Recht

Geschäftsgeheimnisse richtig schützen

Was ist ein Geschäftsgeheimnis?

Nach dem neuen GeschGehG ist ein Geschäftsgeheimnis eine Information,
  1. die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
  2. die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und
  3. bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.
Es gibt keine Differenzierung mehr zwischen Geschäfts- und Betriebsgeheimnis.

Was ändert sich für die Unternehmen konkret?

Geschäftsgeheimnisse sind nach der neuen Rechtslage nur noch dann geschützt, wenn der Unternehmer darlegen kann, dass er vertrauliche Informationen angemessen geschützt hat. Daraus erwächst für den Geschäftsführer die Pflicht, ein angemessenes „Geschäftsgeheimnis-Management“ zu entwickeln, mit dem sensible Informationen identifiziert, bewertet und technisch oder organisatorisch ausreichend geschützt werden. Unternehmen, die bereits nach der Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Maßnahmen umgesetzt haben, dürften einen Vorsprung haben. Dennoch bleibt im Einzelfall zu prüfen, ob je nach Geschäftsgeheimnis „angemessene Maßnahmen“ zum Schutz vorliegen.

Was sind angemessene Schutzmaßnahmen?

Was eine angemessene Maßnahme ist, wird in Zukunft im Zweifel durch die Gerichte entschieden. Es gilt der Grundsatz: Je wichtiger ein Geschäftsgeheimnis für das Unternehmen ist, desto striktere Schutzmaßnahmen müssen ergriffen werden. Der Fokus wird auf der IT-Sicherheit liegen, daneben sind aber unter anderem Schulungen der Mitarbeiter zum Umgang mit Geschäftsgeheimnissen, regelmäßige Kontrollen und vertragliche Regelungen sowie eine ausführliche Dokumentation wichtig. Um auf mögliche Geheimnisbrüche schnell reagieren zu können, empfiehlt sich die Einrichtung eines “Notfallsystems” mit Handlungsanweisungen.
Im Einzelnen ist also noch vieles unklar. Fraglich ist z.B. bislang, ob vertragliche Vertraulichkeitsvereinbarungen und Nutzungsbeschränkungsklauseln in (Arbeits-)Verträgen ohne eine gleichzeitig geregelte Vertragsstrafenandrohung bei Verstößen eine angemessene Schutzmaßnahme ist. Bestehende Verträge sollten hierauf überprüft und ggf. nach Möglichkeit um eine Vertragsstrafenregelung ergänzt werden. Neue Mitarbeiter sind darüber aufzuklären, dass sie keine Geschäftsgeheimnisse ihres alten Arbeitgebers mitbringen dürfen, die dann unerlaubt verwertet werden könnten. Allerdings darf erworbenes Erfahrungswissen (”das im Kopf vorhandene Wissen”) und öffentlich zugängliche Informationen weiter verwendet werden. Eine entsprechende Dokumentation der Belehrung oder eine Klausel im Arbeitsvertrag ist dringend zu empfehlen.
Wichtig ist also eine regelmäßige Bestandsaufnahme: Wo im Unternehmen gibt es welche Arten von Geschäftsgeheimnissen und wer hat damit welchen Umgang. Als nächstes ist dann zu prüfen, wie diese angemessen geschützt werden können. Dementsprechend sind betroffene Unternehmen gut beraten, wenn sie diese drei Schritte durchführen:
  1. Bestandsaufnahme / Ermittlung der zu schützenden Informationen
  2. Kategorisierung nach Schutzwürdigkeit in ein Geheimnisschutzkonzept
  3. Festlegung angemessener Schutzmaßnahmen und Dokumentation
Im Ergebnis greift dann für den Unternehmer ein wesentlich besserer Geheimnisschutz als nach dem alten Recht. Neben Schadenersatz, Unterlassung und Auskunft können nun insbesondere auch Ansprüche auf Vernichtung, Herausgabe sowie Rückruf durchgesetzt werden.

Was passiert, wenn Unternehmen Geschäftsgeheimnisse nicht angemessen schützen?

Es besteht Handlungsbedarf, denn es gibt keine Übergangsfrist! Wer seine Geschäftsgeheimnisse weiterhin schützen will, muss aktiv werden. Keine oder zu niedrig angesetzte Geheimhaltungsmaßnahmen haben zur Folge, dass der Unternehmer nicht länger Inhaber der Information ist. Zudem droht eine erhebliche Haftungsgefahr für Geschäftsführer. Vor Gericht kann bei Zuwiderhandlungen ein Ordnungsgeld i.H.v. bis zu 100.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu 6 Monate angeordnet werden.

Sind Unternehmen auch vor Whistleblowern geschützt?

Nach kontroversen Diskussionen hat sich der Gesetzgeber für einen hohen Whistleblower-Schutz entschieden. Solange die Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses durch den Whistleblower beziehungsweise Journalisten zum Schutz des öffentlichen Interesses geeignet ist, droht keine Strafbarkeit wegen Geschäftsgeheimnisverrats.

Ist Reverse Engineering grundsätzlich zulässig?

Die Ableitung von Geschäftsgeheimnissen aus in den Verkehr gebrachten Produkten (”Reverse Engineering”) ist nach dem neuen Gesetz grundsätzlich zulässig. Durch diese Neuregelung sollen Innovation und Wettbewerb gefördert werden. Voraussetzung für die Zulässigkeit ist, dass die untersuchten Produkte entweder frei auf dem Markt erhältlich sind oder aber z.B. einem Vertragspartner zur Nutzung zur Verfügung gestellt wurden und der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses diesem nicht vertraglich untersagt hat, das Geschäftsgeheimnis durch Reverse Engineering zu erlangen. Für Unternehmen kann durch diese neue Rechtslage der Einbau technischer Schutzmaßnahmen in die Produkte oder die Aufnahme von vertraglichen “Sperrklauseln” erforderlich werden.