Recht
Novellierung des Personengesellschaftsrechts - MoPeG
Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wurde am 17.08.2021 im Bundesgesetzblatt verkündet. Die gesetzlichen Änderungen sind am 01.01.2024 in Kraft getreten.
Ziel des MoPeG ist es, wie der Name schon zum Ausdruck bringt, das geschriebene Recht der Personengesellschaften zu modernisieren und der praktizierten Rechtslage anzugleichen.
Hierbei bleibt die typische Trennung von gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit sowie kaufmännische und nicht-kaufmännische Unternehmung bestehen. Zugleich wird die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) an die offene Handelsgesellschaft (OHG) angenähert und Freiberufler, wie bspw. Rechtsanwälte und Steuerberater, dürfen vorbehaltlich spezieller berufsrechtlicher Regelungen die Handelsgesellschaften als Rechtsform wählen.
Die meisten Änderungen betreffen die GbR als Grundform der Personengesellschaft. Insbesondere wird die in der Rechtsprechung bereits für die im Rechtsverkehr auftretende anerkannte Rechtsfähigkeit der GbR (vgl. BGH, Urteil v. 29.01.2001 – II ZR 331/00) nun gesetzlich niedergeschrieben.
Nachfolgend wird ein zusammenfassender Überblick über wichtige Änderungen durch das MoPeG gegeben. Im Anschluss werden mögliche Fragestellungen in Bezug auf das Gewerberecht angesprochen.
I. GbR:
1. Differenzierung in rechtsfähige und nicht rechtsfähige GbR
Das Gesetz unterscheidet in § 705 BGB n.F. zwischen der rechtsfähigen und der nicht rechtsfähigen Gesellschaft. Die rechtsfähige Gesellschaft soll nach dem Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen und kann selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Die nicht rechtsfähige Gesellschaft tritt hingegen nicht im Rechtsverkehr auf. Mit ihr wird lediglich das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander ausgestaltet. Für beide Formen der BGB-Gesellschaft bleibt jedoch Grundvoraussetzung, dass ein Gesellschaftsvertrag existiert.
Mit der Einführung des MoPeG wird die Rechtsfähigkeit der GbR explizit geregelt. Falls für außenstehende Dritte der Wille der Gesellschafter zur Teilnahme am Rechtsverkehr nicht eindeutig im Gesellschaftsvertrag erkennbar ist, wird gemäß § 705 Abs. 3 BGB n.F. unwiderleglich vermutet, dass es sich um eine rechtsfähige Gesellschaft handelt, wenn die Gesellschaft ein Unternehmen unter gemeinschaftlichen Namen betreibt. Eine im Gesellschaftsregister eingetragene Gesellschaft (siehe unter I.2.), ist stets rechtsfähig.
§§ 740 bis 740c BGB n.F. treffen Regelungen zur nicht rechtsfähigen Gesellschaft. Im Gegensatz zur rechtsfähigen GbR, verfügt die nicht rechtsfähige Gesellschaft über kein Vermögen. Für das Rechtsverhältnis der Gesellschafter der nicht rechtsfähigen GbR untereinander gelten gemäß § 740 Abs. 2 BGB n.F. die Vorschriften zur rechtsfähigen GbR entsprechend.
2. „Gesellschaftsregister“ als eigenes Register für die rechtsfähige GbR
Durch das MoPeG wurde ein eigenes Register für die rechtsfähige GbR („Gesellschaftsregister“) geschaffen. Hiermit wurde eine Publizitätslücke geschlossen. Denn nun sind auch die wesentlichen Angaben über eine bislang bereits als rechtsfähig anerkannte Gesellschaft für den Rechtsverkehr einsehbar.
Die rechtsfähige GbR kann zur Eintragung in das Gesellschaftsregister angemeldet werden. Die Eintragung erfolgt also freiwillig. In einigen Fällen besteht allerdings ein faktischer Eintragungszwang. Das heißt, die Eintragung in das Gesellschaftsregister ist wiederum Voraussetzung für die Vornahme von Rechtsgeschäften, die ihrerseits die Eintragung in ein anderes Register erfordern. Dies betrifft vor allem Neueintragungen im Grundbuch (z.B. die Gesellschaft möchte ein Grundstück erwerben), die Eintragung einer GbR in die Gesellschafterliste einer GmbH nach § 40 GmbHG sowie als Gesellschafterin einer Personenhandelsgesellschaft oder eingetragenen GbR. Mithin steht im Grundbuch dann nur noch die Gesellschaft und nicht mehr die Gesellschafter.
