IHK24

Hinweise zum Presserecht

Wie sich Artikel und Werbung Zeitschriften unterscheiden, dafür legt das Presserecht in Deutschland einige Regeln fest.

Trennung von Wirtschaftswerbung und redaktioneller Berichterstattung

Um die Glaubwürdigkeit von Presse und Rundfunk zu sichern und das Publikum vor Irreführungen zu schützen, verbietet die Rechtsordnung, dass
  • Anzeigen den Eindruck eines redaktionellen Beitrages erwecken,
  • Anzeigenaufträge mit Vereinbarungen über den redaktionellen Teil verknüpft werden,
  • die Redaktion "Schleichwerbung" für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen betreibt.
Deshalb müssen Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften, für deren Veröffentlichung der Verlag Geld oder eine andere Gegenleistung erhält, deutlich mit dem Wort "Anzeige" gekennzeichnet werden, soweit der Leser sie nicht schon auf Grund ihrer Gestaltung und Platzierung in dem Blatt auf den ersten Blick als Anzeige erkennen kann. Verstößt ein Verlag gegen diese Vorschrift, kann er mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro belegt werden. Die Vorschrift gilt für alle periodischen Druckwerke, also auch für Anzeigenblätter sowie für Verbands- und Mitarbeiterzeitschriften. Werbung in den elektronischen Medien muss ebenfalls deutlich erkennbar und von den redaktionellen Programmteilen eindeutig getrennt sein. Dies hat bei den privaten Sendern die Landesanstalt für Rundfunk zu überwachen. Für die Einhaltung dieser Vorschriften ist in erster Linie der Verlag beziehungsweise der Sender verantwortlich. Ein Unternehmen kann beispielsweise nicht dafür zur Rechenschaft gezogen werden, dass es eine redaktionell gestaltete Anzeige aufgegeben hat, ohne diese zu kennzeichnen. Nur wer mit einem Vertreter des Verlages, zum Beispiel dem Anzeigenberater, ausdrücklich vereinbart, dass eine solche Anzeige ohne Kennzeichnung veröffentlicht wird, begeht einen Wettbewerbsverstoß.
Wettbewerbswidrig sind ferner sogenannte Kopplungsgeschäfte", bei denen Anzeigenaufträge mit Vereinbarungen über die Gestaltung des redaktionellen Teils des Blattes oder Programms verknüpft werden. Das gilt auch dann, wenn redaktionelle Beiträge lediglich in Aussicht gestellt werden oder zum Ausdruck gebracht wird, dass der Abdruck eines solchen Beitrages erwartet wird.

Beispiele:

  • Kurz vor der Eröffnung einer neuen Filiale nimmt der Anzeigenberater einer Zeitung Kontakt zu dem Geschäftsinhaber auf und bietet ihm an, darauf hinzuwirken, dass im redaktionellen Teil der Zeitung über diese Geschäftseröffnung ausführlich berichtet wird, wenn er eine größere Anzeige schaltet.
  • die Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (PR) eines Unternehmens verfasst einen redaktionell gestalteten Artikel, in dem die Leistungen des Unternehmens positiv gewürdigt werden, und versendet ihn - ohne weiteren Kommentar - an alle Printmedien, in denen das Unternehmen auch mit Anzeigen vertreten ist.
Unlauteren Wettbewerb treibt in diesen Fällen nicht nur, wer ein solches Angebot macht, sondern auch, wer es annimmt. Verlage oder Sender, die solche Geschäfte anbieten, verstoßen darüber hinaus gegen die Zugabeverordnung und begehen damit eine Ordnungswidrigkeit.
"Schleichwerbung" liegt immer dann vor, wenn eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein Sender ein bestimmtes Unternehmen, seine Produkte oder Dienstleistungen vorstellt oder lobend hervorhebt, ohne damit ein ausreichendes Informationsinteresse seines Publikums zu befriedigen. Vom Publikumsinteresse gedeckt sind in der Regel sachlich gehaltene Berichte über Neuigkeiten aus Wirtschaft und Technik, über kulturelle Veranstaltungen, Messen und Ausstellungen, Neueröffnungen und Geschäftsverlegungen. Auch personelle Veränderungen in der Unternehmensleitung, Geschäftsjubiläen oder bedeutende Strukturveränderungen innerhalb eines Unternehmens (Veränderung der Produktpalette, Schaffung neuer Arbeitsplätze) können einen ausreichenden Berichterstattungsanlass bieten. Wettbewerbswidrig sind hingegen alle Beiträge, in denen unwahre Tatsachenbehauptungen über die besonderen Leistungen eines Unternehmens verbreitet werden (irreführende Werbung). Dasselbe gilt für Berichte, die ein einzelnes Unternehmen oder seine Leistungen preisen, ohne dass dazu ein sachlicher Grund besteht.

