Schutzschild für Unternehmen: Wirtschaftshilfen aufgrund der Folgen des Krieges in der Ukraine
Die Bundesregierung hat am 8. April 2022 ein Maßnahmenpaket vorgestellt, mit dem Unternehmen unterstützt werden sollen, die von den Sanktionen und/oder dem Kriegsgeschehen betroffen sind. Grundsätzliches Ziel des Maßnahmenpakets ist die kurzfristige Sicherstellung der Liquidität betroffener Unternehmen, sowie die Abfederung extremer Erdgas- und Strompreisanstiege in energie- und handelsintensiven Branchen. Das Hilfspaket besteht aus fünf Säulen.
- 1. KfW-Kreditprogramm ab 9. Mai 2022
- 2. Erweiterungen bei den Bund-Länder-Bürgschaftsprogrammen
- 3. Zeitlich befristeter Zuschuss für Unternehmen mit hohen Zusatzkosten aufgrund gestiegener Erdgas- und Strompreise (Energiekostendämpfungsprogramm)
- 4. Zielgerichtete Eigen- und Hybridkapitalhilfen
- 5. Finanzierungsprogramm für durch hohe Sicherheitsleistungen (Margining) gefährdete Unternehmen
1. KfW-Kreditprogramm ab 9. Mai 2022
Ein Kreditprogramm der KfW soll zur Unterstützung der betroffenen Unternehmen aufgesetzt werden. Hierbei geht es darum, kurzfristig Liquidität sicherzustellen. Geplant ist ein KfW- Kreditprogramm mit zwei Programmkomponenten: eines für Kredite im standardisierten Durchleitgeschäft über Hausbanken bis zu einem Kreditvolumen von 100 Millionen Euro sowie eines für individuelle, großvolumige Konsortialfinanzierungen.
Die wesentlichen Programmeckpunkte sind:
- Investitions- und Betriebsmittelkredit für mittelständische und große Unternehmen (ohne Umsatzgrößenbegrenzung)
- Weitgehende Haftungsfreistellung für die Hausbanken
- Zugangsvoraussetzung: Nachgewiesene Betroffenheit, die aus den Sanktionen gegenüber Russland und Belarus oder den Kriegshandlungen in der Ukraine resultieren, beispielsweise durch:
- Umsatzrückgang durch weggebrochenen Absatzmarkt
- nachgewiesene Produktionsausfälle in den Ländern Ukraine, Belarus und Russland
- nachgewiesene Produktionsausfälle aufgrund fehlender Rohstoffe und Vorprodukte
- Schließung von Produktionsstätten in RUS, UKR oder BLR
- besonders hohe Betroffenheit durch die gestiegenen Energiekosten (Energiekostenanteil drei Prozent vom Umsatz).
- Vergünstigter Zinssatz
- Bis zu zwei tilgungsfreien Jahren
Programmstart war der 9. Mai 2022. Weitere Informationen zum KfW-Sonderprogramm UBR 2022.
2. Erweiterungen bei den Bund-Länder-Bürgschaftsprogrammen
Um Unternehmen, die nachweislich vom Ukraine-Krieg betroffen sind, beim Erhalt von Betriebsmittel- und Investitionskrediten zu unterstützen, sollen die Programme bei den Bürgschaftsbanken und das Großbürgschaftsprogramm des Bundes bis Ende 2022 erweitert werden.
Bürgschaftsbanken:
- Verdoppelung des Bürgschaftshöchstbetrages für vom Ukraine-Krieg betroffene Unternehmen von 1,25 auf 2,5 Millionen Euro.
- Großbürgschaftsprogramm:
- Öffnung des Programms ab einem Bürgschaftsbetrag von 50 Millionen Euro auch für Bürgschaften an Unternehmen außerhalb strukturschwacher Regionen für vom Ukraine-Krieg betroffene Unternehmen.
- Die Bürgschaftsquote wird in der Regel bei 80 Prozent liegen. Für in Einzelfällen besonders stark vom Ukraine-Krieg betroffene Unternehmen wird es auch die Möglichkeit von über 80-prozentigen bis maximal 90-prozentigen Bürgschaften geben.
Anträge können seit dem 29. April 2022 gestellt werden.
3. Zeitlich befristeter Zuschuss für Unternehmen mit hohen Zusatzkosten aufgrund gestiegener Erdgas- und Strompreise (Energiekostendämpfungsprogramm)
Die Unterstützung von Unternehmen mit sehr hohen Energiezahlungen ist angelaufen. Das Hilfsprogramm hat ein geplantes Volumen von insgesamt bis zu fünf Milliarden Euro und sieht für die betroffenen energie- und handelsintensiven Unternehmen Zuschüsse von bis zu 50 Millionen Euro vor. Anträge beim Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) sind nun möglich.