Die Eintragung in das Gesellschaftsregister ist grundsätzlich von sämtlichen Gesellschaftern gemeinsam zu bewirken (§ 707 Abs. 4 BGB n.F.), wobei es insbesondere aus Praktikabilitätsgründen möglich ist, einem einzelnen Gesellschafter Registervollmacht zu erteilen. Zuständiges Registergericht ist dasjenige am Sitz der Gesellschaft. Die Verfahrensregeln zum Handelsregister aus dem HGB gelten entsprechend (§ 707b Nr. 2 BGB n. F.). Das bedeutet, für Anmeldungen zum Gesellschaftsregister ist ein Gang zum Notar unerlässlich. Wenn sich die GbR in eine OHG, Kommanditgesellschaft (KG) oder Partnerschaftsgesellschaft (PartG) umwandelt, spricht das Gesetz von einem sog. „Statuswechsel“ nach § 707c BGB n.F., § 106 Abs. 4, 5 HGB n.F., welcher ebenfalls eine notarielle Anmeldung zur Eintragung in das andere Register erforderlich macht. Ein Vorteil der Eintragung der rechtsfähigen Gesellschaft im Gesellschaftsregister (eGbR) ist, dass ein vom Verwaltungssitz abweichender Vertragssitz der Gesellschaft vereinbart werden kann (§ 706 BGB n.F.). Somit besteht die Möglichkeit, als Vertragssitz einen inländischen Sitz zu bestimmen und zugleich die Geschäfte aus dem Ausland heraus zu leiten (Verwaltungssitz).
Nach Eintragung muss die GbR den Rechtsformzusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ führen. Zudem treffen sie geldwäscherechtliche Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister (§§ 19, 20 GWG).
Neben den Verfahrensregeln für das Gesellschaftsregister, gelten auch die Vorschriften des HGB zum Schutz der Firma entsprechend für die eingetragene GbR (§ 707b Nr. 1 BGB n.F.).
3. Einbindung der IHK bei der eGbR
Die IHK wird bei Eintragungen bzgl. der GbR im Gesellschaftsregister in gleicher Weise eingebunden, wie bisher in Handels- und Partnerschaftsregistersachen. § 380 FamFG über die Beteiligung der berufsständischen Organe wird durch das MoPeG entsprechend angepasst, sodass die IHK als Organ des Handelsstandes gemäß § 380 Abs. 1 Nr. 1 FamFG n.F. die Registergerichte bei der Vermeidung unrichtiger Eintragungen, der Berichtigung und Vervollständigung des Gesellschaftsregisters, der Löschung von Eintragungen und beim Einschreiten gegen unzulässigen Gebrauch des Namens einer eGbR unterstützt.
4. Beseitigung der Gesamthandsgemeinschaft
Infolge der gesetzlich anerkannten Rechtsfähigkeit der GbR, entfällt das Prinzip der Gesamthand bei der GbR. Das bedeutet, Träger von Rechten und Pflichten der Gesellschaft sind nicht mehr die Gesellschafter als „Gesamthänder“, sondern die GbR selbst. Erbengemeinschaft und Gütergemeinschaft bleiben hingegen Gesamthandsgemeinschaften.
Beim Gesellschaftsvermögen der GbR handelt es sich daher nicht mehr um gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter, sondern das Vermögen wird der Gesellschaft selbst (als Rechtsträgerin) zugeordnet (§ 713 BGB n.F.).
5. Geschäftsführung, Vertretung, Informationsrecht und Ergebnisbeteiligung
Zur Geschäftsführung sind grundsätzlich nach wie vor alle Gesellschafter berechtigt und verpflichtet. Auch die Vertretungsbefugnis liegt weiterhin bei allen Gesellschaftern. Der Gesellschaftsvertrag kann aber abweichende Regelungen enthalten (vgl. §§ 715 Abs. 3, 720 Abs. 1 BGB n.F.), wobei eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht gegenüber Dritten unwirksam ist (§ 720 Abs. 3 BGB). § 717 BGB n.F. regelt Informationsrechte zugunsten der Gesellschafter.
Die Stimmkraft sowie die Beteiligung an Gewinn und Verlust richtet sich nunmehr vorrangig nach den Beteiligungsverhältnissen. Erst, wenn keine Beteiligungsverhältnisse und auch keine Werte der Beiträge vereinbart worden sind, sind die Kopfteile maßgeblich (§ 709 BGB n.F.).