Beispiel:

  • In einem Zeitungsartikel wird berichtet, dass ein namentlich genannter Kraftfahrzeug-Hersteller die Finanzierung eines Neuwagens jetzt zu einem "sensationell günstigen" Zinssatz anbietet. Ein solcher Bericht ist wettbewerbswidrig, wenn andere Hersteller ähnlich günstige Konditionen bieten, ohne dass in dem Bericht darauf hingewiesen wird.
Weniger strenge Maßstäbe sind an Berichte anzulegen, die "Eigenwerbung" für den Herausgeber einer Publikation betreiben. So darf ein Verband oder Unternehmen in seiner Verbands-, Kunden oder Mitarbeiterzeitschrift besondere Leistungen oder Angebote für seine Mitglieder oder Kunden herausstellen. Eine wettbewerbsrechtliche Pflicht zu Objektivität und Neutralität besteht hier nicht, weil der PR-Charakter solcher Veröffentlichungen für die Adressaten ohne weiteres zu erkennen ist. Eine kritische Auseinandersetzung mit Konkurrenzverbänden oder -unternehmen hat grundsätzlich jedoch auch in solchen Zeitschriften zu unterbleiben (Verbot der Konkurrentenschelte).

Abmahnung von Wettbewerbsverstößen

Gegen Schleichwerbung zugunsten seiner unmittelbaren Konkurrenten kann sich ein Unternehmen zur Wehr setzen, indem es den Verlag oder Sender - unter Einschaltung eines Rechtsanwalts abmahnt. Eine solche Abmahnung besteht aus der Beschreibung des beanstandeten Verhaltens, das als Wettbewerbsverstoß gewertet wird, sowie der Aufforderung, ein schriftliches Versprechen abzugeben, dieses Verhalten künftig zu unterlassen und für jeden Fall einer künftigen Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von (beispielsweise) 5.000 Euro zu zahlen ("strafbewehrte Unterlassungserklärung"). Weigert sich der Verlag oder Sender, eine solche Erklärung abzugeben, kann das Unternehmen seinen Unterlassungsanspruch gerichtlich durchsetzen.

Der Einsatz von Bildern und Texten

Beim Einsatz von Abbildungen für die Öffentlichkeitsarbeit ist darauf zu achten, dass das Unternehmen die erforderlichen Verwertungsrechte hat. Jede individuell gestaltete Grafik oder Zeichnung, aber auch jedes Foto ist urheberrechtlich geschützt. Werden solche Bilder von einem Mitarbeiter im Rahmen seiner Aufgaben hergestellt, erwirbt das Unternehmen die Nutzungsrechte automatisch. Beauftragt es jedoch einen Dritten (Agentur, freien Mitarbeiter) mit ihrer Herstellung, sollte der Umfang der Nutzungsrechte, die dieser dem Unternehmen überträgt, schriftlich festgehalten werden. Abbildungen von Personen dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung öffentlich verbreitet werden. Die Einwilligung kann formlos erteilt werden.

