CE-Kennzeichnung: Leitfaden EU-Maschinenverordnung

Die “EU-Verordnung über Maschinenprodukte” ist zum 19. Juli 2023 in Kraft getreten und löst die seit 2006 geltende Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ab. In diesem Leitfaden erfahren Sie, welche wichtigen Änderungen sich ergeben haben und welche Zusammenhänge zu anderen neuen EU-Regularien zukünftig relevant werden.

Was ist das Ziel der EU?

Mit der neuen EU-Verordnung werden sowohl das Gesetzgebungsverfahren in den EU-Mitgliedstaaten über das NLF (s. Richtlinie vs. Verordnung) harmonisiert und die Vorgaben zur Maschinensicherheit an den “Stand der Technik“ unter Berücksichtigung der technologischen Entwicklung der Digitalisierung angepasst. Zentrale Aspekte der neuen EU-Maschinenverordnung betreffen u. a.
  • Abdeckung neuer Risiken im Zusammenhang mit digitalen Technologien
  • Neubewertung von Hochrisiko-Maschinen
  • Verringerung papierbasierter Dokumentationsanforderungen
Die Fortschritte bei der Digitalisierung führen bei der Entwicklung neuer Maschinen zu neuen Risiken, die von der aktuellen Maschinenrichtlinie 2006/42/EU nicht ausreichend erfasst werden wie z. B.
  • Mensch-Roboter-Zusammenarbeit (Kollaborative Roboter-Cobots)
  • mit dem Internet verbundene Maschinen
  • Auswirkungen von Software-Updates
  • autonome Maschinen und Fernüberwachungsstationen

Verordnung vs. Richtlinie?

Die “EU-Verordnung über Maschinenprodukte“ wurde auf der Basis des New Legislative Framework (NLF) erstellt. Mit diesem Wechsel des Rechtsinstruments von einer EU-Richtlinie zu einer EU-Verordnung wurde eine EU-weit einheitliche Auslegung und Umsetzung der Vorgaben erreicht. Dadurch wird für Unternehmen die gleiche Handhabung der Regeln in allen Ländern der Europäischen Union sichergestellt. Die neue EU-Maschinenverordnung hat somit direkte Gesetzeskraft und bedeutet aus rechtlicher Sicht die unmittelbare Umsetzung in der EU ohne die Einbindung nationalen Gesetzgebungsverfahren in den Mitgliedsstaaten.

Ab wann gilt die neue Verordnung?

Die EU-Maschinenverordnung (MVO) wurde am 29. Juni 2023 im europäischen Amtsblatt veröffentlicht und trat am 19. Juli in Kraft. Entscheidend für die Anwendung der MVO ist der Zeitpunkt des Inverkehrbringens. Liegt der Zeitpunkt der Auslieferung von Maschinen und dazugehörigen Produkten nach dem 20. Januar 2027 müssen alle in der MVO genannten Anforderungen erfüllt sein, sie werden mit der Konformitätserklärung für die MVO bestätigt. Werden die Produkte vor dem 20. Januar 2027 in den Verkehr gebracht erfolgt die Bestätigung mit der Konformitätserklärung für die Anforderungen nach der bisher gültigen Maschinenrichtlinie. Es ist zu beachten, dass im veröffentlichten Text keine Übergangsfrist von der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG zur EU-Maschinenverordnung vorgesehen ist. Einige Anforderungen, die insbesondere die Kommission und die Mitgliedsstaaten betreffen, sind bereits vor dem 20. Januar 2027 umzusetzen. Unternehmen sollten bei ihrem Zeitplan für die Neuentwicklung von komplexen Maschinen und dazugehörigen Produkten den Stichtag des 20. Januar 2027 berücksichtigen.
Selbst wenn für Innovationen an den Maschinen nicht alle Anforderungen der MVO zu erfüllen sind, sollten alle Anforderungen der neuen MVO bezüglich einer schnellen Umsetzung im Betrieb geprüft werden.
Tipp: Unternehmen sollten frühzeitig ihre zukünftigen Produktentwicklungen hinsichtlich der Anforderungen der neuen MVO auf den Prüfstand stellen. Klar ist, nur wer nach dem Stichtag zum 20. Januar 2027 die entsprechenden Anforderungen erfüllt, darf seine Maschinen weiter in der EU bereitstellen, verkaufen oder importieren.

Wer ist betroffen?

Betroffen sind nicht nur Hersteller von “Maschinen und dazugehörigen Produkten“, sondern alle Wirtschaftsakteure, die diese in der EU auf dem Markt bereitstellen, in Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen. Neben Herstellern werden in der geplanten neuen EU-Maschinenverordnung nun auch explizit (Online-)Händler, Importeure (Einführer) und Bevollmächtigte genannt.

Entscheidende Neuerungen der Maschinenverordnung

Im Vergleich zur derzeit gültigen Maschinenrichtline 2006/42/EU enthält die neue EU-Maschinen-Verordnung eine ganze Zahl an zusätzlichen und neuen Anforderungen. Nachfolgend listen wir die wichtigsten auf.
Die neue Maschinenverordnung bezieht sich nicht mehr allgemein auf Maschinen. Neu eingeführt werden die Begriffe “Maschinen und dazugehörende Produkte“.
Unter dazugehörende Produkte fallen:
  • auswechselbare Einrichtungen
  • Sicherheitsbauteile
  • Lastaufnahmemittel
  • Ketten, Seile, Gurte
  • abnehmbare Gelenkwellen.

Begriff “wesentliche Veränderung”

Der neu aufgenommene Begriff der “wesentlichen Veränderung“ bezeichnet eine vom Hersteller nicht vorgesehene oder geplante physische oder digitale Veränderung einer Maschine oder eines dazugehörigen Produkts nach deren bzw. dessen Inverkehrbringen oder Inbetriebnahme, die die Sicherheit der jeweiligen Maschine oder des dazugehörigen Produkts beeinträchtigt, indem eine neue Gefährdung entsteht oder sich ein bestehendes Risiko erhöht, wodurch es erforderlich wird, die Maschine oder das dazugehörige Produkt um trennende oder nicht trennende Schutzeinrichtungen zu ergänzen, deren Einbindung eine Anpassung des bestehenden Sicherheitssteuerungssystems erforderlich macht, oder zusätzliche Schutzmaßnahmen zur Gewährleistung der Stabilität oder der Festigkeit der jeweiligen Maschine oder des dazugehörigen Produkts zu ergreifen. Diese Ausführung zum Begriff “wesentliche Veränderung“ hilft Unternehmen bei der Bewertung, wann eine veränderte Maschine als “neue“ Maschine im Sinne der MVO anzusehen ist. Liegt eine “wesentliche Veränderung“ vor, ist das Konformitätsbewertungsverfahren der CE-Kennzeichnung für die betreffende Maschine erneut durchzuführen.
Tipp: Die wesentliche Veränderung von Maschinen wird für Deutschland wird in einem Interpretationspapier des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 9. April 2015 näher beschrieben.