6. persönliche und unbeschränkte Haftung der Gesellschafter
Die Rechtsprechung des BGH zur streng akzessorischen GbR-Gesellschafterhaftung gegenüber Dritten wurde nun auch kodifiziert. Gesellschafter der GbR haften somit gemäß § 721 BGB n.F. wie OHG-Gesellschafter (§ 128 HGB) als Gesamtschuldner persönlich und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Die Haftung kann im Außenverhältnis, also gegenüber Nicht-Gesellschaftern nicht beschränkt werden.
Die Haftungserleichterung für Gesellschafter untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft (eigenübliche Sorgfalt nach § 708 BGB) wird abgeschafft.
7. Ausscheiden statt Auflösung
Bisherige Auflösungsgründe, welche in der Person des Gesellschafters begründet sind, z.B. Kündigung oder Tod, führen zukünftig lediglich zum Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters aus der Gesellschaft, vgl. § 723 Abs. 1 BGB n.F. Die Gründe für die Auflösung einer Gesellschaft sind in § 729 BGB n.F. aufgezählt und gelten neben den getroffenen Regelungen im Gesellschaftsvertrag.
Bei Ausscheiden eines Gesellschafters hat dieser gemäß § 728 Abs. 1 S. 1 BGB n.F. grundsätzlich einen Anspruch auf sofortige Abfindungszahlung in voller Höhe. Um die Geschäfte der Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern (welche für den Abfindungsanspruch nach § 721 HGB n.F. persönlich und unbeschränkt haften) nicht zu gefährden, bietet es sich an, im Gesellschaftsvertrag eine abweichende Regelung zu vereinbaren, wonach der Abfindungsanspruch bspw. in Raten zu begleichen ist.
8. Besonderheiten bei der Erbfolge
Bei Tod eines Gesellschafters kann jeder Erbe nach den Voraussetzungen des § 724 BGB n.F. gegenüber den anderen Gesellschaftern verlangen, dass ihm die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt und der auf ihn entfallende Gesellschaftsanteil des Erblassers als seine Kommanditeinlage anerkannt wird. In diesem Fall wird aus der GbR eine KG. Jedoch können die Gesellschafter der GbR das Umwandlungsverlangen des Erben ohne Grund ablehnen und dem Erben bleibt nur noch die Möglichkeit, seine Mitgliedschaft in der GbR komplett zu kündigen. Besonderheit der neuen Vorschrift des § 724 BGB n.F. ist allerdings, dass diese – im Gegensatz zur Parallelvorschrift bei der OHG (§ 131 Abs. 5 HGB n.F.) – nicht zwingend ist. Es bietet sich daher an, zugunsten des Erben eine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag zu treffen.
II. Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG, GmbH & Co. KG):
1. Personenhandelsgesellschaften für Freiberufler möglich
Die OHG und damit aufgrund des Generalverweises in § 161 Abs. 2 HGB auch die KG und
GmbH & Co. KG als Unterform der KG stehen gemäß § 107 Abs. 1 HGB n.F. nun auch den freien Berufen, wie bspw. Rechtsanwälten und Steuerberatern, vorbehaltlich spezieller Berufsrechtsregeln, offen.
GmbH & Co. KG als Unterform der KG stehen gemäß § 107 Abs. 1 HGB n.F. nun auch den freien Berufen, wie bspw. Rechtsanwälten und Steuerberatern, vorbehaltlich spezieller Berufsrechtsregeln, offen.
2. Beschlussfassung und neues Beschlussmängelrecht
Gemäß §§ 109 ff. HGB n.F. wurden Regelungen zur Beschlussfassung und Beschlussanfechtung geschaffen. Diese sind dispositiv, d.h. es kann im Gesellschaftsvertrag Abweichendes vereinbart werden. Beschlüsse werden gemäß § 109 Abs. 1 HGB n.F. grundsätzlich in Versammlungen gefasst. Hierzu gehören auch virtuelle Versammlungen bzw. Videokonferenzen, Umlaufverfahren sind nicht möglich. Bei Vorliegen von Beschlussmängeln kann der Beschluss entweder anfechtbar oder nichtig sein, vgl. §§ 110 ff. HGB n.F. Nichtigkeit liegt nur ausnahmsweise, in den in § 110 Abs. 2 HGB n.F. aufgezählten Gründen vor. Beschlussmängelklagen sind die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage, wobei für die Anfechtungsklage eine Frist von 3 Monaten einzuhalten ist (vgl. § 112 Abs. 1 HGB n.F.). Anfechtbare Beschlüsse werden bei nicht fristgerechter Klageerhebung bestandskräftig.