Beispiel:

  • Wenn Mitarbeiter für ein Jubiläumsfoto des Betriebs posieren und wissen, dass dieses Foto (auch) für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt werden soll, liegt damit bereits die erforderliche Einwilligung vor.
Die Übernahme fremder Texte in eigene Veröffentlichungen ist ohne Einwilligung des Autors nur im Rahmen der Zitierfreiheit gestattet. Die Verwendung eines Zitats ist zulässig, wenn in einem eigenen Beitrag kleine Teile eines fremden Textes (unter Quellenangabe) wiedergegeben werden, um sich auf sie zu berufen oder sich mit ihnen inhaltlich auseinander zu setzen. Die Vervielfältigung einzelner Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften in einem eigenen "Pressespiegel" ist ohne weiteres zulässig, wenn von diesem nur einige wenige Abzüge (Faustregel: maximal fünf Exemplare) hergestellt werden. Soll der Pressespiegel in einer größeren Auflage hergestellt und verbreitet werden, ist eine entsprechende Vereinbarung mit der Verwertungsgesellschaft Wort, Goethestr. 49, 80336 München, zu treffen.

Abwehr unrichtiger Berichterstattung

Verbreitet eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein Sender unrichtige Behauptungen über ein Unternehmen oder seine führenden Mitarbeiter, kann sich das Unternehmen auf unterschiedliche Weise zur Wehr setzen. Erfährt das Unternehmen vor der Veröffentlichung davon, dass die Verbreitung einer solchen Behauptung unmittelbar bevorsteht, kann es ihr Erscheinen gerichtlich verbieten lassen. Ist die Falschmeldung bereits erschienen, kann das Unternehmen dem Verlag oder Sender ihre Wiederholung verbieten lassen (Unterlassungsanspruch). Außerdem kann es verlangen, dass die Redaktion die Falschmeldung an gleichwertiger Stelle richtig stellt. Ein solches Verfahren, in dem zunächst gerichtlich geklärt werden muss, ob der Bericht wirklich unzutreffend gewesen ist, nimmt naturgemäß einige Zeit (mehrere Monate) in Anspruch.
Schneller zu Wort kommen kann das Unternehmen, indem es eine Gegendarstellung formuliert, in der der Falschmeldung die wahrheitsgemäße Darstellung entgegengesetzt wird, und deren Abdruck verlangt. Hat das Unternehmen durch die Falschmeldung einen konkret nachweisbaren, bezifferbaren wirtschaftlichen Schaden erlitten, kann es diesen von dem Verlag oder Sender ersetzt verlangen, wenn die Falschmeldung schuldhaft, das heißt zumindest fahrlässig, in die Welt gesetzt wurde. Das wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn das Unternehmen vor der Veröffentlichung keine Gelegenheit erhielt, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Hat das Unternehmen eine entsprechende Anfrage jedoch nicht - oder nicht vollständig - beantwortet, muss es die Folgen selbst tragen. Stützt die Redaktion ihre Meldung auf eine seriöse Quelle (Behördenauskunft, seriöse Nachrichtenagentur), kann das Unternehmen seinen Schaden nur von dem Träger dieser Quelle ersetzt verlangen.

All diese Abwehransprüche stehen dem Unternehmen gegen die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen zu. Gegen die Verbreitung wahrer Tatsachenbehauptungen kann sich ein Unternehmen nur zur Wehr setzen, soweit Betriebsinterna (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) ausgebreitet werden, an deren Kenntnisnahme die Öffentlichkeit kein berechtigtes Interesse hat. Die kritische Bewertung eines Unternehmens, seiner Produkte oder Dienstleistungen durch die Massenmedien ist grundsätzlich durch das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit, der Pressefreiheit und der Rundfunkfreiheit gedeckt - wie unzutreffend und ungerecht auch immer die Betroffenen die Kritik empfinden mögen. Reine Beschimpfungen, die keinerlei sachlichen Gehalt mehr aufweisen ("Schmähkritik"), sind allerdings auch durch das Grundrecht der Berichterstattungsfreiheit nicht mehr gedeckt. Gegen eine unwahre oder rein schmähende Berichterstattung, die die Ehre eines Unternehmens oder ihrer Mitarbeiter verletzt, können die Betroffenen sich auch mit einem Strafantrag zur Wehr setzen.

Quelle: Prof. Dr. Udo Branahl, Universität Dortmund, 11/02