Begriff “Hochrisiko-Maschine”

Artikel 6 der Verordnung legt Klassifizierungsregeln für Hochrisiko-Maschinen fest. Dies sind Maschinen, von denen unter Berücksichtigung ihrer Konstruktion und des Verwendungszwecks ein Risiko für die menschliche Gesundheit ausgeht.
In Anhang I der Verordnung sind die betroffenen Maschinen und dazugehörenden Produkte aufgeführt. Diese werden in zwei Kategorien Teil A und Teil B eingeteilt.
Für Maschinen und dazugehörende Produkte, die nicht in Anhang I gelistet sind, erfolgt die Bewertung nach der internen Fertigungskontrolle entsprechend dem Modul A (wie bisher).
Artikel 6: “Maschinen und dazugehörige Produkte, die unter die in Anhang I Teil A aufgeführten Kategorien fallen, unterliegen den in Artikel 25 Absatz 2 genannten spezifischen Konformitätsbewertungsverfahren, und Maschinen und dazugehörige Produkte, die unter die in Anhang I Teil B aufgeführten Kategorien fallen, unterliegen den in Artikel 25 Absatz 3 genannten spezifischen Konformitätsbewertungsverfahren.”
In Artikel 6 werden für Hersteller die Konformitätsbewertungsverfahren für Maschinen und dazugehörende Produkte, die in Anhang I gelistet sind, vorgeschrieben.
Dabei werden für Maschinen und dazugehörige Produkte nach Anhang I, Teil A angewendet:
  • Modul B (EU-Baumusterprüfung) in Kombination mit Modul C (Konformität mit dem Baumuster auf Grundlage der internen Fertigungskontrolle)
  • Modul H (Umfassende Qualitätssicherung)
  • Modul G (Einzelprüfung)
Für Maschinen und dazugehörige Produkte nach Anhang I, Teil B stehen zur Auswahl:
  • Alle Optionen wie unter Teil A aufgeführt, oder
  • Modul A (Interne Fertigungskontrolle, s. o.), wenn für die Konstruktion harmonisierte Normen angewandt werden.
Falls für die Umsetzung der neuen Maschinenverordnung benannte Stellen für Ihre Produkte erforderlich werden, finden Sie die für Ihren Bedarf richtige benannte Stelle in einer Übersicht auf der Seite der Europäischen Kommission.
Tipp: Unternehmen sollten regelmäßig prüfen, ob sich die Liste der “Hochrisiko-Maschinen” im Anhang I geändert hat. Die Liste wird kontinuierlich an den “Stand der Technik” angepasst. In die Liste werden somit neue Arten von Maschinen und dazugehörigen Produkten aufgenommen, die vorher nicht als “Hochrisiko-Maschinen” eingestuft waren.

Konformitätsvermutung durch technische Spezifikationen

Die bereits in der Maschinenrichtlinie 2006/42/EU vorgesehene Konformitätsvermutung für Maschinen durch Anwendung harmonisierter Normen oder Teilen davon, bleibt bestehen.
Um die Konformitätsvermutung zu gewährleisten, solange es (noch) keine harmonisierten Normen gibt, kann die EU-Kommission zukünftig auch technische Spezifikationen erlassen, die eine Konformitätsvermutung nach sich ziehen.

Hinweis

Eine “technische Spezifikation“ schreibt in einem Schriftstück spezifische Merkmale für ein Erzeugnis vor. Dazu zählen nicht nur Abmessungen, Verpackung, Qualitätsstufen, Konformitätsbewertungsverfahren usw. sondern auch Herstellungsmethoden und -verfahren.

Digitale Betriebsanleitung und Konformitätserklärung

Die EU-Maschinenverordnung bietet die Möglichkeiten zur digitalen Bereitstellung von Betriebsanleitungen und technischen Unterlagen (Artikel 10, Absatz 7, 2023/1230). Auf Verlangen des Nutzers müssen hierfür innerhalb eines Monats ab Kaufdatum kostenlose Papierversionen bereitgestellt werden. In gleicher Weise kann die EU-Konformitätserklärung digital bereitgestellt werden. Dies kann auf einer Internetseite oder über einen maschinell auslesbaren Code in der Betriebsanweisung erfolgen. Die digitalen Unterlagen müssen mindestens zehn Jahre nach dem Inverkehrbringen der Maschine oder dem dazugehörenden Produkt heruntergeladen werden können.
Die Hersteller gewährleisten, dass der Maschine oder dem dazugehörigen Produkt die Betriebsanleitung und die Informationen nach Anhang III beigefügt sind. Die Betriebsanleitung kann in digitaler Form bereitgestellt werden. In der Betriebsanleitung und den Informationen ist das Produktmodell, dem sie entsprechen, klar zu beschreiben.
Wenn die Betriebsanleitung in digitaler Form bereitgestellt wird, muss der Hersteller
  • auf der Maschine oder dem dazugehörigen Produkt oder, falls dies nicht möglich ist, auf ihrer Verpackung oder in einem Begleitdokument angeben, wie auf die digitalen Betriebsanleitungen zugegriffen werden kann;
  • diese in einem Format bereitstellen, das es dem Nutzer ermöglicht, die Betriebsanleitung auszudrucken, herunterzuladen und auf einem elektronischen Gerät zu speichern, sodass er jederzeit, insbesondere bei einem Ausfall der Maschine oder des dazugehörigen Produkts, darauf zugreifen kann; diese Anforderung gilt auch, wenn die Betriebsanleitung in die Software der Maschine oder des zugehörigen Produkts eingebettet ist;
  • sie während der voraussichtlichen Lebensdauer der Maschine oder des dazugehörigen Produkts und mindestens zehn Jahre lang nach dem Inverkehrbringen der Maschine oder des dazugehörigen Produkts online zugänglich machen.