Es gelten folgende teilweise sehr restriktive Voraussetzungen und Rahmenbedingungen:
Bedingung: Branche ist auf der sogenannten KUEBLL-Liste (“Leitlinien für staatliche Klima-, - und Energiebeihilfen). Die Liste findet sich im Anhang A im dem unten verlinkten Merkblatt
- Energiekosten müssen mindestens drei Prozent – bezogen auf den Produktionswert im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr – betragen
- Zuschuss wird für den Zeitraum Februar bis September 2022 gewährt, sofern sich die Energiebezugspreise (Gas und Strom) in diesem Zeitraum gegenüber den Preisen im gesamten Kalenderjahr 2021 mindestens verdoppelt haben.
- Antragstellung nur elektronisch möglich
- Die Frist für die Antragstellung in der Phase I wurde bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Beachten Sie bitte hierzu aktuelle Informationen der BAFA.
Weitere Informationen zu den Antragsvoraussetzungen und detaillierte Berechnungsgrundlagen sind im Merkblatt zum Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) aufgeführt.
Ergänzende Checklisten und Informationen zum Förderprogramm finden sich auf den Webseite der BAFA.
4. Zielgerichtete Eigen- und Hybridkapitalhilfen
Um im Bedarfsfall branchenübergreifend große Unternehmen der Realwirtschaft zu stabilisieren, die aufgrund des Ukraine-Krieges Verluste erleiden und deren Bestandsgefährdung erhebliche Auswirkungen auf die Volkswirtschaft hätte, prüft die Bundesregierung zielgerichtete Eigen- und Hybridkapitalhilfen.
Folgende Eckpunkte liegen den möglichen Hilfen zugrunde:
- Die Stabilisierung erfolgt durch Eigen- und Hybridkapital zum Beispiel in Form von (stillen) Beteiligungen oder Nachrangdarlehen. Unternehmen können so ihre Kapitalbasis stärken und Liquiditätsengpässe überwinden.
- Voraussetzung für eine Stabilisierungsmaßnahme ist eine klare, eigenständige Fortführungsperspektive. Außerdem darf das Unternehmen nicht vor Beginn der Ukrainekrise in Schwierigkeiten gewesen sein (“UiS” gemäß EU-Definition).
- Für die Stabilisierungsmaßnahmen wird eine marktgerechte Vergütung erhoben.
- Eigen- und Hybridkapitalinstrumente können jedenfalls für Einzelfälle zunächst im Rahmen eines Zuweisungsgeschäfts der KfW vergeben werden.
- Der Bund trägt die unternehmerische und strategische Verantwortung für die Stabilisierungsmaßnahme. Die KfW handelt ausschließlich auf Weisung des Bundes.
- Über die Notwendigkeit von Notifizierung und beihilferechtlicher Genehmigung würde im Einzelfall, unter anderem abhängig von den eingeforderten Zinsen, entschieden werden.
Unterstützungsinstrumente im Rahmen des KfW-Zuweisungsgeschäfts stehen im Bedarfsfall kurzfristig zur Verfügung. Eventuelle weitere Schritte werden noch geprüft; hierfür gegebenenfalls notwendige Rechtsgrundlagen müssten erarbeitet und eingebracht werden.
5. Finanzierungsprogramm für durch hohe Sicherheitsleistungen (Margining) gefährdete Unternehmen
Unternehmen, die von hohen Sicherheitsleistungen (Margining) im Terminhandel mit Energie betroffen sind, können künftig durch ein spezielles Finanzierungsprogramm unterstützt werden, das Liquiditätsengpässe überbrückt.
Hintergrund ist, dass Unternehmen, die Strom und Erdgas kaufen und verkaufen, dies großenteils auf Termin tun, um ihre Produktion steuern zu können und Planungssicherheit für Absatzmengen und -preise zu haben.
Für diese Geschäfte müssen die Firmen Sicherheitsleitungen erbringen. Aktuell sind die Energieunternehmen, die Energieprodukte auf Termin verkaufen, wegen steigender Preise kurzfristig mit hohen Sicherheitsforderungen (sogenannten Margin Calls) konfrontiert, für die sie Liquidität aufbringen müssen. Auch bei plötzlich fallenden Preisen können spiegelbildlich Verkäufer mit hohen Marginforderungen konfrontiert sein. Das Margining an den Börsen ist EU-rechtlich zwingend vorgegeben. Eine weitere, plötzliche Verschärfung der Marktsituation kann Unternehmen daher in Liquiditätsengpässe treiben. Damit die Energiemärkte funktionieren, ist die finanzielle Stabilität der Marktteilnehmer aber unabdingbar.
Daher sollen Unternehmen die Möglichkeit bekommen, kurzfristig nach einem standardisierten Verfahren über mit einer Bundesgarantie unterlegte Kreditlinien der KfW Liquidität zur Bedienung neuer Marginforderungen zu erhalten.
Die Erhöhung der Garantie-Ermächtigung des Bundes wurde als Teil des Ergänzungshaushalts angemeldet. Eine Bundesgarantie kann frühestens mit Inkrafttreten des Haushaltsgesetzes 2022 übernommen werden.
Quelle: Bundesfinanzministerium