche Rechtsgrundlage ist der “Social Security Act”. Hier sollten Arbeitgeber und Mitarbeiter durch den eventuellen Wechsel in das thailändische Sozialversicherungssystem die genaue Rechtslage im Einzelnen in Erfahrung bringen, um einen fehlenden Versicherungsschutz oder eine Doppelversicherung zu vermeiden.