Offene Fragen bei der digitalen Bereitstellung

Die Bereitstellung und dauerhafte Verfügbarkeit digitaler Dokumente ist in der MVO nicht eindeutig beschrieben. Ebenso unklar ist die Bedeutung des Begriffs “zur Verfügung stellen” von digitalen Dokumenten. Welche Konsequenzen ergeben sich für Hersteller, wenn z.B. eine digital bereitgestellte Betriebsanleitung einer Maschine oder dem dazugehörigen Produkt wegen einer eingeschränkten Internetverbindung nicht jederzeit oder bei einem ungenutzten oder fehlenden Internetanschluss vom Nutzer nicht heruntergeladen werden kann?

Risikobewertung bei Maschinen mit autonomen Verhalten

Bevor Hersteller eine Maschine in Verkehr bringen/in Betrieb nehmen dürfen, muss eine Risikobewertung mit Blick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz vorgenommen werden.
Bei der Ermittlung der Wahrscheinlichkeit und der Schwere des Schadens sind gegebenenfalls die folgenden Kriterien zu berücksichtigen:
  • die Art der mit der Funktion der Kategorie von Maschinen oder dazugehörigen Produktkategorie verbundenen inhärenten Gefährdung unter Berücksichtigung der bestimmungs-gemäßen Verwendung und jeglicher vernünftigerweise vorhersehbarer Fehlanwendung
  • die Schwere des Schadens, den eine Person erleiden würde, einschließlich des Grads der Umkehrbarkeit dieses Schadens
  • die Anzahl der möglicherweise von dem Schaden betroffenen Personen
  • die Häufigkeit und Dauer der Exposition gegenüber der Gefährdung, der eine Person bei der bestimmungsgemäßen Verwendung oder einer vernünftigerweise vorhersehbaren Fehlanwendung der Kategorie von Maschinen oder dazugehörigen Produkten ausgesetzt wäre
  • die Möglichkeiten zur Verhinderung oder Begrenzung eines Schadens
  • bei Sicherheitsbauteilen die Wahrscheinlichkeit schwerwiegender Folgen für die Sicherheit der Personen, die bei deren Ausfall zu Schaden kommen könnten
Besonderheit bei Maschinen mit sich entwickelndem und autonomem Verhalten:
Bei diesen Produkten müssen zusätzlich die Risiken einbezogen werden, die nach dem Inverkehrbringen der Maschine aufgrund ihres sich entwickelnden und autonomen Verhaltens auftreten können.

Anforderungen an die IT-Sicherheit

Hersteller müssen Vorkehrungen gegen Risiken treffen, die sich aus böswilligen Handlungen Dritter ergeben können und die Maschinensicherheit betreffen. Das gilt für Manipulationen durch den Anschluss von oder Kommunikation mit anderer Hardware ebenso wie für die Maschinen-Software (z. B. Hacker-Angriffe). Die Maschinenverordnung sieht hierfür neue grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderung (Anhang III, 1.1.9) vor:
  • Es dürfen durch den Anschluss oder durch Kommunikation mit einer “anderen Einrichtung” keine gefährlichen Situationen entstehen.
  • Ein sicherheitsrelevantes Hardware-Bauteil für den Anschluss “anderer Einrichtungen”, muss so konstruiert sein, dass es angemessen gegen unbeabsichtigte oder vorsätzliche Verfälschung geschützt ist.
  • Die Maschine muss Beweise für ein rechtmäßiges oder unrechtmäßiges Eingreifen in die Hardwarekomponente sammeln.
  • Software und Daten, die für die Übereinstimmung der Maschine mit den Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen der Maschinenverordnung entscheidend sind, müssen als solche benannt und gegen unbeabsichtigte oder vorsätzliche Verfälschung geschützt werden.
  • Die für den sicheren Betrieb einer Maschine installierte Software ist kenntlich zu machen und die entsprechenden Informationen müssen jederzeit in leicht zugänglicher Form bereitgestellt werden können.
  • Die Maschine muss Beweise sammeln für ein rechtmäßiges oder unrechtmäßiges Eingreifen in ihre Software oder eine Veränderung der in der Maschine oder ihrer Konfiguration installierten Software.
Seit 2019 kann in diesem Zuge auch der Cybersecurity Act der EU (CSA) herangezogen werden. Die Verordnung (EU) 2019/881 über die Zertifizierung der Cybersicherheit von Informations- und Kommunikationstechnik (CSA-Verordnung) enthält Vorgaben für einen Zertifizierungsrahmen für Cybersicherheit (siehe auch Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit (ENISA)). Durch diese Verordnung werden IKT-Produkte, -Dienste und -Prozesse bestimmten Zertifizierungen unterworfen. Das neue Cybersicherheitszertifikat bescheinigt, dass die geprüften Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse bestimmte Anforderungen an die Cybersicherheit erfüllen.
Nach Artikel 52 der CSA-Verordnung werden Produkte/Dienstleistungen/Verfahren in drei Vertrauenswürdigkeitsstufen von “niedrig“ über “mittel“ bis “hoch“ eingestuft. Die Einstufung erfolgt auf Basis einer Risikoabwägung in Abhängigkeit, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Sicherheitsvorfall eintritt und wie sich dieser auswirkt.
Artikel 53 der CSA-Verordnung besagt, dass Hersteller bei der Vertrauenswürdigkeitsstufe “niedrig“ die Konformität selbst und alleinverantwortlich bewerten können. Für die Vertrauenswürdigkeitsstufen “mittel“ und “hoch“ wird dagegen ein Cybersicherheitszertifikat einer akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle verlangt.
In allen Risikostufen erfolgen die Nachweise für die IT-Sicherheit derzeit freiwillig, sofern das EU--Recht oder das Recht der Mitgliedsstaaten keine Vorschriften dazu erlassen.

Tipps

  • Hersteller könnten zum Nachweis der Konformität die auf Basis des EU Cybersecurity Act (CSA) bereits freiwillig erstellten Cybersicherheitszertifizierungsschema nutzen, wenn ihre Maschinen und dazugehörigen Produkte in die entsprechende Produktgruppe fallen.
  • Neben dem CSA gibt es zusätzlich harmonisierte Normen für die bisher gültige Maschinenrichtlinie und andere Richtlinien, die bereits Anforderungen an die Cybersicherheit enthalten und entsprechend berücksichtig werden müssen bzw. können. Ein Beispiel ist die internationale Normenreihe IEC 62443 „Industrielle Kommunikationsnetze – IT-Sicherheit für Netze und Systeme”. Nutzen Sie bei der Suche nach derartigen Normen den “Cybersecurity Navigator” des Instituts für Informations-, Gesundheits- und Medizinrecht (IGMR) der Universität Bremen.