Das neue Beschlussmängelrecht für die OHG gilt nicht – auch nicht analog – für die GbR. Hier bleibt es bei der Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsvertrag, wo es möglich ist, die neuen OHG-Beschlussmängelregeln gemäß §§ 110 ff. HGB für anwendbar zu erklären. Wenn in dem Gesellschaftsvertrag nichts geregelt ist, führt jeder Fehler zur Unwirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses.
3. KG-spezifische Regelungen
Das Informationsrecht des Kommanditisten gegenüber der KG wird in dem Sinne erweitert, dass gemäß § 166 HGB n.F. weder eine Anordnung des Gerichts noch der Nachweis eines wichtigen Grundes erforderlich ist.
Die sog. „Einheits-GmbH & Co. KG“, als Sonderform der KG wird nun in § 170 Abs. 2 HGB n.F. geregelt. Hierbei hält die KG selbst 100% der Anteile an ihrer persönlich haftenden Komplementär-GmbH. Vorteil dieser gleichzeitigen Beteiligung der KG an der Komplementärin ist z.B., dass es bei einem Gesellschafterwechsel immer nur der Übertragung von Kommanditanteilen bedarf und somit keine notarielle Beurkundung der GmbH-Anteile (vgl. § 15 Abs. 3 GmbHG) erforderlich ist. Die spezielle wechselseitige Beteiligung führt aber auch zu potenziellen Komplikationen bei der Ausübung der Gesellschafterrechte in der Komplementär-GmbH, wenn bspw. der Geschäftsführer abberufen werden soll.
§ 176 Abs. 2 HGB n.F. stellt klar, dass die unbeschränkte Kommanditisten-Haftung vor dessen Eintragung (§ 176 Abs. 1 HGB n.F.) nur bei Eintritt eines „weiteren“ Kommanditisten gilt, also nicht bei Übertragung eines bereits existierenden Kommanditanteils.
Für die KG regelt § 179 BGB n.F. eine Ausnahme zu § 130 Abs 1 Nr. 3 HGB. Demzufolge führt die Insolvenz des einzig persönlich haftenden Gesellschafters nicht zum Ausscheiden aus der KG, wenn über deren Vermögen ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet ist oder werden kann. Dieser Fall wird bspw. relevant, wenn bei einer GmbH & Co. KG sowohl die KG als auch die Komplementär-GmbH von Insolvenz betroffen sind (sog. Simultaninsolvenz).
III. MoPeG und Gewerberecht
Im Ausgangspunkt werden bei rechtsfähigen Personengesellschaften, wozu neben der KG und OHG auch die rechtsfähige GbR gehört, nicht die Personengesellschaften selbst, sondern die geschäftsführenden und vertretungsberechtigten Gesellschafter sowie ggf. unternehmerisch tätige Kommanditisten als Gewerbetreibende im Sinne der GewO angesehen.
Durch das MoPeG wurde u.a. die Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft ausdrücklich geregelt und auch das neue Begriffsverständnis zum Gesellschaftsvermögen im Sinne von § 713 BGB n.F. (siehe unter I. 4.) haben den Rechtsträger der GbR gestärkt. Demzufolge stellt sich die Frage, ob von der bisherigen gewerberechtlichen Einordnung abgewichen werden sollte. Andererseits wurden durch das MoPeG keine Änderungen am Wortlaut der GewO vorgenommen. Zudem hat auch das BVerwG bislang keine eindeutige gewerberechtliche Behandlung von rechtsfähigen Personengesellschaften entschieden, bzw. lässt diese offen: „Nach der (älteren) gewerberechtlichen Rechtsprechung können Personengesellschaften keine Gewerbetreibenden sein. […] Es kann dahinstehen, ob hieran angesichts der fortgeschrittenen Rechtsentwicklung und Anerkennung der (Teil)Rechtsfähigkeit von Personengesellschaften noch festzuhalten“, vgl. BVerwG, BVerwG, Urteil vom 1.10.2015 – 7 C 8.14).
Aus diesen Gründen bleibt es auch nach Einführung des MoPeG bei keinem weiteren Tätigwerden des Gesetzgebers in Bezug auf die GewO bei der derzeit geltenden Rechtslage, sodass rechtsfähige Personengesellschaften nach wie vor nicht als Gewerbetreibende gemäß GewO zu behandeln sind.
Quellen: BGBl 2021, Teil I Nr. 53, S. 3436 ff.; BT-Drs. 19/27635; Bachmann, NJW 2021, 3073-3078; Eisenmenger, GewArch 2023, 191-195.
Stand Dezember 2023