Sicherheit und Zuverlässigkeit von Steuerungen

Die Anforderungen für die Sicherheit und Zuverlässigkeit von (Maschinen-)Steuerungen wurden präzisiert (Anhang III, 1.2.1). Das betrifft insbesondere Vorgaben, die im Zusammenhang mit Software stehen. Wichtige Aspekte sind:
  • Steuerungen müssen beabsichtigten oder unbeabsichtigten äußeren Einflüssen und vernünftigerweise vorhersehbaren böswilligen Versuchen Dritter, Gefahrensituationen zu schaffen, widerstehen können.
  • Defekte an Hard- und Software der Steuerung und Fehler in der Logik von Steuerkreisen dürfen nicht zu Gefährdungssituationen führen.
  • Sicherheitsfunktionen dürfen nicht über die vom Hersteller in der Risikobeurteilung festgelegten Grenzen hinaus verändert werden können.
  • Das Rückverfolgungsprotokoll der im Zusammenhang mit einer Intervention der Marktaufsichtsbehörden generierten Daten als auch die Versionen der Sicherheitssoftware, die nach Inverkehrbringen oder Inbetriebnahme der Maschine hochgeladen wurden, müssen bis zu fünf Jahre danach den zuständigen nationalen Behörden zum Nachweis der Konformität der Maschine oder des dazugehörigen Produkts zugänglich sein.
  • Steuerungssysteme für (teilweise oder in wechselndem Maße) autonome Maschinen oder dazugehörige Produkte müssen sicherstellen, dass
    • keine Handlungen ausführt werden, die über die festgelegte Aufgabe und den festgelegten Bewegungsbereich hinausgehen
    • Daten über sicherheitsrelevante Entscheidungsprozesse nach dem Inverkehrbringen oder der Inbetriebnahme der Maschine aufgezeichnet werden. Diese müssen für ein Jahr nach der Aufzeichnung zum Nachweis der Konformität auf begründetes Verlangen einer zuständigen nationalen Behörde gespeichert werden
    • Die Möglichkeit einer Korrektur besteht, um die inhärente Sicherheit zu wahren.
  • Bei drahtlosen Steuerungen darf ein Ausfall der Kommunikation oder der Verbindung oder eine fehlerhafte Verbindung nicht zu einer Gefährdungssituation führen.
Hilfreich hierbei können die Anwendung der harmonisierten Norm 13849-1:2015 (Sicherheit von Maschinen – Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen) als auch die Berücksichtigung der oben unter Punkt 6. aufgeführten Anforderungen an die (Cyber-)Sicherheit sein.
Prüfen Sie bei Ihren Arbeiten die Aktualität von harmonisierten Normen. Hinweise finden Sie in unserer Normen-Übersicht. Allgemeine Informationen hierzu erhalten Sie bei unseren CE-Sprechtagen.

Anforderungen für die Mensch-Maschine-Interaktion

Die Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zur Ergonomie wurden um Aspekte der Mensch-Maschine-Interaktionen erweitert und angepasst (Anhang III, 1.1.6).
Bei bestimmungsgemäßer Verwendung müssen Belästigung, Ermüdung sowie körperliche und psychische Fehlbeanspruchung der Bediener auf das mögliche Mindestmaß reduziert sein. So müssen Mensch-Maschine-Schnittstellen an die vorhersehbaren Bedürfnisse der Bediener hinsichtlich Körpermaße, Bewegungsfreiheit, Kraft, Arbeitsablauf, Aufmerksamkeit und Ausdauer angepasst werden.
Mit Blick auf lernende und/oder (teilweise oder in wechselndem Maße) autonome Maschinen oder dazugehörige Produkte sind zusätzlich u. a. folgende Erfordernisse zu beachten:
  • Anpassung an die vorhersehbaren Eigenschaften der Bediener im Zuge der Entwicklung zu einer teil- oder vollautonomen Betriebsweise
  • Reaktion in angemessener Art und Weise auf Personen (verbal und nichtverbal durch Gesten, Mimik oder Körperbewegungen)
  • Verständliche Information von Maschine oder dazugehörigem Produkt zu geplanten Handlungen und deren Notwendigkeit an den Bediener
Hilfreich hierbei können die Anwendung der harmonisierten Norm 13849-1:2015 (Sicherheit von Maschinen – Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen) als auch die Berücksichtigung unter Punkt 5.6 aufgeführten Anforderungen an die (Cyber-)Sicherheit sein.

Risiken durch bewegliche Teile und psychische Belastung

Die beweglichen Teile einer Maschine müssen so konstruiert und gebaut sein, dass Unfallrisiken durch Kontakt mit diesen Teilen verhindert werden. Können derartige Risiken konstruktiv nicht eliminiert werden, müssen die beweglichen Teile mit trennenden oder nicht trennenden Schutzeinrichtungen ausgestattet werden.
Hierzu sind alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um ein ungewolltes Blockieren der beweglichen Teile zu verhindern. Können Blockierungen nicht ausgeschlossen werden, müssen ggf. spezielle Schutzreinrichtungen und Spezialwerkzeuge mitgeliefert werden, damit sich Blockierungen gefahrlos beheben lassen. Auf spezielle Schutzreinrichtungen und deren Verwendung ist in der Betriebsanleitung und nach Möglichkeit auf der Maschine selbst hinzuweisen.
Um Kontaktrisiken und/oder psychische Belastungen durch die Interaktion von Menschen mit einer Maschine und daraus folgende Gefährdungssituationen zu vermeiden, müssen folgende neue Aspekte berücksichtigt werden:
  • Koexistenz von Mensch und Maschine in einem gemeinsamen Raum ohne direkte Zusammenarbeit
  • Mensch-Maschine-Interaktion
Bei der Bewertung der Interaktionsarten gelten die unter Punkt 8 genannten Grundsätze.

Maschinen mit sich entwickelnden Fähigkeiten (KI-Systeme)

Die Risiken von KI-Systemen sollen durch die EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI-VO-E), die sich im Entwurfsstadium befindet, geregelt werden.
Die EU-Maschinenverordnung enthält bereits Vorgaben für KI-Systeme, um Wechselwirkungen zwischen Maschinenkomponenten zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang wurden folgen-de grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen angepasst:
  • Sicherheit und Zuverlässigkeit von Steuerungen
  • Allgemeine Grundsätze, 1.1.6 zur Ergonomie
  • Risiken durch bewegliche Teile und psychische Belastung

Überblick Neue EU-Maschinenverordnung: Der Weg zum sicheren Produkt

Fällt mein Produkt unter die EU-Maschinenverordnung?

Ob ein Produkt unter die EU-Maschinenverordnung fällt, ist in Artikel 1 der Verordnung geregelt. Berücksichtigen Sie bei Ihrer Recherche, dass Ihr Produkt unter mehrere CE-Richtlinien oder Vorschriften fallen kann
Tipp: Eine Übersicht über alle aktuell geltenden CE-Richtlinien/Verordnungen finden Sie auf der Webseite der Europäischen Kommission.

Risikobeurteilung und Harmonisierte Normen

Die CE-Richtlinien/Verordnungen sehen unter anderem vor, dass Hersteller ihre Produkte in Einklang mit in den Vorschriften definierten Sicherheitszielen in Verkehr bringen.
Es gilt grundsätzlich, dass nur sichere Produkte in Verkehr gebracht werden dürfen. Daher müssen Produkte zumindest den aktuellen Stand der Technik zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens aufweisen.
In der Praxis werden zu diesem Zweck harmonisierte Normen herangezogen. Hierbei handelt es sich um Normen, die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind. Stimmt ein Produkt mit einer harmonisierten Norm überein, wird die Konformität mit den Sicherheitszielen gemäß CE-Richtlinie/Verordnung vermutet, sofern diese durch die Norm abgedeckt sind.
Zum Nachweis der Übereinstimmung der Maschine mit den Bestimmungen der Verordnung muss der Hersteller das jeweils zutreffende in der Verordnung angegebene Konformitätsbewertungs-verfahren durchführen.
Ist das Maschinenprodukt keine “Hochrisiko-Maschine”, also nicht in Anhang I der Verordnung aufgelistet, führt der Hersteller (oder sein Bevollmächtigter) die in Anhang VI der EU-Maschinenverordnung erläuterte Fertigungskontrolle mit Risikobeurteilung (Anhang III und z.B. EN ISO 12100:2010) durch.
Achtung: Mit den neuen Anforderungen im Entwurf der EU-Maschinenverordnung an Maschinen mit Mensch-Maschine-Interaktion und zur Koexistenz von Mensch und Maschine in einem gemeinsamen Raum ohne direkte Zusammenarbeit (siehe “Was ist neu?”) können neue Gefährdungen für die Risikobeurteilung relevant werden, die noch NICHT in der Gefährdungstabelle der entsprechenden Sicherheitsgrundnorm EN ISO 12100:2010 zur Risikobeurteilung berücksichtigt sind.
Ist das Maschinenprodukt eine “Hochrisiko-Maschine” nach Anhang I, muss eine Baumusterprüfung (Anhang VII) der Maschine von einem externen Dienstleister durchgeführt werden, oder der Hersteller führt eine umfassende Qualitätssicherung nach Anhang IX durch.
Hinweis: Sie werden bei der weitergehenden Recherche schnell feststellen, dass sich das Vorgehen auf die Recherche geeigneter Normen beschränkt. Zuerst muss beurteilt werden, welche Risiken von dem Produkt ausgehen und welche grundlegenden Anforderungen von welchen Vorschriften angewendet werden müssen, die zudem außerhalb der CE-Richtlinien/Verordnungen liegen können.
In der Regel werden diese Anforderungen durch die Anwendung harmonisierter Normen erfüllt.
Im weiteren Verlauf ist abzugleichen (und im Rahmen der Risikoanalyse und -bewertung zu dokumentieren), ob durch eine oder mehrere herangezogene harmonisierte Normen tatsächlich alle Anforderungen der anzuwendenden Richtlinie(n)/Verordnung(en) – sowie erforderliche Maßnahmen zur Risikominderung – abgedeckt sind, oder gegebenenfalls weitere Maßnahmen nötig werden.
Aus technisch nicht mehr weiter minderbaren Risiken werden beispielsweise Warnhinweise in Bedienungsanleitungen abgeleitet.

Technische Unterlagen

Neben der Risikobeurteilung müssen alle im Anhang IV der neuen EU-Maschinenverordnung aufgeführten technischen Unterlagen bis zu zehn Jahren nach Inverkehrbringen der Maschine auf Verlangen der Marktaufsichtsbehörden vorgelegt werden können.
Neu gegenüber der aktuell gültigen EU-Maschinenrichtlinie ist, dass u. a. die Betriebsanleitungen explizit digital zur Verfügung gestellt werden dürfen; auf Verlangen muss die gedruckte Version kostenfrei zur Verfügung gestellt werden (siehe auch unter “Was ist neu?”, Punkt 4.).
Zudem ist die Weitergabe der EU-Konformitätserklärung in Papierform nicht mehr ausdrücklich vorgeschrieben. Diese kann auch unter Angabe einer URL digital abgelegt und dort abgerufen werden.

Konformitätserklärung und CE-Kennzeichen

Mit der Konformitätserklärung erklärt ein Hersteller, dass ein Produkt den Anforderungen aller an-zuwenden CE-Richtlinien/Verordnungen entspricht. Der Anhang V der kommenden EU-Verordnung gibt den Aufbau und die Art der Inhalte vor.
Nach Durchlaufen des Konformitätsbewertungsverfahrens und dem Ausstellen der Konformitätserklärung muss das CE-Kennzeichen sichtbar, leserlich und dauerhaft auf dem Produkt aufgebracht werden. Die EU stellt dazu eine Vorlage bereit, wie das CE-Zeichen genau aussehen muss.
Zusammenhang mit der EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI) und mit dem EU-Data-Act.
Im Zusammenhang mit Digitalisierung und Daten arbeitet die EU-Kommission derzeit an verschiedenen Regulierungen, die sich auf Hersteller, (Online-)Händler, Importeure (Einführer) und Bevollmächtigte von Maschinen auswirken können. Zwei wichtige Beispiele sind die geplante EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI-VO-E) sowie der EU-Data-Act (Data-Act-E), die im Folgenden kurz beschrieben werden.

EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI-VO-E)

Aktuell arbeitet die EU-Kommission an einer Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI-VO-E). Diese soll das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme und die Verwendung von KI-Systemen/KI-Produkten regeln.
KI-Methoden und KI-Technologie sind sehr vielfältig und können dort eingesetzt werden, wo viele Daten generiert werden und ausgewertet werden können, wie zum Beispiel in modernen Maschinen.
In Zukunft kann für Maschinen neben der neuen EU-Maschinenverordnung von Maschinenherstellern, Importeuren (Einführern), (Online)-Händlern oder Bevollmächtigten zusätzlich die EU-Verordnung KI-VO-E relevant werden.
Aktuell unterscheidet der Entwurf der KI-VO-E zwischen verschiedenen Anwendungsbereichen und vier Risikoklassen (unannehmbares Risiko, hohes Risiko, geringes Risiko, minimales Risiko).
KI-Systeme mit unannehmbarem Risiko sind grundsätzlich verboten (Artikel 5 KI-VO-E). Für Hochrisiko-KI-Systeme gelten weitreichende Anforderungen wie u. a.
  • ein umfassendes Qualitäts- und Risikomanagement, das über den gesamten Lebenszyklus fortgeführt werden muss (Artikel 8 ff.)
  • eine Konzeption bzw. Entwicklung, die eine Protokollierung von Vorgängen und Ereignissen ermöglicht (Artikel 12)
Zusätzlich soll für Hochrisiko-KI-Systeme eine Gebrauchsanweisung erstellt werden, die präzise, vollständige, korrekte und eindeutige Informationen enthält (Artikel 13). Gefordert werden in diesem Zusammenhang Informationen u. a. zur Zweckbestimmung, eine Bewertung des Grades an Genauigkeit, Robustheit und Cybersicherheit des KI-Systems.
Daneben gelten für KI-Systeme mit spezifischen Manipulationsrisiken aller Risikoklassen bestimmte Transparenzvorgaben.
Der Entwurf der Verordnung KI-VO-E für Systeme mit geringem oder minimalem Risiko sieht aktuell keine speziellen Regulierungen vor.
Hinweis: Der Entwurf der Verordnung KI-VO-E richtet sich im Kern an KI-Systeme mit hohem Risiko, deren Ausfall und Störung besonders schwerwiegende Folgen für das Leben und die Gesundheit von natürlichen Personen haben kann.
Weiter gelten KI-Systeme als hochriskant, wenn sie als Produkt oder Produktbestandteil Sicherheitsfunktionen erfüllen (Artikel 6) und somit bestimmten Harmonisierungsvorschriften unterliegen (Anhang II KI-VO-E).
Anhang III des Entwurfs der Verordnung KI-VO-E enthält außerdem eine Liste von KI-Systemen die ebenfalls als Hochrisiko-KI-Systeme eingestuft werden. Diese Liste kann die EU-Kommission ständig anpassen und erweitern.

EU-Data-Act-E (EU-Datengesetz)

Neben dem Entwurf der KI-Verordnung hat die EU-Kommission einen Entwurf für ein EU-Datengesetz (Data-Act-E) vorgelegt. Dieser hat zum Ziel, dass mehr Daten für eine innovative Nutzung zur Verfügung stehen und nicht einzelne, große Akteure die alleinige Kontrolle über die Daten besitzen.
Gemeinsam mit Initiativen wie dem Data Governance Act soll der Data Act dabei helfen, das Potential bislang ungenutzter industrieller Daten auszuschöpfen. Dabei handelt es sich aus Sicht der Kommission vorwiegend um Daten von IoT-Objekten, also mit dem Internet vernetzte Geräte wie Haushaltsgeräte, Maschinen oder Autos. Viele dieser Objekte sammeln Daten, deren Mehrwert durch das Zusammenspiel zwischen Nutzer und Gerät generiert wird.
Die Nutzungsrechte an diesen Daten sind bislang rechtlich nicht eindeutig geregelt und müssen daher zwischen den Parteien vertraglich vereinbart werden. Dabei sind insbesondere kleinere Unternehmen häufig mit unfairen Vertragsbedingungen konfrontiert. Oftmals sehen die Verträge vor, dass die Daten eines Geräts nur vom Hersteller genutzt werden dürfen.
Um den Zugang und die faire Nutzung von Daten zu erleichtern, führt der Gesetzes-Entwurf neue Rechte und Pflichten für Nutzer, Hersteller und Dateninhaber ein.

Rechte und Pflichten für Nutzer

In Zukunft sollen vorwiegend die Nutzer darüber entscheiden können, wie mit Daten umgegangen wird, an deren Entstehung sie mitgewirkt haben. Nutzer können Unternehmen oder auch Verbraucher sein. Der Data Act soll es den Nutzern ermöglichen, diese Daten auszuwerten und unter bestimmten Bedingungen an Dritte weiterzugeben. Dabei müssen Maßnahmen getroffen werden, um die Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen zu wahren.
Ausnahme ist die Weitergabe von Daten an besonders große und mächtige Unternehmen, die der EU-Digital Markets Act als “Gatekeeper“ definiert. Der Nutzer darf die Daten nicht an Gatekeeper weitergeben. Gleichzeitig ist es den Gatekeepern untersagt, den Nutzer aufzufordern, Daten mit ihnen zu teilen oder Daten zu erhalten.

Rechte und Pflichten für Hersteller und Dateninhaber

Damit der Zugang und die Weitergabe von Daten auch technisch möglich ist, müssen Hersteller ihre Produkte und Dienstleistungen so gestalten, dass ein Datenzugang “unverzüglich“, wenn möglich sogar in “real-time“ stattfinden kann. Hinzu kommen neue Transparenz- und Informationspflichten, etwa über die Art und den Umfang der Datenerhebung. Kleinst- und Kleinunternehmen sind von diesen Verpflichtungen ausgenommen.
Der Dateninhaber ist verpflichtet dem Nutzer Daten zur Verfügung zu stellen. Die für die Bereitstellung von Daten vereinbarte Vergütung muss angemessen sein. Zudem darf der Dateninhaber nicht-personenbezogene Daten, die durch die Nutzung eines Produkts oder eines damit verbundenen Dienstes entstehen, nur auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Nutzer verwenden.

Rechte und Pflichten für Cloud-Anbieter

Nutzern von Daten soll es erleichtert werden, ihren Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten zu wechseln. Dies bedeutet neue Verpflichtungen für Dateninfrastrukturanbieter. Sie müssen den Umstellungsprozess unterstützen und kommerzielle, technische, vertragliche und organisatorische Hindernisse beseitigen. Zudem ist ein schrittweiser Abbau von Umstellungsgebühren geplant. Darüber hinaus sollen Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten wie Cloud-Services verpflichtet werden, die Interoperabilität durch offene Standards und Schnittstellen erleichtern.

Rechte für öffentliche Stellen

Neben privaten Akteuren sollen auch öffentlichen Einrichtungen erweiterte Zugangsrechte eingeräumt werden. So muss ein Dateninhaber einer öffentlichen Einrichtung auf Antrag Daten zur Verfügung stellen, wenn ein “außergewöhnlichen Bedarf“ (z. B. öffentliche Notlage) an der Nutzung der Daten besteht. Kleinst- und Kleinunternehmen sind von dieser Regelung ausgenommen.

Standpunkt

Die EU-Kommission hat mit dem Data Act ein komplexes neues Regelwerk vorgelegt, das für viele unterschiedliche Bereiche Regelungen vorsieht, um den Zugang zu Daten zu erleichtern und Klarheit in Bezug auf Zugriffs- und Nutzungsrechte an Daten schaffen soll.
Offen bleibt bislang die vor allem Unternehmen betreffende Fragen, wie sensible Daten und Geschäftsgeheimnisse geschützt werden können und welche Möglichkeiten im Falle von Verstößen gegen das Verbot bestehen, die Daten für die Entwicklung von konkurrierenden Produkten einzusetzen.

Zusammenhang mit anderen CE-Vorgaben zur Produktsicherheit

Grundsätzlich gelten die CE-Richtlinien/Verordnungen zur Produktsicherheit nicht ausschließlich unabhängig voneinander. Zum Teil gibt es in der Regelungswirkung Zusammenhänge zwischen verschiedenen CE-Richtlinien/Verordnungen. Im Folgenden sind dazu drei Beispiele aufgeführt.

Niederspannungs- und Funkanlagenrichtlinie

In vielen Fällen ist eine Maschine gleichzeitig ein “elektrisches Gerät“, das von der Niederspannungsrichtlinie betroffen sein kann. Sowohl die Maschinenrichtlinie als auch die Niederspannungsrichtlinie stellen “elektrische Anforderungen“ an die Produktsicherheit.
Da es sinnlos ist, vergleichbare Anforderungen an ein Produkt zweimal prüfen und erfüllen zu müssen, möchte die EU Überschneidungen (Kohärenzen) vermeiden bzw. praktikabel regeln.
Ein Produkt ist i.d.R. von einer bestimmten CE-Richtlinie ausgenommen (erfüllt diese quasi automatisch), wenn vergleichbare Anforderungen an die Produktsicherheit bereits in einer anderen CE-Richtlinie abgedeckt werden.
So definiert die kommende EU-Maschinenverordnung (Artikel 2, Absatz 2, Buchstabe m): “Diese Verordnung gilt nicht für: …die folgenden elektrischen und elektronischen Produkte, soweit sie in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/35/EU (Niederspannungsrichtlinie) oder der Richtlinie 2014/53/EU (Funkanlagenrichtlinie) fallen:
  • für den häuslichen Gebrauch bestimmte Haushaltsgeräte, bei denen es sich nicht um elektrisch betriebene Möbel handelt
  • Audio- und Videogeräte
  • Einrichtungen der Informationstechnik
  • Büromaschinen
  • Niederspannungsschaltgeräte und -steuergeräte
  • Elektromotoren
Das heißt, für Haushaltsgeräte der o. g. Art genügt die Einhaltung der CE-Vorgaben nach der Niederspannungsrichtlinie bzw. der Funkanlagenrichtlinie. Obwohl sie im eigentlichen Sinne eine Maschine sein könnten, fallen Sie nicht unter die Maschinenrichtlinie.
Beispiel: Eine Waschmaschine mit WLAN-Modul fällt zukünftig unter die Funkanlagenrichtlinie 2014/53/EU und nicht unter die Maschinenverordnung.

ATEX-Richtlinie

Inhaltliche Zusammenhänge bzw. Kohärenzen gibt es außerdem zwischen der Maschinenverordnung und der CE-Richtlinie für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen (2014/34/EU) (ATEX).
Im Entwurf der Maschinenverordnung heißt es:
Hinsichtlich des Explosionsrisikos, das sich aus dem Einsatz des Maschinenprodukts in einer explosionsgefährdeten Umgebung ergibt, muss das Maschinenprodukt den hierfür geltenden spezifischen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union entsprechen.
Das heißt, auch bei Maschinen, von denen selbst kein Explosionsrisiko ausgeht, müssen zusätzlich zur Maschinenrichtlinie auch die Vorgaben der Richtlinie 2014/34/EU (ATEX) eingehalten werden, falls eine Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen vorgesehen ist bzw. nicht ausgeschlossen werden kann.

Druckgeräterichtlinie

Eine Maschine, die Baugruppen enthält, die unter die Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU fallen, ist in ihrer Gesamtheit eine Maschine im Sinne der aktuellen Maschinenrichtlinie bzw. Maschinenverordnung. Sie ist in ihrer Gesamtheit jedoch kein “Druckgerät“ oder keine “Druckgerät-Baugruppe“ im Sinne der Druckgeräterichtlinie.
Bei der Bewertung der CE-Konformität müssen neben den Vorgaben der aktuellen Maschinenrichtlinie/Maschinenverordnung (betrifft die Konformität des “Gesamtsystems“) für die Druckgefährdungen durch bestimmte Bauteile/Komponenten/Baugruppen der Maschine die Vorgaben der Druckgeräterichtlinie beachtet werden. Für diese “Maschinenteile“ muss zusätzlich das Konformitätsbewertungsverfahren nach Druckgeräterichtlinie durchgeführt werden.
Bei der Einstufung der Bauteile/Komponenten/Baugruppen nach der Druckgeräterichtlinie müssen wiederum die Ausnahmen der Richtlinie, z. B. mit Blick auf Maschinen beachtet werden (Druckgeräterichtlinie Artikel 1, Absatz 2, Buchstabe f). Hier heißt es: “Die Druckgeräterichtlinie gilt nicht für: … Geräte, die nach Artikel 13 dieser Richtlinie höchstens unter die Kategorie I fallen würden und die von einer der folgenden Richtlinien erfasst werden … 2006/42/EG (Anmerkung: Maschinenrichtlinie) …“.
Deshalb muss der Hersteller der Maschine – bezogen auf den Stichtag am 20. Januar 2027 – eine EG-Konformitätserklärung nach der Maschinenrichtlinie bzw. nach dem Stichtag nach der Maschinenverordnung ausstellen. Eine EU-Konformitätserklärung für die gesamte Maschine nach der Druckgeräterichtlinie ist nicht möglich, weil nur die “Druckteile“ der Maschine unter diese fallen.
Möglich ist allerdings ein ergänzender – freiwilliger – Satz in der EG-Konformitätserklärung nach der Maschinenverordnung, der auf die Einhaltung der Druckgeräterichtlinie in Bezug auf die Druckgefährdungen hinweist, z. B. “In Hinblick auf die Druckgefährdungen werden die einschlägigen Anforderungen der Richtlinie 2014/68/EU eingehalten.“

Zusammenhang mit anderen CE-Vorgaben außerhalb der Produktsicherheit – Exkurs Ökodesign-Richtlinie

Die CE-Kennzeichnung nach der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG enthält Vorgaben zur Produktsicherheit von Maschinen. Für die CE-Kennzeichnung von Produkten ist außerdem die Ökodesign-Richtlinie relevant. Deren Konzept zur umweltgerechten Gestaltung (Eco-Design oder Ökodesign) von Produkten wurde von der EU 2005 eingeführt. Die aktuell gültige Fassung ist die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG. Sie ist seit 2008 durch die Überführung in deutsches Recht über das Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) gültig.
Das Ziel der Ökodesign-Vorgaben ist die Verbesserung der Umweltverträglichkeit und Energieeffizienz von bestimmten Produkten über deren gesamten Lebenszyklus. Dafür werden verbindliche Mindestanforderungen an die Produktgestaltung festgelegt, deren Einhaltung mit der CE- Kennzeichnung nachgewiesen werden muss. Artikel 5, Absatz 1 der Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG (Neufassung) führt aus:
Vor dem Inverkehrbringen und/oder der Inbetriebnahme eines von Durchführungsmaßnahmen erfassten Produkts ist dieses mit der CE-Kennzeichnung zu versehen und eine EG-Konformitätserklärung für das Produkt auszustellen, mit der der Hersteller oder sein Bevollmächtigter zusichert, dass es allen einschlägigen Bestimmungen der jeweils geltenden Durchführungsmaßnahme entspricht.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Nur wenn ein betroffenes Produkt die Ökodesign-Anforderungen erfüllt, darf es die CE-Kennzeichnung tragen und in der EU in Verkehr gebracht werden.
Achtung: Hersteller/Importeure/Inverkehrbringer müssen immer prüfen, welche CE-Richtlinien und -Verordnungen für eine Maschine insgesamt relevant sind und dürfen sich für die CE-Konformität nicht nur auf die Vorgaben zur Produktsicherheit beschränken.
Beispiel: Ein Produkt kann beispielsweise den Anforderungen an die Produktsicherheit nach den Vorgaben für Maschinen (-Richtlinie/-Verordnung) unterliegen. Gleichzeitig kann es unter die Ökodesign-Richtlinie fallen. Der Hersteller darf dann das CE-Kennzeichen nur anbringen, wenn die Anforderungen beider Richtlinien bzw. Verordnungen erfüllt sind.
Fazit: Eine Maschine, welche die Produktsicherheitsvorgaben nach der Maschinenrichtlinie/-verordnung erfüllt, ist nicht CE-konform, wenn sie nicht gleichzeitig die Vorgaben der Ökodesign-Richtlinie einhält. Gleiches gilt umgekehrt.

Für welche Produkte gelten Ökodesign-Vorgaben?

Die konkreten Ökodesign-Vorschriften für einzelne Produkte ergeben sich nicht unmittelbar aus der o. g. Richtlinie bzw. dem o. g. Gesetz. Die Anforderungen sind bzw. werden nach und nach in produktspezifischen Verordnungen formuliert. Die Verordnungen sind unmittelbar nach ihrem jeweiligen Inkrafttreten in allen EU-Mitgliedstaaten gültig und verbindlich für Hersteller, Händler und Importeure.
Die Ökodesign-Richtlinie galt zunächst für energiebetriebene Produkte (außer Verkehrsmitteln), die für ihre bestimmungsgemäße Funktion Energie (Elektrizität, fossiler Treibstoff oder erneuerbare Energiequellen) benötigen, zum Beispiel Haushalts- und Bürogeräte oder Heizung und Beleuchtung. Darunter fallen zudem Produkte zur Erzeugung, Übertragung und Messung von Energie.
Seit der Neufassung und der Überführung in deutsches Recht mit dem Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz wurden die Vorgaben zum Ökodesign auf sogenannte energieverbrauchsrelevante Produkte erweitert. Darunter fallen Produkte, die selbst keine Energie benötigen aber den Verbrauch von Energie beeinflussen, zum Beispiel Fenster und Isoliermaterialien.
Welche Produkte/Produktgruppen bereits den Ökodesign-Vorgaben unterliegen und welche Produkte/Produktgruppen diese Vorgaben zukünftig beachten müssen, finden Sie auf der Webseite der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM).
Zusätzlich finden Sie dort Vorgaben zur Kennzeichnung von Produkten nach den Verbrauchskennzeichnungsverordnungen, Stichwort: Energielabel.

Was ist konkret zu tun?

Hersteller eines unter die Ökodesign-Richtlinie fallenden Produkts müssen folgende Punkte umsetzen:
  • Berücksichtigung der in der für das Produkt gültigen Verordnung festgelegten Ökodesign-Anforderungen bei der Produktentwicklung
  • Durchführung einer Konformitätsbewertung und Erstellung technischer Unterlagen
  • Ausstellung einer Konformitätserklärung und Anbringen der CE-Kennzeichnung auf dem Produkt
  • Anbringen eventuell weiterer vorgeschriebener Informationen (z. B. Codes, Piktogramme) auf dem Produkt
  • Aufbewahrung der Unterlagen zur Konformitätsbewertung und der abgegebenen Konformitätserklärungen bis zehn Jahre nach Produktionsende
  • Vorlage der Unterlagen auf Anforderung der zuständigen Marktüberwachungsbehörde
  • Bereitstellung zusätzlicher Informationen für Verbraucher (falls vorgeschrieben).
Ist der Hersteller nicht im Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassen, hat der Importeur die Pflicht, sicherzustellen, dass das in Verkehr gebrachte oder in Betrieb genommene Produkt den Ökodesign-Anforderungen entspricht.
Hinweis: Der Leitfaden gibt ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Rechtsverbindlichkeit einen Überblick sowie Tipps zur geplanten neuen EU-Maschinenverordnung. Die Auswahl der dargestellten Sachverhalte basiert auf Erfahrungswerten aus der Beratungspraxis der IHKs. Ziel war es, den Blickwinkel von Unternehmen einzunehmen. Die Auswahl stellt keine Gewichtung bzgl. Wichtigkeit oder Relevanz dar. Der Leitfaden enthält Interpretationen und Auslegungen der Verfasser, ebenfalls ohne Anspruch auf rechtsverbindliche Richtigkeit.